Manfred Rehor

Planet der Magie


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fragte er stattdessen.

      „Zu dem südlich gelegenen Kontinent Quara, auf dem das Raumschiff der Menschen sich befindet. Genauer gesagt soll es auf einer Insel gelandet sein, die vor der Ostküste Quaras liegt.“

      „Wie lange dauert die Seereise?“

      „Das hängt vom Schiffstyp ab. Vier bis sechs Wochen. Aber darüber könnt ihr euch Gedanken machen, wenn ihr Merimain erreicht habt.“

      „Sie haben Recht. Bitte erklären Sie uns, was die Karaquz von uns erwarten.“

      „Wir reden nicht gerne darüber. Die Sicherheit unserer Konvois ist Teil unseres guten Rufes und damit eine der Grundlagen unseres Wohlstandes. Leider werden immer wieder schwer bewachte Konvois überfallen und beraubt. Insbesondere in dieser Gegend.“

      Der Ratsherr zeigte zwischen die Städte Origelar und Duckum. „Die übliche Strecke führt westlich an beiden Städten vorbei, wobei Duckum eine Ausnahme ist, über die ich hier nicht sprechen will. Die Beschaffenheit des Geländes macht eine direkte Fahrt zwischen unseren Kegelstädten beschwerlich. Wir benutzen daher die normalen Verkehrswege. Gegen ein gewisses Entgelt, versteht sich, denn diese Straßen hat man speziell für unsere schweren Wagen ausgebaut. Das Gebiet nahe Origelar ist hügelig und stark bewaldet.“

      „Es bietet also Räubern ein ideales Versteck.“

      „So ist es.“

      Zzorg sah sich die Karte an, sagte dann aber: „Sie haben vorhin die Formulierung gebraucht, die Konvois würden beraubt. Bedeutet das, dass sie nicht völlig ausgeraubt werden?“

      „Sehr gut aufgepasst! Die Konvois sind bis zu zwei Meilen lang. Die Räuber konzentrieren sich immer nur auf einen oder zwei Wagen, die sie auch nur teilweise ausrauben. Bis Verstärkung aus dem übrigen Konvoi herankommt, sind die Räuber mit ihrer Beute wieder verschwunden.“

      „Sie nehmen sich nur so viel, wie sie schnell abtransportieren können.“

      „Richtig.“

      „Haben es die Räuber auf bestimmte Dinge abgesehen?“

      „Leider ja. Sie scheinen ein gutes Gespür dafür zu haben, auf welchen Wagen wertvolle Ladung transportiert wird.“

      Macay sah den Ratsherrn aufmerksam an. „Ein gutes Gespür nennen Sie das?“, fragte er. „Ich halte das für einen eindeutigen Hinweis auf Verräter aus den eigenen Reihen.“

      Der Ratsherr richtete sich auf. Er wich einen Schritt zurück und machte eine abwehrende Bewegung mit seinem gesunden linken Arm, als wollte er einen Angriff abwehren. „Nur Karaquz kennen die Ladung der Wagen. Kein Karaquz kann sein Volk verraten.“

      „Kein Karaquz würde sein Volk verraten, glauben Sie?“

      „Nein. Kein Karaquz kann sein Volk verraten.“

      „Wie dem auch sei“, ging Rall dazwischen. „Gibt es sonstige Hinweise, aus denen ein Räuber auf den Wert einer Ladung schließen könnte? Zum Beispiel eine besonders starke Bewachung bestimmter Wagen?“

      „Wir vermeiden solche Auffälligkeiten, weil uns dieser Gedanke natürlich auch schon gekommen ist.“

      „Unsere Aufgabe besteht also darin, diese Strecke zu bereisen und nach den Räubern zu suchen.“

      „Ihr sollt den nächsten Konvoi begleiten. Wir haben einige sehr wertvolle Gegenstände, die wir nach Süden bringen. Es kann sein, dass dies die Räuber anlockt.“

      „Wann fährt der Konvoi ab?“

      „Morgen.“

      „Eines möchte ich aber vorher noch wissen“, sagte Zzorg. „Wie gehen die Räuber bei den Überfällen gewöhnlich vor?“

      Nun streckte der Ratsherr den gesunden Arm in einer pathetischen Geste von sich. „Wir wissen es nicht!“, sagte er. „Der Konvoi gerät plötzlich ins Stocken. Man kontrolliert die Wagen, findet einen teilweise geplündert und daneben liegen unsere Soldaten tot am Boden.“

      „Wenn die Soldaten tot sind, haben sie gekämpft. Wenn sie gekämpft haben, gab es auch Opfer unter den Räubern. Wie sehen sie aus?“

      „Wir wissen es nicht“, wiederholte der Ratsherr. Er behielt die merkwürdige Haltung bei, die offenbar seine Hilflosigkeit ausdrückte. „Nie haben wir einen getöteten oder auch nur verwundeten Räuber bei einem ausgeraubten Wagen gefunden. Es ist gerade so, als würden sie gar nicht existieren.“

      Der Konvoi

      Menschen und Karaquz wirkten klein neben den Zugtieren. Diese Kolosse waren drei Meter lang und zwei Meter hoch. Ihre massigen, fetten Körper warfen Speckfalten. Trotz der stämmigen Beine sahen sie nicht so aus, als könnten sie tagelang oder wochenlang die Wagen ziehen, vor die man sie spannte. Denn auch die Wagen waren ungewöhnlich groß. Doppelt so lang wie gewöhnliche Fuhrwerke, die Macay von seiner Heimatwelt kannte, und auch um einiges breiter. Drei Radpaare mit flexibler Aufhängung ermöglichten es ihnen, auch über Hindernisse zu rollen, ohne dass Gefahr bestand, zu kippen.

      „Cayas heißen diese Zugtiere bei den Bewohnern südlicher Städte“, erklärte der Ratsherr. „Unseren Namen für sie könnt ihr nicht aussprechen. Sie sind ausdauernd und genügsam. Solange das Männchen dabei ist, lassen sie sich leicht lenken.“

      „Das Männchen?“, fragte Macay.

      „Es läuft in der Mitte der vier Weibchen“, sagte der Ratsherr. „Du musst dich bücken, dann kannst du es zwischen ihren Beinen hindurchsehen. Es ist klein.“

      Jeweils vier Zugtiere waren paarweise vor die Wagen gespannt. Macay, Rall und Zzorg bückten sich gleichzeitig und staunten das Tier an, das eingezwängt zwischen den vier mächtigen Weibchen stand. Es war deutlich kleiner als sie, schmal und ohne die Speckwülste.

      „Es sieht aus wie ein kleines Pferd, nur dass es nicht so behaart ist“, sagte Rall.

      „Eher wie ein großer Hund“, schlug Macay vor. „Sieh dir seine Zähne an.“

      „Die Männchen der Cayas sind Fleischfresser, während die Weibchen Gras fressen“, fuhr der Ratsherr fort. „Deshalb lässt man die Weibchen unterwegs grasen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Das Futter für die Männchen wird in jedem Wagen mitgeführt. Wenn sie satt sind, bleiben sie friedlich, solange sie mehrere Weibchen um sich haben. Allerdings dürfen sie nicht die Nähe eines anderen Männchens spüren.“

      „Warum nimmt man sie überhaupt mit?“

      „Die Weibchen gehorchen sonst nicht. Der Fahrer eines Wagens lenkt nur das Männchen mit Hilfe von Zügeln. Die Weibchen passen ihre Bewegungen den seinen an.“

      Sie standen in einer riesigen Halle im südlichen Teil der goldenen Kegelstadt. Hier belud man die Wagen und spannte die Cayas an. Die Wagen standen gut einhundert Meter auseinander, daher passten immer nur drei in die Halle hinein. Zahllose Arbeiter der Karaquz wimmelten umher. Zwischen ihnen ragten Soldaten mit ihren Speeren empor.

      „Warum werden nicht mehr Wagen gleichzeitig beladen?“, fragte Macay.

      „Der Abstand zwischen den Wagen muss unter allen Umständen gewahrt werden. Wird dieser Mindestabstand unterschritten, spüren die männlichen Cayas ihre Rivalen und werden wild. Das wiederum macht die Weibchen wild. Sie reißen sich los oder werfen den Wagen um.“

      „Man hat also bei einem langen Konvoi immer nur einige wenige Wagen im Blick“, sagte Rall. „Das erleichtert natürlich Räubern den Zugriff.“

      „Es lässt sich nicht vermeiden. Zwar gibt es Rassen kleiner, friedlicher Zugtiere. Aber sie sind nicht ausdauernd genug, um große Lasten über lange Strecken zu ziehen.“

      Ein Karaquz in einem schweren, dunkelbraunen Lederharnisch kam auf die Gruppe zu.

      „Das ist der Offizier, der für die Bewachung des Konvois zuständig ist“, sagte der Ratsherr. Er sprach ein paar knarrende Sätze in seiner Sprache