Gabriela Hofer

Der Burgenmörder


Скачать книгу

doch recht und Maria hat etwas auf dem Kerbholz? Am besten wir hören den beiden gut zu.“- „Mein Frauchen ist nicht kriminell! Aber ja, du hast recht, am besten hören wir weiter zu.“ Die beiden Frauen hatten unterdessen ihr Mittagessen beendet. Immer noch sprach keine ein Wort. Doch die Anwesenheit von Felicitas schien Maria gut zu tun, denn ihre Hände hatten aufgehört zu zittern und sie strahlte wieder ihre gewohnte Ruhe aus. Die Standuhr schlug einmal. Erschrocken warf Felicitas einen Blick auf ihre Armbanduhr: „Ach du meine Güte! Schon halb zwei! Ich muss um viertel nach zwei bei den Kellers sein. Ihr Pferd frisst nicht richtig. Hör mal Maria, ich spaziere jetzt noch mit Romeo bis zur Ruine. Soll ich Moon auch mitnehmen? Wärst Du froh darüber?“ „Oh ja, dann kann ich in dieser Zeit schnell einkaufen gehen. Ich lege den Schlüssel unter die Matte. Danke vielmals... für alles, Felicitas.“ Maria umarmte ihre Freundin schnell. „Ach Maria, das ist doch schon ok. Für was sind sonst Freundinnen da?“ Sie verliess das Wohnzimmer. Im Flur griff sie nach der Jacke und den Leinen. „Romeo, Moon, fuss! Wir gehen spazieren!“ Sie winkte ihrer Freundin noch einmal zu, öffnete die Haustüre und verliess zusammen mit den beiden Hunden das Haus. Sie schritt zügig aus. Langsam zogen Wolken am Himmel auf und als Felicitas schliesslich die Ruine der Burg Liebenberg erreichte, hatte auch der Wind ziemlich aufgefrischt. „Toll! Da scheint sich ein Gewitter zusammen zu brauen, ihr beiden. Wir werden klatsch nass sein, bis wir wieder zurück sind.“ Sie schauderte, es war hier bei Gewitter ziemlich unheimlich. Doch hatte sie auch keine Lust bei einem Gewitter fröhlich als Zielscheibe auf freiem Gelände herum zu spazieren. Da war es wohl sicherer, wenn sie sich unter einem Mauervorsprung zusammen kauern würde. Auch nicht gerade die beste Lösung, doch viel Auswahl hatte sie nicht. Also lief sie die inneren Mauern der Ruine entlang bis sie einen geeigneten Platz fand. Sie rief nach den Hunden. Doch diese kamen nicht. Wo steckten sie denn nur? Sie rief noch einmal, keine Reaktion. „Verdammt, wo stecken die beiden denn nur?“ Unterdessen schüttete es wie aus Kübeln. Die Bäume beugten sich ächzend im Wind. Ein Blitz zuckte am Himmel und gleich darauf erklang ein lautes Donnergrollen. Sie rief noch einmal, wieder keine Reaktion. Langsam machte sie sich sorgen. Es war nicht typisch, dass die beiden nicht gehorchten. Etwas stimmte hier nicht. „Scheisse! Ich werde mir den Tod holen!“ Sie zog sich die Kapuze der Jacke über den Kopf, kroch unter dem Vorsprung hervor und machte sich auf die Suche der beiden. Irgendwo mussten die zwei ja sein. Sie stemmte sich gegen den Wind und lief los, immer wieder die Namen der Hunde rufend. Die beiden Vierbeiner hatten durchwegs ihre Gründe, weshalb sie nicht auf das Rufen von Felicitas reagiert hatten. „Romeo, dieser Gestank ist bestialisch! Ist diese Frau tot?“- „ Ich denke schon, auf jeden Fall riecht sie so! Wer das wohl sein mag?“ Moon tänzelte unruhig um die Leiche herum: „Du, ich glaube, ich kenne sie. Das ist die Frau, die mein Frauchen so traurig gemacht hat.“- „Auweia und nun ist sie mausetot.“ Romeo schnüffelte noch einmal an der Leiche: “Igitt, Das muss sie wohl schon ein Weilchen sein. Sie wurde erschlagen. Siehst Du diesen grossen Stein dort neben dem Baum?“ Moon wedelte aufgeregt mit der Rute: “Ja, nun tut sie mir fast ein bisschen leid. - Moment mal, Romeo, hörst Du es nicht auch? Das ist die Stimme deines Frauchens. Sie sucht uns. Wir sind ja auch einfach weggelaufen. Schnell hol sie her. Sie ist ein Mensch und weiss, was sie bei so einem Fall tun muss.“ Romeo erhob sich schnaufend: „Verflixt! Felicitas habe ich ja ganz vergessen. Ich hole sie her.“ Knurrend kletterte er den Steilhang hinauf. Die tote Frau lag mit dem Kopf nach unten auf einem mit Wurzeln überwucherten steilen Weg. Durch den Regen war alles sehr rutschig. Dieser Weg stiess oben an die ummauerte Felsnase, der letzte noch sichtbare Mauerrest der Burg. Moon kauerte sich gleich neben der Leiche unter einen Busch und wartete. Felicitas war unterdessen stinksauer. Beim umrunden der Mauer war sie auf dem glitschigen Boden Schon ein paar Mal ausgerutscht und hingefallen. Sie sah unterdessen aus wie eine Schlammcatcherin. Den Termin bei den Kellers hatte sie auch verpasst und Hanna würde sich schon fragen, ob ihr etwas passiert ist. Also holte sie ihr Handy hervor, suchte die Nummer der Klinik und rief an. Nach zwei mal klingeln nahm Hanna ab: „Meine Güte, wo bist Du? Ich habe das Wartezimmer voller Patienten.“ „Danke ja es geht mir gut und nein, ich hatte keinen Unfall. Was meinst Du eigentlich was ich hier mache? Ferien? Ich stehe hier klatschnass bei der alten Burg Liebenberg und suche die verflixten Hunde. Über mir das schönste Gewitter.“ Hanna holte keuchend Luft: „Na toll. Weshalb bist Du bei Dieser Ruine und weshalb suchst Du nach Romeo und wer ist der andere Hund? Etwa Moon?“ Da Felicitas sowieso schon nass bis auf die Unterhosen war, liess sie sich an der Mauer nieder: „Ja, hör mal, es ist hier ziemlich ungemütlich, obwohl, ich glaube, das Gewitter zieht langsam ab. Wenigstens das. Aber hör mir jetzt gut zu, Hanna. Den Termin bei den Kellers konnte ich nicht mehr wahrnehmen. Bitte rufe sie doch an und erfinde irgendetwas, z.B, dass mein Wagen gestreikt hat und dann schicke die Patienten aus demselben Grund nach Hause. Sage ihnen, ich würde Morgen Nachmittag ausnahmsweise in der Praxis sein. Vereinbare mit allen bei denen es wichtig ist, doch einen Termin. Ach ja, die Kellers. Frage sie, ob ich auch heute Abend noch kommen kann. Dieses Pferd muss behandelt werden. OK?“ – „Ja okay, werde ich machen, bis später. Ich bleibe hier bis du kommst.“ Bevor Felicitas noch was sagen konnte, hatte Hanna aufgelegt. Eine tolle Frau! Auf sie war immer Verlass. Felicitas verstaute ihr Handy wieder in der Hosentasche, erhob sich und merkte erst jetzt, dass es aufgehört hatte zu regnen. So schnell und heftig dieses Gewitter auch aufgetaucht war, so schnell war es weiter gezogen. Es drang sogar schon ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Nun musste sie nur doch die verflixten Hunde finden. Hoffentlich waren sie nicht in Panik ausgebrochen und fort gelaufen. Plötzlich hörte Felicitas ein Keuchen und der Kopf ihres Romeo erschien über einer grossen Wurzel. Als er sie sah, winselte er und trabte so schnell es sein Temperament erlaubte auf sie zu. Felicitas viel ein ganzer Felsbrocken vom Herzen: „Mensch, Romeo, das bist Du ja! Wo warst du denn, du dummer Kerl. Komm zu Frauchen!“ Sie kniete in den Matsch nieder und schloss Romeo in den Arm: „Aber wo ist denn Moon? Ihr ist doch hoffentlich nichts passiert? Moon? Moon? Wo bist Du?“ Romeo hatte sich unterdessen wieder aus der Umklammerung gelöst. „Wie bringe ich nur Frauchen zu der Leiche? Am besten, ich laufe mal los. Sie wird mir dann schon folgen.“ Schon war er auf dem Weg zurück zu Moon. „Romeo, he, bleib hier! Fuss, du dummer Hund!“ Doch Romeo lief ungehindert weiter. So blieb Felicitas wohl nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Fluchend und immer wieder ausrutschend stolperte sie hinter ihm her: „Romeo, du sollst stehen bleiben!“ „Na komm schon, Frauchen! Gleich sind wir bei der Leiche! Nur noch den Hang runteeeeer…. Scheisse!“ Er war beim Retourschauen über einer der vielen Wurzeln gestolpert. Auf allen vieren rutschte er den Hang runter. Abrupt wurde er durch ein Bein der toten Frau gestoppt. Der Aufprall war ziemlich heftig. Sein Hinterteil ragte für einen Moment senkrecht in die Höhe. „Uff! Heute ist schon wieder nicht mein Tag.“ Resigniert liess er seinen Hintern zu Boden fallen. Moon war unterdessen unter ihrem schützenden Unterschlupf hervor gekrochen. „Romeo, du armer! Hast Du Dir weh getan? Wo ist dein Frauchen?“ Romeo rappelte sich ächzend auf. Noch ein bisschen wackelig auf seinen kurzen Beinen meinte er: „Sie war dicht hinter mir, eigentlich… ah da ist sie ja schon. Na was macht sie denn?! Achtung, Moon, weg hier, sie kommt auch auf allen vieren runter!“ Schnell sprangen die beiden Hunde zur Seite und schon landete die unglückliche Felicitas bäuchlings auf der toten Frau Schwarz. Einen Moment lag sie völlig erstarrt, dann begann sie zu schreien, sie schrie und schrie und schrie. „Meine Güte! Dein Frauchen bellt ja noch viel lauter als ich!“ Romeo, der sich immer für weiser und schlauer hielt, meinte belehrend: „Menschen bellen nicht, Moon, sie schreien... und dieses Exemplar ist besonders talentiert. Aber es reicht jetzt! Beenden wir diese schreckliche Musik!“ Er trabte würdevoll zu Felicitas hin und leckte ihr quer über das Gesicht. Schlagartig verstummte das Geschrei. Schnell rappelte sich Felicitas auf, stolperte zwei Schritte zurück. Nun mit einer gewissen Distanz, konnte sie wieder klarer denken. Entsetzt starrte sie auf die Leiche. War sie überhaupt tot? Am ganzen Körper zitternd – und dies nicht nur vor Kälte – trat sie zu der Leiche und realisierte erst jetzt, dass es sich dabei um Frau Schwarz handelte. Sie liess sich auf die Knie fallen: „Mein Gott! Das ist ja die Giraffe!“ Sie sah die grosse klaffende Wunde an der Stirn, das viele getrocknete Blut. Ihr Blick streifte wirr umher und blieb auf dem grossen Steinbrocken liegen. Auch darauf war getrocknetes Blut zu sehen. Langsam dämmerte es ihr, dass Frau Schwarz ermordet worden war. Erschüttert liess sie sich hinten über fallen. Die beiden Hunde drängten sich zitternd an