Gabriela Hofer

Der Burgenmörder


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Roland hatte unterdessen den Wagen verlassen ohne Schaden zu nehmen: “Unke nicht und komm endlich. Wir hinken schon genug in unserem Zeitplan hinterher.“ Marius streckte sein langes Bein so weit raus, dass er die Pfütze umgehen konnte, so zog er Sich aus dem Auto: „Und wessen Schuld ist das bitte?“ Roland gab keine Antwort. Er war bereits auf der Suche nach Dr. Moser. Wo war sie nur? Sie folgten der langen Reihe von Pferchen, immer darauf achtend, die grössten Dreckpfützen zu umgehen. Beinahe am Ende des Schweinestalles wurden sie dann fündig. Verdutzt sahen sich die beiden an, bevor ihre Augen sich auf einen wohlgerundeten, nicht ganz kleinen Po richteten, der sich ihnen aus einem Gestrüpp reichend, entgegen streckte. Dieser Po gehörte eindeutig einer Frau. Sie trug eine enge Jeans, Gummistiefel und eine rote Vliesjacke. Die ganze Gestalt war mit Schlamm bespritzt. Soeben sagte sie mit sanfter Stimme: „Komm her zu mir, Teufelchen, sei ein lieber Kater, ich möchte Dir doch nur helfen. Ja, so ist es gut… autsch! Du dummer, dummer Kerl!“ Die beiden Fahnder sahen sich grinsend an, dann meinte Marius laut: „Entschuldigung, sind Sie Dr. Moser?“ Erschrocken kroch Felicitas rückwärts aus dem Gebüsch hervor und kam stolpernd auf die Füsse. In beinahe demselben Augenblick schoss etwas Schwarzes aus dem Gebüsch und verschwand durch eine Klappe in der windschiefen Scheune. Empört strich sich Felicitas die wirren roten Locken aus dem Gesicht. Die Haare hatten sich bereits wieder aus dem Pferdeschwanz gelöst. Ihre grünen Augen funkelten wütend, als sie sagte: „Zum Kreuzdonnerwetter noch mal! Eine viertel Stunde habe ich nun versucht, diesen Kater aus dem Gebüsch hervor zu locken und gerade jetzt, wo es endlich zu klappen schien, kommen Sie beide daher und verscheuchen ihn wieder! Wer sind Sie eigentlich und was wollen Sie von mir?“ Roland warf Marius einen Blick zu der zu sagen schien: „Soviel also zu Deiner hässlichen Tierärztin.“ Felicitas betrachtete die beiden Männer – immer noch verärgert. Was sie sah, gefiel Ihr aber ausnehmend gut, besonders die stahlblauen Augen von Marius nahmen sie in den Bann. Ein Panther, dieser Mann ist wie ein Panther. Ihr Blick glitt zu Roland. Seine Gestalt und die sanften braunen Augen sowie seine schnellen geschmeidigen Bewegungen erinnerten an einen Gepard. Zwei Wildkatzen, na toll. Der Panther verlagerte nun sein Gewicht behäbig auf das linke Bein, strich sich eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und meinte: „Dr. Moser?“ Felicitas bejahte. „Dr. Moser, wir sind Fahnder der Kantonspolizei Zürich. Wir bearbeiten den Mord der sich gestern in Rikon ereignet hat und wir möchten Ihnen dazu einige Fragen stellen, da Sie ja die Hauptzeugin sind.“ Roland hatte unterdessen seinen Ausweis aus der Hosentasche gezogen. Er hielt ihn Felicitas hin. Diese las ihn sorgfältig durch. „Panther und Gepard sind also Polizisten. Das passt irgendwie“ dachte sie. Laut sagte sie dann: „Wie haben Sie mich gefunden? Waren Sie in der Praxis?“ Marius nickte bestätigend: „Ja, Ihre Assistentin hat uns den Weg hier heraus beschrieben. Möchten Sie, dass wir gleich hier Ihre Aussage aufnehmen oder…“, sein amüsierter Blick streifte ihre schmutzige und derangierte Aufmachung, “…würden Sie sich lieber noch etwas waschen?“ Felicitas blickte ihn wütend an. Wie gemein! „Nein danke, Herr Saubermann – oder heissen Sie anders?“ Zuckersüss klang ihre Stimme. Der amüsierte Ausdruck verschwand schlagartig aus Marius Gesicht. Roland schien plötzlich von einem argen Husten befallen zu sein. Erst ein böser Blick seines Partners heilte ihn schlagartig. Roland meinte: „Entschuldigen Sie, Dr. Moser, wir haben uns noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Pfeiffer und dies hier ist nicht Herr Saubermann, er heisst Rötlin.“ Felicitas nahm die Vorstellung wortlos zur Kenntnis. Ihre Tasche aufhebend meinte Sie: „Da mir ja jetzt Teufelchen entwischt ist, wird die Bäuerin ihm selbst die Medikamente einflössen müssen. Ich muss ihr das noch sagen und ihr weitere Anweisungen geben. Warten Sie also bitte bei Ihrem Wagen auf mich. Ich beeile mich.“ Ohne auf eine Antwort der beiden Fahnder zu warten schritt sie schnell Richtung Haus. Die beiden Männer schauten ihr nach. „Wow, das war deutlich, ich hätte beinahe, jawohl Madame, gesagt. Dir hat sie es aber auch gegeben, Alter.“ Roland boxte Marius grinsend in die Seite. „Ha, ha, sehr witzig. Diese Frau ist absolut unmöglich, absolut ungepflegt und vorlaut ausserdem.“ – „ Ach komm schon, Marius, Du warst auch nicht gerade Mr. Charmant in Person.“ Marius grummelte nur etwas vor sich hin und setzte sich in Bewegung. Roland folgte ihm achselzuckend. Dort warteten sie schweigend auf Felicitas. Es dauerte nicht lange und sie erschien. Sie hatte sich etwas gesäubert, ihre Stimmung war ebenfalls besser. Freundlich lächelnd meinte sie: „So, meine Herren, nun stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung.“ Da Marius immer noch zu schmollen schien, was bei ihm sehr ungewöhnlich war, übernahm Roland das Sprechen: „Das ist nett von Ihnen, Dr. Moser. Ich habe hier ein kleines Aufnahmegerät. Wir werden Ihre Aussage aufnehmen, einen Bericht schreiben und diesen dann Ihnen vorlegen. Erst wenn Sie den Bericht unterschrieben haben, ist Ihre Aussage rechtsgültig. Also, beginnen wir.“ Er schaltete das Gerät ein: „Dr. Moser, Sie haben gestern die Tote, eine Frau Magdalena Schwarz, tot bei der Ruine Liebenberg gefunden. Erzählen Sie uns doch den ganzen Hergang genau.“ Felicitas setzte sich auf einen grossen Stein. Sie zog die Beine hoch stützte ihre Arme darauf ab und legte das Kinn darauf: „Ehrlich gesagt würde ich das ganze am liebsten vergessen, doch das ist unmöglich. Die Bilder dieser toten Frau lassen mich nicht los. Ich kann Frau Schwarz, sie war eine Kundin von mir – und ich mochte sie nicht.“ „Weshalb denn nicht?“ – „ Ja, weshalb nicht, das ist eine gute Frage. Als ich letztens bei ihr war, hatte ich das Gefühl, dass diese Frau alle rund um sich herum manipuliert. Sie behandelte sie wie Schachfiguren auf einem Schachbrett. Da war zum Beispiel die Putzfrau. Frau Schwarz hatte irgendetwas gegen sie in der Hand, denn ich konnte ein Gespräch mit anhören.“ Roland wandte ein: „ Die Putzfrau? Kennen Sie ihren Namen?“ Felicitas schüttelte bedauernd den Kopf: „Tut mir leid, den hab ich mir nicht gemerkt, doch der Butler wird es wissen oder auch der Mann von Frau Schwarz. Der Butler konnte seine Chefin – glaube ich zumindest – auch nicht leiden. Ich sah es in seinen Augen, als Frau Schwarz mit ihm sprach.“ Nun mischte sich Marius das erste Mal ein. Ungläubig hob er eine Augenbraue: „Sie sahen es in seinen Augen?“ Felicitas hob den Kopf und funkelte ihn an: „Ja, in seinen Augen! Stellen Sie sich vor, es gibt Menschen, die können das, das nennt man Intuition. Leider fehlt diese Eigenschaft den Männern gänzlich. Ausserdem hatte die Gira… ich meine Frau Schwarz, ihn zuvor gemassregelt und ihm gedroht.“ Roland warf ein: „Gedroht? Was genau hat sie denn gesagt? Wissen Sie das noch?“ Felicitas überlegte einen Moment: „Ja sie sagte wir sprechen später weiter, das letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen oder so ähnlich.“ Roland wippte auf den Fussballen hin und her, „hmm, diese Frau Schwarz scheint sich nicht gerade Freunde gemacht zu haben.“ „Ja, da haben Sie recht.“ Felicitas war aufgestanden, „Sie war eine ziemlich unangenehme Person. Ich glaube, ausser ihrer Siamkatze lag ihr nichts am Herzen, ausser vielleicht ihr Mann. Diesen Herrn kenne ich aber nicht.“ - „Das wundert mich aber, Sie scheinen ja sonst alles zu wissen und jeden zu kennen.“ Marius konnte die Stichelei einfach nicht lassen. Dass er sich so unprofessionell verhielt, verwunderte ihn selbst. Sonst reagierte er nicht so extrem, doch diese Frau reizte ihn ungemein. Es machte ihm richtig Freude, sie zu ärgern. Felicitas betrachtete ihn mit schrägem Kopf. Sie mochte diesen Typ nicht, er war arrogant und wusste nur zu gut, wie hervorragend er aussah: „Ach wissen Sie, Herr Rötlin, das bringt mein Beruf so mit sich. Ich habe sehr viele Kunden in Rikon und was das Wissen anbelangt, ich begegne den Leuten –in den meisten Fällen- eben mit Respekt und Anstand, so kommt man oft ins Gespräch und man erfährt so einiges.“ „Mit Deinen eigenen Waffen geschlagen, Marius.“ Roland amüsierte sich köstlich. Dieser warf Ihm einen finsteren Blick zu, erwiderte jedoch nichts. Roland wandte sich wieder an Felicitas: „Also Dr. Moser, erzählen Sie uns doch, was genau gestern Nachmittag geschehen ist.“ Er aktivierte das Aufnahmegerät wieder. Felicitas musste sich arg zusammen nehmen um sich den gestrigen Tag noch einmal in Erinnerung zu rufen: „Nachdem ich bei meiner Freundin Maria Hug zu Mittag gegessen hatte- “Plötzlich kam ihr wieder in den Sinn, dass Maria ebenfalls Ärger mit dieser Frau Schwarz gehabt hatte und sie stockte einen Moment in ihren Ausführungen. Roland bemerkte dies und ihren seltsamen Gesichtsausdruck. So fragte er: „Ist irgend etwas, Dr. Moser?“ Felicitas schaute erschrocken auf. Sie würde diesen beiden Männern nichts davon erzählen, zuerst wollte sie mit Maria selber sprechen. So sagte sie rasch: „Nein, nein, ich habe nur ein bisschen Mühe mich an die Geschehnisse gestern zu erinnern. Nach dem Essen hatte ich vor meinem ersten Patientenbesuch noch Zeit für einen Spaziergang. So machte ich mich mit meinem und Marias Hund in Richtung Ruine Liebenberg auf. Leider übersah ich dabei, dass sich ein Gewitter näherte.