Samuel Freyar

Rabengesang


Скачать книгу

sie. Immer wieder. Als sie mich fraßen und mein Blut sich mit dem Tomatensaft mischte.

      “Und der Gewinner ist: Hampsworth! Welcher heute leider nicht anwesend ist und somit seinen Preis nicht entgegen nehmen kann!”, verkündete der Bürgermeister. “Dennoch wird sein prachtvoller Kürbis nicht vor sich hingammeln, nein, er wird noch heute versteigert!” Er ging an eine reiche Familie.

      Noch am selben Tag, erschien neben einem Artikel über den Wettbewerb und das jährliche Dorffest, eine kleine Anzeige des Polizeireviers: “Nur noch Überreste des Autos des diesjährigen Gewinners Hampsworth geborgen. Der PKW ist komplett abgebrannt und nur noch widerwärtig stinkende Blutreste konnten geborgen werden. Jeder weitere Rest des Farmers fehlt. Die Polizei wird sich die weiteren Tage um den seltsamen Fall kümmern.”

      Da der Fall von meinem Tod aus fehlenden Spuren nicht weiter untersucht werden konnte, kam er zu den Akten. Die Vermisstenmeldungen über die Kinder sanken wieder drastisch ab und Kindergelächter heiterte die Stimmung des Dorfes wieder auf.

      Kapitel 2

      “Soll ich Ihnen noch einen Tee bringen?”, fragte sie.

      - “Nein, das reicht, vielen Dank, Martha.”, antwortete Sir Bradstone. Er war ein älterer, schon ergrauter Herr, jedoch noch fit genug, in seinem Anwesen, einer alten, von der Stadt nur kurz gelegenen Burg, zu residieren. Seine Hausdienerin, Martha, räumte das Teeservice aus kostbarem Silber ab. Sie wurde erst kürzlich angestellt an der Burg und leistete mit ihren 25 Jahren dem Anwesen guten Dienst. “Wenn Sie noch etwas wünschen, rufen Sie bitte, mein Herr.”

      Der 31. Oktober brach herein. Es war sowohl der Reformationstag als auch Halloween; die jüngeren Zeitgenossen, insbesondere Kinder, beschäftigten sich mit Horrorgeschichten, aber auch damit, sich zu verkleiden, um die Häuser zu ziehen, um anschließend frechlings- begeistert anzukündigen: “Süßes oder Saures!” Schließlich zogen sie, meistens erfolgreich mit Süßigkeiten als Beute, von dannen. Dieses Mal sollte es für die Kinder und die älteren Bewohner des Bradstonanwesens eine ganz persönliche Horrorgeschichte werden. Doch zuvor zum Hintergrund: Die Bradstons waren eine adelige und wohlhabende Familie, welche in der Provinz des zuvor genannten Dorfes residierte- seit fast 400 Jahren. Der ältere Hausherr, Sir John Bradston war das Familienoberhaupt. Dessen Frau, Shirley, starb vor gerade 2 Jahren an einer Krebserkrankung, welcher sie unterlag. Dies versetzte vor allem die beiden Kinder in Trauer, jedoch wurde seit dem Todesfall in der Familie über die verstorbene Mutter kein Wort mehr gewechselt. Der junge Nachwuchs der Bradstons bestand aus dem 14- jährigen Sohn Jack und dessen etwas älteren Schwester Claire. Jack sollte nach Johns ableben dem Namen der Adelsfamilie weiterhin alle Ehre machen und als Graf residieren. Claire war damit zufrieden, sie war jedoch das eher bescheidenere Familienmitglied, welches sich weniger um den Namen der Familie als um deren Angehörige als auch sich selbst kümmerte. Sie saß die meiste Zeit in der Bibliothek und belas sich. Schließlich gab es noch die junge Hausdienerin Martha, welche eine entscheidende Rolle für diese Geschichte tragen sollte. Sie wurde gleich nach dem Tod von Shirley eingestellt und war dem Gärtner und dem Butler, welche sich zurzeit im Urlaub befanden eine große Hilfe- ihre Aufgaben waren ziemlich umfassend, so musste sie Kochen, Putzen und sich vor allem um die beiden Kinder kümmern. Sie besaß langes, schwarzes gepflegtes Haar und hellblaue große Augen. Unschuldige Augen.

      Die Vorbereitungen auf das Abendmahl wurden getroffen. Jedoch fehlte noch etwas. Martha betrat die Küche; sie war größer als normale Küchen in ärmlicheren Wohngegenden und auch die Ingredienzien waren vielfältiger, mit denen die Speisen zubereitet wurden. Auf dem robusten Eichentisch stand ein gewaltiger Kürbis: Er sollte zur Dekoration ausgeschnitzt werden, daraufhin würde eine große Bienenwachskerze in ihn gesteckt werden und er würde als unheimlicher Genosse vor sich hin grauen. In der Küche standen Claire und Jack und stritten sich. “Vater hat mir aber erlaubt den Kürbis auszuschnitzen!”, querelte der junge Sprössling. “Du weißt doch, dass Vater es eher mir als dir zutraut, da du nur ungeschickt bist mit deinen zwei linken Händen.”, vernahm sich Claire. “Kinder,” , begann Martha mit sanfter Stimme, “ihr solltet euch einig werden, wem euer Vater diese Aufgabe eher zutraut, ansonsten werde einfach ich sie für euch erledigen.” “Na schön,” sagte Claire, “soll dieser Großkotz das doch einfach machen!”

      Jack strahlte übers ganze Gesicht, ergriff ein Küchenmesser und machte sich an die Arbeit.

      Wenige Stunden später begann schon das Abendmahl. Zu Tisch standen ein Rehrücken mit Preiselbeersauce, edle Rot- und Weißweine und als Beilage verschiedene Gemüsesorten. Von Jack fehlte jede Spur. “Wo bleibt der Junge bloß, mein Sohn sollte doch als künftiger Graf in der Lage sein, die Zeit einzuhalten! Vor allem wenn es um ein wichtiges Familienfest geht!” John regte sich auf und brummte vor sich hin. “Martha, ”, sagte er “sieh bitte nach ob du ihn irgendwo finden kannst und sag ihm, er solle zum Essen kommen!”- “Auf der Stelle, mein Herr.” Die Burg war aufgrund von momentanen Sanierungen nur spärlich beleuchtet, deswegen nahm Martha zur Beleuchtung einen Kerzenleuchter mit. Sie sah zuerst in der Küche nach, dann im Küchenlager- da war er nicht. Auch turnte er nicht in den Fluren rum. Martha bemerkte die ausgeschnittene Schädeldecke des Kürbisses samt dem Küchenmesser, mit dem Jack hantiert hatte. Martha lächelte leicht und öffnete die Küchentür, just in diesem Moment lief ihr ein eiskalter Schauder über den Rücken: Sie befand sich vor einer Wand. Als sie sich umdrehte, bemerkte sie unter Schock langsam, dass sie in einem völlig anderen Raum war. Sie hörte Stimmen und einen Schmerzensschrei einer Frau. “Du Hure! Es war das letzte Mal, dass du wildfremde Kerle auf meine Burg anschleppst!” Dann war es ruhig. Der jungen Dienerin wurde mulmig zumute. Sie wollte gerade nach dem Kerzenständer greifen, als sie auch merkte, dass dieser nicht mehr da war. Sie drehte sich schleunigst wieder unter Panik um. Sie war wieder in der Küche und verließ diese mit einem Schrecken.

      Was geht hier bloß vor sich, dachte sich Martha. Dies war mir seit den zwei Jahren, die ich hier war, noch nie passiert. Sie ging in sich versunken den Flur entlang, auf dem Weg zu Jacks Kinderzimmer. Sie stieß mit einem Schatten zusammen; “Passen Sie doch auf wo Sie hinrennen!” Claire fiel zu Boden. “Ich wollte nach meinem Bruder suchen, vielleicht finden wir ihn schneller zu zweit!” Martha half ihr auf und sie machten sich auf zum Zimmer des Adeligensohnes. “Da müsste er sein, da bin ich mir sicher.” Claire lächelte. Sie war eine schöne, junge Dame. Sie war nachdenklich und besaß aschblondes Haar und giftgrüne Augen. Als sie gerade die Türklinke runterdrücken wollte, wurde die Tür aufgerissen und ein Speer flog heraus, er bohrte sich durch Claire wie ein Rasiermesser durch Butter. Martha schrie auf und sah eine Kreatur im Zimmer, die ihr Herz zum stocken brachte: Es war Jack. Eindeutig, das war er. Jedoch fehlte ihm der halbe Schädel und seine Haut war leichenblass. “Jack.. Was ist mit dir pa.. Passiert?”, fragte Martha mit einem Schrecken in der Stimme. Der junge Grafensohn sah auf - in seinem Blick war nichts mehr Menschliches. “Ihr werdet alle büßen für das, was ihr meiner Mutter angetan habt!”, sprach er mit dämonischer Stimme. Martha schrie auf.

      Kapitel 3

      Krähen schrien. Abgelegen vom Bradstonanwesen befand sich ein dunkler Nadelwald. zwei Mal im Jahr kümmerte sich der Förster ausgiebig um ihn, die Tiere wurden geschossen, damit diese die Bäume nicht zerstörten und sie sich nicht zu stark ausbreiteten. Jedoch war dies das letzte Mal vor 20 Jahren. Niemand wusste was es damit auf sich hatte, jedoch sprach sich nur das Volksmärchen rum, der Wald sei verflucht. Natürlich stimmte das nicht. Jedenfalls nicht so, wie es die meisten verstanden. Jeder mied den Wald, niemand wollte hinein, niemand kam, wenn er drin war, wieder heraus.

      “Mittagessen ist fertig!”, hallt es durch die Hallen des Waisenhauses. Es befand sich an einer Lichtung im Wald und besaß die Größe eines kleinen Herrenhauses. Es war erst an die 50 Jahre alt, besaß jedoch seit dem geheimnisvollen Vorfall vor 20 Jahren nur wenig Kontakt zur Außenwelt. “Was gibt es denn heute?”, fragte der 15- jährige Tom. “Wieder dieses seltsame Hackfleisch. Es schmeckt ganz anders als jedes andere Fleisch.. Es ist so zäh und der Geschmack ist bitter.”, antwortete Tim. Er war 2 Jahre jünger als Tom und beide beschlossen, obwohl sie nicht blutsverwandt waren, sich im Waisenhaus als Brüder zu sehen. Tom war etwas größer als Tim, jedoch besaßen beide kurze blonde Haare und blaue Kinderaugen.