Fred Kruse

Final Shutdown - Teil 1: Mysteriöse Todesfälle


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kochen. Wahnsinn, sogar das konnte diese Frau! Vielleicht sollte man dann erst mal zum »gemütlichen« Teil übergehen. Danach könnte er ihr die Geschichte erzählen. Sie wäre sicher stolz auf ihn. Das würde fördern, den »gemütlichen« Teil noch einmal zu wiederholen.

      Ja, genau so sollte er es anfangen. Thomas lehnte sich zufrieden in seinem Sitz zurück. Aber was machte denn der? Der Hintermann war doch bisher so besonnen gefahren. Hatte diesen Verrückten ein wilder Affe gebissen? Der wollte ihn doch wohl jetzt nicht überholen, so kurz vor der scharfen Kurve direkt vor dieser schmalen Brücke?

      Der Wagen hinter ihm scherte auf die Gegenfahrbahn aus und setzte mit aufheulendem Motor zum Überholen an. Erst jetzt wurde Thomas bewusst, dass es sich bei dem Wagen um einen dieser großen Geländewagen handelte mit Bullengitter und allem Drum und Dran. Er hatte sich so seinen Gedanken und Träumen hingegeben, dass er das Modell des Fahrzeugs nicht wahrgenommen hatte. Es interessierte ihn auch nicht. Diese Fahrzeuge trafen nicht seinen Geschmack, ihn faszinierten ausschließlich diese kleinen hochmotorisierten sportlichen Autos.

      Erschrocken stellte er fest, dass es in diesem Fall doch ganz erheblich war, was für ein Auto neben ihm aufschloss. Er nahm zwar schon das Gas weg, was er normalerweise sehr ungern tat, aber diese enge Kurve mit der sich anschließenden ebenfalls engen Brücke kam erschreckend schnell näher. Das andere Auto fuhr aber nicht an ihm vorbei, sondern blieb auf gleicher Höhe, selbst als er abzubremsen begann.

      Verzweifelt sah er zu dem Geländewagen hinüber. In ihm saßen zwei Männer. Der Fahrer sah stumpf gerade aus, während ihn der Beifahrer kalt anstarrte. In dem Moment, in dem der Blick des Beifahrers seinen traf, erkannte Thomas, dass es sich bei diesem Vorgang nicht um ein unglückliches Überholmanöver handelte.

      Der andere Wagen wurde genau mit ihm langsamer. Jetzt drängte er ihn sogar nach rechts ab. Blech knirschte auf Blech. Das Geräusch klang hässlich. Thomas hatte noch nicht einmal Zeit, sich über sein demoliertes Auto zu ärgern. Er trat die Bremse durch. Das Antiblockiersystem begann zu stottern. Er war noch immer viel zu schnell. Das gegnerische Fahrzeug drückte seinen Wagen so weit nach rechts, dass er mit einem Reifen auf den Randstreifen fuhr. Er wurde durchgeschüttelt. Verzweifelt versuchte er gegenzulenken, aber es half nichts, das andere Fahrzeug war größer und schwerer.

      Brutal knirschte das Bodenblech, als der Wagen über das niedrige Steingeländer der Brücke geschoben wurde. Noch vor der Überführung war er so weit nach rechts gedrängt worden, dass schon die Räder auf der rechten Seite des Wagens außerhalb des Geländers hingen. Thomas fiel nichts mehr ein, was er noch hätte tun können. Es gab für dieses Problem keine Lösung, die ein noch so gut geschultes, logisch denkendes Informatikerhirn hätte finden können. Während das schleifende und knirschende Geräusch unter ihm anzeigte, dass gerade das Bodenblech seines geliebten Wagens unter ihm auf dem Steingeländer der Brücke zerrieben wurde, drückte ihn der Geländewagen noch weiter nach rechts. Sein eigener Wagen wurde dadurch so weit über das Geländer geschoben, dass er nach rechts über die Überführung hinweg kippte.

      »Gut, dass ich heute noch die Post abgeschickt habe«, dachte er unangemessenerweise. Sein Gedankengang endete abrupt, als der Wagen mit dem Dach zuerst und einem lauten Krachen auf einem Felsvorsprung direkt neben dem kleinen Flüsschen aufschlug, das die Brücke überspannte.

      Ende eines netten Abends

      Es war schon recht kühl an diesem Abend, kühler als üblicherweise zu dieser Jahreszeit. Frank Becker ging zurück zu seiner Wohnung. Besser traf der Begriff ›torkeln‹ die Art seiner Fortbewegung.

      Er hatte einen netten Abend verbracht. Netter, als sämtliche Abende der vergangenen zwei Jahre, wenn er es richtig nahm. Im ersten Jahr, nachdem Kristin ihn verlassen hatte, zog er noch mit der Clique durch die Kneipen. Dann fiel er ohne Vorwarnung in dieses tiefe Loch. Er verspürte einfach keine Lust mehr, in Kneipen herumzuhängen und Frauen anzubaggern, die ja doch kein Interesse an ihm hatten oder an denen er das Interesse verlor, sobald sie den Mund aufmachten. Seine Freunde von damals gab es auch nicht mehr. Das heißt, die Jungs gab es schon noch, nur dass er jetzt nicht mehr zu ihnen gehörte.

      Vielleicht hätte er damals nicht so laut seine Meinung sagen sollen. Was hatte Kristin noch so schön gesagt, als er sie das letzte Mal getroffen hatte? Er müsse aufpassen, mit seiner miesepetrigen, besserwisserischen Art, nicht auch noch seinen letzten Freund zu verlieren. Das war ein Jahr her, bei ihrem letzten Scheidungstermin. »Sie hat damit nicht ganz richtig gelegen«, dachte Frank zynisch. Zu diesem Zeitpunkt gab es schon keine Freunde mehr.

      Jedenfalls war er zwei Jahre lang nicht mehr feiern oder wenigstens ein Bier trinken gegangen. Auch an diesem Abend hatte er nicht vorgehabt, unter Leute zu gehen. Aber dann kam er an der Gaststätte vorbei, die auf seinem Heimweg von der Arbeit lag und in die er früher häufig eingekehrt war. Diese Kneipe hatte ihn in den letzten zwei Jahren nicht mehr gereizt, genauso wenig wie irgendeine andere.

      An diesem Abend stand Tom vor dieser Gastwirtschaft. Tom gehörte früher auch zu der Clique. Allerdings hatte Frank ihn noch nie sonderlich gemocht. Der Kerl war ein Spinner, dazu noch einer von der üblen Sorte, rücksichtslos, und verlassen konnte man sich auf ihn auch nicht.

      Normalerweise ging Frank dem Kerl, wenn es sich machen ließ aus dem Weg. An diesem Nachmittag ließ es sich nicht machen. Er stand ihm direkt im Weg.

      »Äh Alter, was machst du denn hier?«, begrüßte er Frank, obwohl der Kerl ganz genau wusste, dass er von der Arbeit kam.

      Er wollte schon etwas Knallhartes erwidern, aber bevor er nur zu Wort kam, hatte Tom ihn schon auf ein Bier eingeladen. Das war allerdings schon komisch, vielleicht ein Omen, früher hatte er sich immer nur durchgeschnorrt. Normalerweise wäre Frank trotzdem nicht mitgegangen. Eigentlich hatte er in den letzten Jahren immer eine Ausrede erfunden, wenn sich jemand mit ihm treffen wollte. Er verspürte einfach keine Lust, mit irgendwem über irgendwelche Oberflächlichkeiten zu reden. Darauf lief es doch immer hinaus. So gut kannte er mittlerweile niemanden mehr, dass er sich mit ihm über tiefsinnigere Dinge unterhalten konnte.

      Aber an diesem Abend war es anders. Vielleicht lag es an dieser Sache. Endlich standen sie vor dem großen Erfolg und dann das! Ausgerechnet jetzt musste Thomas diesen Unfall bauen. Er hatte ja schon immer gewusst, dass dieser Spießer sich irgendwann mit seinem bescheuerten Sportwagen totfahren würde. Aber musste das ausgerechnet jetzt sein? Die ganzen letzten Jahre hätte er den Idioten am liebsten in die Wüste geschickt und jetzt, wo er tot war, fehlte er ihm. Mit wem sollte er jetzt noch über die Sache reden?

      Vielleicht spürte er tatsächlich Trauer, vielleicht lag es aber auch an dem Mädchen, das Tom im Schlepptau hatte. Sie lächelte ihn so nett an und bettelte fast darum, dass er mitkäme. Jedenfalls hielt er es plötzlich für eine gute Idee, ein Bier zu trinken.

      Gut, die Bezeichnung Mädchen traf vielleicht nicht ganz zu. Bei näherer Betrachtung handelte es sich dann doch eher um eine Frau in seinem Alter. Die Jahre waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen, wie bei ihm selbst, aber sie sah trotzdem ungemein attraktiv aus. Auch egal, jedenfalls lächelte sie ihn dankbar an, als er mitkam. Es war ihm lange nicht mehr passiert, dass eine Frau ihn so anlächelte. Ihm wurde ganz warm in der Brust.

      Der Gastraum der Kneipe war mit riesigen Fenstern in der Größe von Schaufensterscheiben ausgestattet. Als er dort noch als Stammgast ein- und ausging, hatte ihn das nicht gestört. Später fand er es schrecklich, dort zu sitzen und von jedem draußen begafft zu werden. Allerdings stieß es ihn genauso ab, in einer dieser geschlossenen Höhlen zu sitzen.

      Egal, jedenfalls setzten sie sich in eines dieser Schaufenster. Frank wusste nicht, was er sagen sollte, dafür quatschte Tom umso mehr, irgendeinen Schwachsinn von alten Zeiten und so. Tom ging ihm dermaßen auf die Nerven, dass er froh war, als der Kerl endlich ging. Die Frau, von der er angenommen hatte, dass sie zu Tom gehörte, blieb sitzen. Er wollte schnell austrinken, aber da brachte der Wirt schon zwei neue Biere. Die hatte Tom bestellt und, man höre und staune, sogar bezahlt.

      So saßen diese Frau und er sich gegenüber, beide mit einem vollen Glas Bier vor sich. Sie lächelte ihn noch immer warm an. Er fragte sich, was er mit ihr reden solle. Seit