Gabriela Hofer

Der Burgenmörder


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      Copyright: © 2010 Gabriela Hofer

      Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      Printed in Germany

      Kapitel 1

      „Ich erinnere mich noch genau, es war ein sonniger Morgen im Mai. Ich erwachte, weil sich mein Magen sehr lautstark bemerkbar machte. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass mein Frauchen verschlafen haben musste - und dies ausgerechnet heute, wo doch Melissa, das ist mein zweites Frauchen, ins Klassenlager musste. So machte ich mich doch gleich auf, mein Frauchen Felicitas zu wecken. Glaubt mir, es ist für so einen schweren kleinen Hund wie mich nicht einfach in ein so grosses Bett zu klettern. Ich setzte mich auf ihren Bauch und leckte über ihr Kinn.“

      Zuerst öffnete sich das erste grüne Auge, dann das zweite. Es dauerte keine Minute und Felicitas Moser, setzte sich schlagartig auf. „Romeo, gut hast Du mich geweckt! Ich glaube, ich habe verschlafen.“ Ein Blick auf den Wecker zeigte ihr, wie sehr sie verschlafen hatte. „Du meine Güte! Melissa muss in einer halben Stunde am Bahnhof sein! Geh aus dem Weg, Romeo, Frauchen muss sich beeilen.“ Sie schob die englische Bulldogge ziemlich unsanft zur Seite, sprang aus dem Bett, stolperte über eines der Hundespielzeuge, fluchte ganz fürchterlich und lief dann hinkend ins Badezimmer. Romeo machte es sich unterdesen auf ihrem Bett bequem, denn er wusste aus Erfahrung, dass es länger dauern könnte. Einige Zeit später erschien Felicitas wieder im Schlafzimmer, zog schnell einen Trainingsanzug an und rannte den Flur entlang, um ihre Tochter zu wecken. Sie stiess die Tür zum Kinderzimmer auf und erstarrte. Melissa sass bereits völlig angezogen vor ihrem Computer. Die gepackten Taschen standen neben ihr auf dem Boden. „Ich habe verschlafen“, entgegnete Felicitas, ging zu ihrer Tochter und gab ihr einen Guten-Morgen-Kuss. Diese erwiderte ihn grinsend: „Ach Mami, das habe ich doch geahnt, nachdem du gestern noch einmal zu einer Entbindung musstest. War sie wenigstens erfolgreich?“ Felicitas drückte ihre Tochter noch einmal fest an sich, wandte sich dann zur Türe und meinte: „Ja sicher, ich musste dann doch nicht eingreifen. Es haben alle überlebt, sechs süsse Katzenkinder. Ich überlege mir, ob wir nicht eines zu uns holen sollen.“ „Das wäre schön, Mami, doch ich glaube nicht, dass Romeo damit einverstanden wäre.“ Melissa schaltete den Computer aus, schnappte sich ihre Taschen und verliess mit ihrer Mutter das Zimmer. Die Reisetaschen stellte sie neben der Haustüre ab. Felicitas werkelte unterdessen lautstark in der Küche rum, deckte rasch den Tisch und schon konnten die beiden noch schnell frühstücken. „Toll, ich verhungere beinahe, aber niemand zeigt Interesse an meinem Wohlbefinden, ich glaube, ich muss mich bemerkbar machen. Na schön, klettere ich eben wieder von diesem monströsen Bett runter… ächz…

      Ich glaub es nicht! Sitzen diese beiden doch fröhlich plauschend beim Frühstück und mein Magen knurrt, dass man meinen könnte, ein Löwe befände sich in der Küche. Am besten setze ich mich mal vor meinen Napf. Vielleicht merken sie dann meine Not.“ Melissa zeigte mit dem Messer auf Romeo: „Ich glaube, Mami, Du hast unseren Vielfrass hier vergessen.“ Felicitas Blick folgte der Richtung des Messers: „Ach Du liebes bisschen, was bin ich heute aber auch für ein schussliges Ding! Armer Romeo, Du hast sicher Hunger.“ Schnell stand sie auf und holte das Trockenfutter aus dem Schrank. Sie schüttete etwas davon in den Napf am Boden und stellte die Futterpackung danach auf den Küchentresen. Melissa räumte unterdessen das Geschirr ab, lief anschliessend schnell ins Bad und ein paar Minuten später waren die beiden Frauchen auf dem Weg zum Bahnhof. Gott sei Dank hatten sie es nicht weit, sie bewohnten nämlich ein schmuckes Häuschen an der Sonnenmattstrasse. Der linke Hausteil war das private Refugium, der rechte Teil diente Felicitas als Praxis. Sie war nämlich Tierärztin und dies mit Leib und Seele. Sie mussten sich nun beeilen, damit sie noch rechtzeitig zur vereinbarten Zeit beim Parkplatz des Bahnhofes Rikon ankamen. Schnell liefen sie die Langenhardstrasse runter bis zur Hauptstrasse, überquerten diese und schon kamen schlussendlich gerade noch rechtzeitig an. Daniela, Melissas beste Freundin, hielt schon nach ihr Ausschau. Ihre Mutter, Maria Hug, welche immer morgens den Bahnhofkiosk bediente, lachte den beiden Eilenden entgegen: „Ich muss wohl nicht raten, weshalb ihr so rennen müsst. Deine Mutter hat verschlafen, nicht wahr, Melissa?“ Etwas ausser Atem stoppte diese vor dem Kiosk und meinte japsend: „Du kennst sie sehr Gut.“ Dies trug ihr einen finsteren Blick der Mutter ein. Daniela kam angerannt: „Mensch, Melissa, wo bleibst Du denn, ich dachte schon, dass ich ohne dich in dieses Klassenlager fahren muss. – Oh, unser Lehrer ruft, wir müssen wohl gehen.“ Schnell umarmte Daniela ihre Mutter und eilte dann zu den anderen Schülern. Melissa tat es ihr nach. verschwunden. Das Gepäck wurde in einen Van eingeladen und da nahte auch schon die S26 nach Winterthur. Unter fröhlichem Gejohle stiegen die Schüler ein, die Türen schlossen sich und der Zug verliess den Bahnhof. „Und fort sind sie.“ Felicitas stand ein wenig verloren mit dem immer noch keuchenden Romeo am gleichen Fleck. Maria lachte laut auf: „Wenn Du jetzt Deinen Gesichtsausdruck sehen könntest und dann Romeo… der arme ist immer noch ausser Atem.“ „Was... heisst hier… ausser… Atem?! Ich… bin beinahe… krepiert! Zuerst… vergisst Sie… mein… Frühstück… und dann hetzt sie mich… bis zum Herztod! Ich glaube, ich muss mir ein neues Frauchen suchen, wenn dies so weiter geht! Ich muss mich hinlegen.“ „Oh, er ist wirklich völlig erledigt, diese Froschstellung nimmt er nur ein, wenn er sehr müde ist. Dabei wollte ich mit ihm und Moon noch ein bisschen spazieren gehen. Wo ist sie denn, Maria?“ „Sie ist noch im Auto, dort unter dem Baum.“ Tatsächlich schaute dort ein eleganter Hundekopf zur Heckscheibe raus und beobachtete das ganze Geschehen wachsam. Plötzlich klingelte das Handy von Felicitas. Sie schaute auf das Display und verzog das Gesicht: „Eine Kundin, die Arbeit ruft… Ja, guten Morgen Frau Schwarz. Ist es so weit?“ Felicitas hörte einen Moment zu, dann: „Ja sicher, ich kann in etwa einer halben Stunde bei Ihnen sein und bleiben, bis die Katzenbabies da sind. Meine Praxis ist heute geschlossen, weil meine Tochter ins Klassenlager gefahren ist.“ Wieder wurde ein Redeschwall auf Felicitas losgelassen. Am Hochziehen ihrer Augenbrauen konnte ihre Freundin erkennen, dass sie leicht verärgert war: „Nein, Frau Schwarz, es geht nicht eher. Ihre Princess wird die Jungen auf normalem Weg werfen, es ist alles in Ordnung. Ich komme einfach nur, um sie im Auge zu behalten. In dieser halben Stunde wird nichts passieren, ausserdem bin ich immer am Handy erreichbar. Ich muss einfach noch schnell mit meinem Hund raus…“ Wieder erklang eine schrille Stimme durch das Handy. Diese war so laut, dass Felicitas das Handy etwas vom Ohr weg halten musste. Als sie dann wieder zu Wort kam, klang ihre Stimme leicht kälter: „Sicher, Frau Schwarz, Sie zahlen gut, doch je länger wir hier debattieren, desto länger geht es, bis ich bei Ihnen bin… genau, ich komme so schnell wie möglich, auf wieder hören.“ Felicitas klappte das Handy zu und strich sich frustriert durch ihre schulterlangen, karottenroten Locken. Ihre grossen grünen Augen funkelten wütend: „Da hat doch diese Giraffe meinen Romeo tatsächlich einen hässlichen Köter genannt, na geht es noch?“ Maria musste über so viel Empörung schmunzeln: „Romeo ist vielleicht nicht der schönste, aber er hat sehr viel Charme. Weißt Du, eine Englische Bulldogge ist eben nicht jedermanns Geschmack. Meine Moon liebt ihn auf jeden Fall und wir alle auch.“ Kundschaft nahte und Maria musste sich dieser schnell widmen. Es kamen nun wieder mehr Leute auf den Bahnhof, da der nächste Zug schon bald eintreffen sollte. Als der Kunde abgefertigt war, fragte sie die immer noch empörte Felicitas grinsend: „Giraffe? Ist sie denn so gross? Sag mal, ist es etwa diese Frau Schwarz von Rämismühle? Die an der alten Tösstalstrasse? Sie wohnt zusammen mit ihrem unterdrückten Mann in dieser grossen Villa.“ – „Ja, genau diese Frau Schwarz ist es. Kennst Du sie etwa? Eine unangenehme Person. Ich glaube das einzige das sie wirklich liebt, ist ihre Siamkatze. Für die würde sie alles tun.“ Marias Ausdruck hatte sich verdüstert. Ihre Hände zitterten leicht, als sie einen Lottoschein entgegen nahm. Als der Käufer weg war, meinte sie scheinbar locker: „Ja, ich kenn sie ein wenig. Sie war gestern hier und hat ein riesiges Trara veranstaltet, weil ich ihr falsch raus gegeben habe. Sie wollte sogar, dass ich ihr die Adresse meines Arbeitgebers gebe. Sie meinte, ich hätte dies mit Absicht getan. Wie kommt sie nur auf so eine Idee?“ Felicitas schüttelte ungläubig den Kopf. Maria konnte schon wieder lachen, sie war eben eine Frohnatur: „Keine Ahnung, aber ich nehme nicht an, dass ich noch einmal von ihr hören werde. Warte, ich gebe Dir schnell den Autoschlüssel, dann kannst Du Moon rausnehmen, danach lass doch Romeo hier bis du wieder zurück bist. Falls das erst nach dem Mittag sein sollte, kannst Du ihn