Ute Dombrowski

Zuckermausalarm


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sich Luna und stellte sich noch einmal vor den Spiegel. Die blauen Augen leuchteten, das Haar glänzte. Ihr Busen war ein wenig gewachsen und gleichmäßig rund. Wenn sie den Bauch einzog, war sie schlank, aber als sie jetzt die Luft ausstieß, kamen der kleine Bauch und die Enttäuschung mit voller Wucht zurück. Joago hatte recht: Sie war wirklich fett geworden.

      „Vielleicht geht er mit mir trainieren, statt nur zu meckern“, sagte Luna zu ihrem Spiegelbild und legte sich wieder auf das Bett.

      Als das Handy klingelte, nahm sie es vom Nachttisch und schaute auf das Display. Es war Gianna.

      „Hallo Süße“, meldete die sich voller Elan. „Wollen wir am Wochenende zu der Party bei Marv gehen? Er hat erlaubt, dass ich eine Freundin mitbringe.“

      „Ich … ich weiß nicht.“

      „Was ist denn los, Süße?“

      Nun brach Luna in Tränen aus und berichtete von Andrés Besuch, dem Treffen mit Lia und den gemeinen Worten ihres Bruders.

      Gianna hörte zu und sagte: „Dein Bruder ist ein oberflächlicher Typ, auf den darfst du nichts geben. Ich habe Lia nicht erzählt, dass du in André verknallt bist. Außerdem bist du viel hübscher als sie, also nimm dir das nicht so zu Herzen. Und du bist schon gar nicht fett! Du bist weiblich und manchmal wünsche ich mir, ich hätte auch mehr Rundungen. Mach dir nichts draus. Am Wochenende auf der Party schnappst du dir alle Jungs zum Tanzen.“

      „Denkst du wirklich? Mich guckt ganz sicher keiner an. Außerdem ist André nicht da.“

      „Ich frage mal Marv, ob er mitkommen darf, einverstanden? Ich möchte doch meiner besten Freundin wieder ein Lächeln auf das Gesicht zaubern.“

      „Einverstanden. Aber es gibt noch ein Problem.“

      „Was denn?“

      „Ich habe nichts anzuziehen.“

      Gianna begann zu lachen und Luna stimmte ein. Die Freundin war wirklich toll, denn sie hatte die bösen Gedanken vertreiben können. Sie planten eine Shoppingtour und Luna würde bei ihrer Mutter behaupten, dass sie mit Gianna die neue Jeans kaufen würde. Zufrieden legten sie auf.

      Morgen einkaufen, dachte sie, und übermorgen die Party. Sie würde den Eltern erzählen, dass sie bei Gianna für einen DVD-Abend übernachtete, also musste sie nicht verraten, dass sie zu einer Party mit älteren Jungs ging.

      Als Luna am nächsten Morgen aufstand, sah die Welt schon viel besser aus. Sie duschte, zog sich an und wollte in der Küche frühstücken. Am Tisch, mit dem Rücken zur Tür, saß Joago und starrte auf sein Handy. Er sah nicht auf, als Luna zum Obstkorb schlich, eine Banane und einen Apfel nahm und die Küche wieder verließ. Die Eltern waren schon weg.

      Sie atmete auf, denn die beißenden Worte des Bruders konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Luna wollte eben aus der Tür hinaus, da hörte sie, wie ihr Bruder eine Sprachnachricht abspielte.

      „Du bist ein mieser Typ. So einen wie dich will kein vernünftiges Mädchen als Freund haben. Verlass dich drauf, ich werde jedem erzählen, was du für ein Arschloch bist. Du … du mieser Betrüger!“

      Er stieß heftig die Luft aus, nahm das Handy und fauchte ins Mikrofon: „Du kleine Schlampe hast es nicht anders verdient. Wage es nicht, irgendeine Scheiße über mich zu verbreiten, dann sehen alle in dieser Stadt die süßen Bilder von dir.“

      Die hysterische Antwort war: „Wichser!“

      Joago warf wütend sein Handy auf den Tisch und Luna verließ sicherheitshalber das Haus. Sie wollte ihrem Bruder im Moment nicht begegnen, denn er würde seine schlechte Laune an ihr auslassen.

      „So ein Arsch“, murmelte sie und lief zur Schule.

      „Was ist los?“, fragte Lia, die schon da war. „Du siehst so angespannt aus.“

      „Die Freundin von meinem Bruder hat Schluss gemacht und ich habe es mitbekommen. So ist das mit den Sprachnachrichten. Ich bin lieber ohne Frühstück abgehauen.“

      „Oh Mann, ich finde, Joago sieht echt gut aus, aber man darf nicht hinter seine Fassade schauen, dann muss man kotzen.“

      „Das ist richtig, aber sag mir mal: Warum bist du denn schon da?“

      „Och, nur so.“

      Lia hatte nicht vor, Luna zu erzählen, dass sie auf André wartete, denn sie war verliebt wie noch nie. Die Freundin würde früh genug mitbekommen, was los war. Außerdem rechnete sich Lia gute Chancen bei ihm aus, dazu hatte sie sich heute besonders hübsch gemacht. Die Mädchen saßen auf der kleinen Mauer am Haupteingang und sahen die verschiedensten Schüler an sich vorbeigehen.

      Manche trödelten, als wollten sie am liebsten nicht ankommen, andere rannten fast auf den Schulhof, aber nicht, weil sie rasch in den Unterricht wollten, sondern weil dort ihre Freunde waren. Als Joago mit gesenktem Kopf an ihnen vorbeilief, stieß Lia Luna an und grinste. Luna legte den Zeigerfinger auf die Lippen und Lia verstand.

      Jetzt sahen sie André mit seiner schwarzen Jeans und der Lederjacke langsam und entspannt auf sich zukommen. Er kickte ein Steinchen vor sich her. Beide Mädchen setzten sich aufrecht hin und lächelten ihm entgegen. Plötzlich blieb er stehen und schaute auf die andere Straßenseite hinüber. Dort kam mit hängenden Schultern Ronja geschlurft und überquerte jetzt die Straße.

      Luna beobachtete, wie André sie ansprach und auf sie zu ging. Dann kamen die beiden bei den Mädchen an.

      „Hallo“, sagte Ronja. „Ich habe mich bei André bedankt. Er ist nett.“

      „Ich weiß“, erklärte Luna, die ja wusste, warum er das getan hatte, aber sie wollte es nicht verraten.

      „Du bist ein toller Held, André. Wenn du magst, können wir mal ins Kino gehen. Wie wäre es heute Nachmittag?“, hörte sie Lia sagen und dachte, sie hätte sich verhört.

      Entsetzt sah sie die Freundin an, die André mit einem eindeutigen Blick fixierte. Sie wollte schon etwas sagen, da antwortete André und rückte Lunas Welt wieder gerade.

      „Sorry, ich habe keine Zeit, ich will heute mit Luna Französisch lernen.“

      Luna fühlte sich wie auf einer rosa Wolke, doch dann kam der tiefe Fall.

      „Am Freitagabend habe ich Zeit.“

      Luna dachte an die Party bei Marvin und Giannas Angebot, dass ihr Freund André auch einlud. Ihr Traum von einem Kuss zerplatzte wie eine Seifenblase.

      Lia sagte mit einem Seitenblick auf Luna: „Das passt mir gut. Luna und Gianna gehen woanders hin. Da haben wir den Abend für uns.“

      Luna hatte aufgehört zu atmen und war froh, weil Gianna jetzt angerannt kam. Sie konnten nicht mehr miteinander reden, denn es klingelte zum Unterricht.

      In der Pause hatte sich Luna auf der Toilette versteckt und verpasste, wie Lia auf dem Schulhof bei André stand und mit ihm redete. Gianna hatte die Freundin begleitet und hielt ihr ein Papiertaschentuch hin. Luna hatte sich nicht auf den Unterricht konzen­trieren können, denn die Gedanken kreisten um Lia und André.

      „Das ist so mies!“, rief Gianna. „Aber vielleicht weiß sie nicht, dass du auf ihn stehst. Kann das sein?“

      Luna biss sich auf die Lippe und dachte an ihre Worte, die sie gestern zu Lia gesagt hatte: „… du kannst ihn haben …“

      „Ach Mann, ja, ich war so blöd zu sagen, dass ich ihn nicht will und sie ihn haben kann. Aber das ist doch noch lange kein Grund, mir meinen Traummann wegzunehmen.“

      Luna heulte auf und wollte gerne im Boden versinken. Gianna nahm sie in den Arm.

      „Da hilft nur, dass du dich morgen auf der Party neu verliebst. Außerdem sind die Jungs da älter und viel cooler als der doofe André.“

      5

      Giannas Mutter war Modell und sah wunderhübsch