bei der schwereres Material nach unten gesunken war. Der Abbau dieser so entstandenen Bodenschätze in der Tiefe war der einzige Grund gewesen, neben der Zentralstadt weitere Orte anzulegen.
Erfahrungen im extraterrestrischen Bergbau hatte man bei den Unternehmungen auf dem Erdmond gesammelt. Die geringe Gravitation und der Mangel an einer Atmosphäre machte es notwendig, die Vorgehensweisen, die auf der Erde im Bergbau genutzt wurden, diesen besonderen Verhältnissen anzupassen. Die Techniker hier auf Astros waren vor allem für Wartung und Steuerung der Maschinen notwendig. Regelmäßig verkehrten die Raumtransporter, um die begehrten Bodenschätze, die hier gewonnen wurden, zur Erde zu bringen. Die Metalle wurden für die modernen elektronischen Systeme und die Waffentechnik benötigt. Waffentechnik hieß natürlich mittlerweile Freiheitssicherung. Doch für Mara machte dieser Wortwandel keinen Unterschied. Die übrigen Materialien wurden zur Energiegewinnung verwendet.
Zur Zeit waren allerdings nur wenige Raumfähren zur Erde unterwegs, da diese auch nur unwesentlich früher dort ankommen würden, als die Transporte, die erst im nächsten Jahr starteten. Das lag daran, dass sich bis dahin Astros weiter auf seiner Bahn voran bewegt haben würde und dann sehr viel näher an der Erde wäre, als es jetzt der Fall war. Im Moment war die Entfernung zur Erde etwa an ihrem Maximum.
Ansonsten fanden sich auf Astros viele weitere Beschäftigungen, um das tägliche Leben der Menschen aufrecht zu erhalten. Es mussten schließlich erst die Bedingungen geschaffen und dauerhaft erhalten werden, die überhaupt ein menschliches Leben und Überleben hier ermöglichten. Produktion von Energie, Sauerstoff und Lebensmitteln erforderte beinahe mehr Aufwand an Personal und Maschinen als der Abbau der Bodenschätze selbst.
Ursprünglich hatte Mara eine wissenschaftliche Karriere angestrebt. Nach dem Studium hatte sie an einem geheimen staatlichen Forschungsprojekt gearbeitet. Doch dann brach dieser große Skandal aus. Die gesamte Belegschaft des Instituts war entlassen worden, obwohl niemand wusste, was den Einzelnen überhaupt vorgeworfen wurde oder was tatsächlich geschehen war. Mara hatte daraufhin erst einmal die Gelegenheit zu der Arbeit hier auf dem Asteroiden angenommen – weit entfernt von der alten, irdischen Welt und ihren Problemen. Vielleicht ergab sich dann hier die Möglichkeit, in ein interessantes Forschungsprojekt einzusteigen. Und damit gelang dann vielleicht auch wieder die Rückkehr zur Erde an eine der wissenschaftlichen Einrichtungen.
Aber auch hier auf Astros hatte sich dieselbe Bürokratie irgendwelcher, in allseitiger Geheimniskrämerei arbeitender Institutionen gezeigt. Und die Wissenschaftler auf diesem einsamen Außenposten, den sie von der Anhöhe heute überblicken konnte, bildeten da keine Ausnahme. Sie hielten es nicht für notwendig, Mara und ihren Leuten irgendwelche weitere Informationen zur Ladung zu geben. Dabei war doch Teil der Wissenschaften, das Wissen zu veröffentlichen und weiterzuverbreiten? Es war Mara unverständlich. Den Wissenschaftlern vor Ort schien es aber zu genügen, dass sie ihre Kisten los wurden. Sie waren scheinbar froh, als alles an Bord verladen war, und konnten es nicht erwarten, dass der Transporter aufbrach und sie und ihren Außenposten – in Sicherheit? – zurückließ.
Mittlerweile empfand Mara das Leben auf Astros zunehmend als Endstation denn als ein Sprungbrett für einen Neuanfang.
Sie schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Sie fühlte mit Hand nach dem Armband, das sie immer an ihrem linken Handgelenk trug. Es war eine altmodische Erinnerung an die vergangenen Zeiten auf einer alten Welt. Dann drehte sie sich um, stieg den Abhang hinab und betrat durch die Schleuse den Transporter. Dort traf sie auf Lim, ihren Navigator und Bordtechniker für die Fahrt. Sie wies ihn an, noch einmal alle Instrumente vor der Abreise zu prüfen. Aufgrund des angekündigten Wartungsfensters für das Satellitennavigations- und -kommunikationssystems würden sie auf einem kleinen Teilstück der Fahrtstrecke kurzfristig in einen Funkschatten gelangen. Dort gab es dann nicht nur keine Verbindung über die Satelliten, sondern es fehlten auch ausreichend landbasierte Funkmasten für eine Verbindung zur Kommunikation mit der Zentralstadt. Ein großes Problem war das allerdings nicht. Denn alle Bordrechner waren natürlich dafür ausgelegt, autark zu arbeiten. Dafür sollte aber auch sichergestellt sein, dass sie störungsfrei funktionierten.
Lim machte sich an diese Routinetätigkeit und arbeitete die Checklisten ab. Die Maschinenräume und das Äußere des Transporters hatte er bereits zuvor selbst in Augenschein genommen.
- II -
Mara hatte sich im Innenraum des Transporters an ihren Arbeitstisch gesetzt. Doch statt Unterlagen für die bevorstehende Rückfahrt durchzugehen, hing sie ihren Gedanken nach. Sie dachte an ihre Besatzung heute auf dieser Fahrt. Lim kannte sie schon lange, und sie hatten schon oft zusammengearbeitet. Mara wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Der Auftrag wirkte mit ihm zusammen eher wie ein Ausflug. Auch wenn Lims Gesprächsthemen eng auf die aktuellste Computertechnik begrenzt waren, war ihr seine Anwesenheit sehr willkommen.
Anders war das schon mit dem dritten Crewmitglied. Kurz vor der Abfahrt von der Zentralstadt war ihnen noch jemand von der Verwaltung geschickt worden – Ortas. Mara erinnerte sich an die Begrüßung: Ortas hatte sich militärisch und mit den Worten meldet sich zum Dienst vorgestellt, komplett mit Salutieren. Fast hatte Mara bei diesen für ihre Ohren etwas albernen Worten gelacht. Eine Soldatin sollte mitkommen? Wofür brauchten sie denn eine militärische Begleitung? Sie hatte sich gefragt, was an ihrem Auftrag so Besonderes sein sollte, dass ein derartiger Schutz notwendig sein sollte.
Ortas brachte ein umfangreiches Gepäck in Form von verschiedenen Waffen und der zugehörigen Munition und was auch immer für weitere militärische Ausrüstung mit. Wollte sie in den Krieg ziehen? Zumindest hatte sie alles dafür dabei. Jetzt sah Mara, dass Ortas wieder einmal mit dem Reinigen und Polieren der Gewehre beschäftigt war. Das schien ihre Lieblingsbeschäftigung zu sein. Auf der Hinfahrt hatte sie schon nichts anderes getan. Vielleicht wollte Ortas damit aber auch nur eine irgendwie von ihr selbst gefühlte Minderwertigkeit ausgleichen. Doch Mara ließ das Psychoanalysieren besser sein.
Sicherer jedenfalls fühlte sich Mara bei dem Anblick eines solchen Waffenarsenals aber eher nicht.
Wofür wurden die Waffen nur gebraucht, hatten sich Mara und Lim gefragt. Hier auf Astros lebten keine wilden Tiere, für die man die Großwildjägerausrüstung benötigte. Und Straßenräuber gab es auch nicht. Wohin sollten die auch nach einem Überfall auf diesem verlassenen und lebensfeindlichen Asteroid nur hinfliehen? Nun gut, vor Jahren sollten sich ein paar Rebellen, so erzählte man, abgesetzt haben. Von denen wurde nie mehr etwas gehört, und oberirdische Siedlungen von ihnen wurden aus der Luft nicht entdeckt. Die Rebellen mussten mittlerweile verstorben sein. Denn unterirdische Quartiere zu bauen wäre ihnen mit den zur Verfügung stehenden primitiven Mitteln nicht möglich gewesen und erst recht nicht, diese Behausungen auch langfristig zu unterhalten.
Was war also bei ihrem Auftrag heute so wichtig, dass es einen militärischen Begleitschutz erforderte? Oder konnte das an der Ladung liegen? Beide, Mara und Lim, waren zu keiner Erkenntnis gekommen.
Die Ladung bestand aus zwei großen Transportkisten. Diese Kisten sahen beinahe so aus, als wären sie aus fein geschliffenen Holz gefertigt worden. Aber Holz musste extra von der Erde nach Astros transportiert werden. Niemand benutzte solche exotischen und kostspieligen Materialien hier. Auch wenn es kein echtes Holz war, schien das Material der Transportkisten sehr wertvoll und deren Verarbeitung selbst sehr aufwendig zu sein. Die Expedition hatte da ziemlich extravagante Vorstellungen. Oder der Inhalt war ihnen so wichtig, dass auch die Verpackung das schon anzeigen musste. Aber nein, verwarf Mara den Gedanken, die wollten schließlich nichts verkaufen.
Als die erste Kiste eingeladen und der Deckel darauf befestigt worden war, hatte Mara kurz etwas von dem Inhalt gesehen. Die Kiste enthielt offenbar diverse geologische Proben und kleinere Geräte, die alle noch einmal extra verpackt waren. Die zweite Transportkiste war verschlossen herbeigeschafft worden. Aber dann war die Anweisung gekommen, eben diese Kiste noch einmal zu öffnen. Dadurch konnte Mara einen Blick hineinwerfen. Es schien sich ebenfalls um Kisten zu handeln, zwei Stück, um genau zu sein. Die sahen allerdings tatsächlich relativ alt und ungewöhnlich aus. Sie waren entweder aus sehr glatt poliertem Stein oder hatten eine metallische, dunkel schimmernde Oberfläche. Vielleicht stammten die von den ersten Siedlern