Ute Dombrowski

Umweg ins Glück


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möchtest, ist das auch in Ordnung. Mein Haus und das von Benjamin stehen dir immer offen.“

      „Zuhause bin ich diese Woche noch alleine und finde sowieso keine Ruhe, also komme ich gerne mit.“

      Alle nickten zustimmend, dann ging Katja ohne die anderen ins Zimmer, nachdem die Polizisten mit ernsten Gesichtern herausgekommen waren. Sie fassten Nellys Aussage kurz zusammen und baten noch einmal Marius um ein Gespräch.

      Katja setzte sich an Nellys Bett und nahm ihre Hand.

      „Es tut mir so leid, dass wir dich alleine gelassen haben.“

      „Mama, das muss dir nicht leidtun. Ihr könnt nichts dafür. Ich wollte doch nur um meine Liebe kämpfen und bin deswegen zu Martin gefahren. Er wollte mir helfen. Erst als ich mit ihm bei Gabriel in der Wohnung saß, waren die beiden vollkommen verändert. Ich habe noch versucht, da rauszukommen, aber es war zu spät. Wie gut, dass Marius in der Nähe war.“

      „Ich wäre daran kaputtgegangen, wenn du gestorben wärst. Ich vermute mal, dass Marius mehr als nur Freundschaft für dich empfindet?“

      „Hm, keine Ahnung, als ich im Krankenwagen kurz zu mir gekommen bin, war er da. Oder habe ich das geträumt? Ich dachte, er hätte etwas zu mir gesagt, ich weiß nicht genau … ich war ziemlich platt. Aber Mama, selbst wenn ich ihn mag, im Moment habe ich die Nase voll von den Männern.“

      „Lass dir Zeit. Das Wichtigste ist, dass du wieder auf die Beine kommst. Du lebst und das zählt. Wie kann man nur so abartig sein … ich darf gar nicht darüber nachdenken. Dich bewusstlos in den Rhein zu werfen! Die beiden werden hoffentlich lange ins Gefängnis gehen.“

      „Mama, kann ich einem Mann je wieder vertrauen?“

      Nelly hatte erneut zu weinen begonnen. Katja nahm sie in den Arm und streichelte ihren Rücken.

      „Wenn es so weit ist, dass du die wahre Liebe triffst, wirst du das schaffen. Ich bin bis dahin immer für dich da, mir und Papa und Benjamin und auch Oliver kannst du vertrauen. Wir sind deine Familie. Ich denke, auch Marius wird an deiner Seite sein.“

      Nun saß Nelly mit Marius, der jeden Morgen bei Benjamin auftauchte und ihm im Weinkeller half, um näher bei Nelly sein zu können, unter der Kastanie. Sie wurde immer wieder von diesem Gefühl der Ohnmacht heimgesucht, dass sie fühlte, seit ihr die Tat von Gabriel und Martin so richtig bewusst geworden war. Jetzt fiel ihr etwas ein.

      „Warst du in der Nacht, nachdem du mich aus dem Wasser geholt hast, bei mir im Krankenwagen und hast du da mit mir geredet? Oder habe das geträumt?“

      „Nein, als du wieder geatmet hast, durfte ich kurz zu dir und mich davon überzeugen, dass du lebst.“

      „Gut, aber hast du etwas zu mir gesagt?“

      Marius dachte fieberhaft nach, ob er ihr die Wahrheit sagen sollte. Es war so schon schwer genug für Nelly ihre Gedanken zu ordnen. Er sah sie an und fühlte sein Herz schlagen wie verrückt. Dann hatte er eine Entscheidung gefällt. Sie ahnte sicher, dass er mit ihr zusammen sein wollte, aber er würde sie zu nichts drängen.

      „Ich habe nur gesagt, dass ich froh bin, dass du lebst, und habe mich beim Notarzt bedankt.“

      Nelly runzelte die Stirn. War es das? Sie nickte mechanisch. Eine innere Stimme sagte ihr, dass es das nicht war, aber für heute gab sie sich mit der Antwort zufrieden. Sie rief nach Wuschel und machte sich mit ihm auf den Weg durch die Weinberge. Marius ging wieder an die Arbeit.

      Katja saß oft nachts an Nellys Bett, wenn sie schreiend aufgewacht war und wild um sich schlug. Sie schreckte jede Nacht aus ihren Träumen hoch.

      „He, alles gut, Kleine, alles gut. Sei ganz ruhig, ich bin es, Mama.“

      „Mama, bitte bleib hier, bis ich wieder eingeschlafen bin. Ich denke immer, ich ertrinke und es ist dann so kalt.“

      „Ich bin da, Engelchen. Du bist in deinem schönen warmen Bett. Alles ist gut. Es wird noch eine Weile dauern, bis du wieder ruhig schlafen kannst, aber es ist vorbei. Gabriel und Martin werden ihre Strafe bekommen.“

      Nelly rollte sich zusammen und spürte die sanften Hände ihrer Mutter, die sie streichelten. Meist blieb Katja bis zum Morgen sitzen und nach einer Woche war sie müde und abgespannt. Das sah auch Chris­tian, der nun neben ihr auf der Bank saß und mit ihr auf Nellys Rückkehr vom Spaziergang wartete.

      „Liebes“, begann er, „willst du nicht Nelly nehmen und für eine Zeit zu Marie fliegen? Da kommt ihr beide ein bisschen zur Ruhe.“

      Katja sah ihren Mann an, der ein besorgtes Gesicht machte.

      „Vielleicht hast du recht. Ich werde ihr das gleich mal vorschlagen. Willst du nicht mitkommen?“

      „Ich bleibe hier und helfe Benni. Du hast die Erholung nötiger und Nelly sowieso. Da kommt sie. Frag sie!“

      Nelly kam mit Wuschel angerannt, der einen kleinen Ball gefunden und stolz zum Weingut getragen hatte. Sie ließ sich außer Atem auf die Bank fallen, wo Katja und Christian zur Seite gerutscht waren.

      „Das war gut! Ich bin wie verrückt mit ihm gerannt. Guckt mal, wie kaputt Wuschel jetzt ist.“

      Der kleine Hund lag hechelnd unter der Bank, der Ball neben ihm.

      Katja legte einen Arm um Nelly und fragte nun sanft: „Was hältst du davon, wenn wir morgen zu Marie fliegen? Nur wir beide. Dort können wir uns ausruhen und auf andere Gedanken kommen.“

      „Das hört sich gut an, Mama. Papa, kommst du auch mit?“

      „Ich bleibe und helfe den anderen.“

      „Gut, dann nur wir beide, ja, Mama, das ist eine gute Idee. Zwei Wochen?“

      Katja nickte und griff nach ihrem Handy, um Marie anzurufen. Die freute sich und fragte voller Sorge, wie Nelly damit zurechtkam, dass sie beinahe gestorben wäre. Katja sagte nur, dass sie alles in Südfrankreich besprechen würden und Marie verstand. Katja konnte im Moment nicht reden. Die Frauen legten auf und Katja lief ins Büro, um nach einem Flug zu suchen. Christian ging an die Arbeit, die bis zum Abend fertig sein musste.

      Nach Feierabend saßen sie zusammen in der Küche und die Frauen berichteten von ihren Reiseplänen. Katja hatte für den kommenden Nachmittag einen Flug bekommen, also mussten sie nachher packen. Christian bot an, sie zum Flughafen zu bringen.

      Marius hatte Nelly still und traurig angeschaut. Sie bemerkte sein düsteres Gesicht und nickte ihm zu.

      „Es sind doch nur zwei Wochen. Ich komme wieder, wirklich.“

      „Was soll ich denn ohne dich machen?“

      „Na, schaffen“, sagte nun Benjamin mit einem freundlichen Lachen. „Du machst deine Sache gut und kannst hier gerne die ganzen Ferien arbeiten. Oliver freut sich auch über deine Gesellschaft, nicht wahr.“

      Oliver nickte nur und kaute weiter. Nun atmete Marius auf und lächelte.

      „Gut, dann ist das ja geklärt“, sagte Christian sachlich. „Und wer holt morgen die Brötchen? Lasst uns nochmal schön zusammen frühstücken, ehe ihr wegfliegt.“

      Oliver meldete sich immer noch kauend. Christian nickte, damit war alles in Ordnung und sie verabschiedeten sich, um nach Hause zu laufen, wo Nelly und Katja je eine Tasche mit den nötigsten Sachen packten. In dieser Nacht schlief Nelly endlich mal ohne Träume. Auch Marius war heimgefahren und pünktlich zum Frühstück wieder im Weingut.

      Nachdem sie den Tisch gedeckt hatten, saßen beide unter der Kastanie und warteten auf Oliver und die Brötchen.

      „Ich habe … ich habe meinen Eltern noch gar nichts erzählt …“, begann Marius.

      „Was?“

      „Dass Gabriel wieder in meinem Leben gelandet ist. Mir ging es damals nicht so gut. Und das mit dir. Meine Mutter wird entsetzt sein.“

      „Was heißt, es ging dir nicht so gut?“, fragte Nelly, die ahnte, dass er ihr auch