Antonia Colloni

Aufbereitung der Geschehnisse rund um die Loveparade-Katastrophe am 24.7.2010 in Duisburg


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      Aufbereitung der Geschehnisse rund um die Loveparade-

       Katastrophe am 24.7.2010 in Duisburg

      2. Teil

      von Antonia Colloni

      ImpressumAufbereitung der Geschehnisse rund um die Loveparade-Katastrophe in Duisburg am 24.7.2010, 2. Teil Antonia Colloni Coverfoto: Wendelin Bottländer Copyright: © 2014 Antonia Colloni published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de ISBN 978-3-8442-9540-5

      Die unverantwortlichen Unschuldigen

       Lex Specialis

       Moloch

       Schrecken ohne Ende – Forschung für die zivile Sicherheit

       Es ist alles noch viel schlimmer

      Flieg, wenn du Flügel hast

       Ein erprobtes Format

       Übel

       One Way Ticket

       Tun und Unterlassen

       Nachbeben

       Geier

       Niemandsland?

       Countdown

       Expressis Verbis

      Die unverantwortlichen Unschuldigen

      Dr. Klüpfel, der in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2009 bereits im Monat März schon fleißig Kontakt mit der Duisburg Marketing aufgenommen hatte, um sich und seine Dienste dort vorzustellen, wird wohl gleich im ersten gemeinsamen Meeting mit Geschäftsführer Uwe Gerste & Co. erfahren haben, dass die von Lopavent offiziell verbreitete Besucherprognose von 1,4 Millionen eine verdreifachte Marketinglüge gewesen war, an der sie alle ein Rieseninteresse gehabt haben werden, natürlich auch himself, Dr. Klüpfel, denn warum sonst sollte der z.B. im Juli 2009 gegenüber dem WAZ-Redakteur, Journalisten oder Reporter Tobias Bolsmann, der seinen Szene-Aus dem Westen-Artikel „Heute hätte Bochum tanzen sollen“ genannt hatte, folgendes äußern: „In Duisburg selbst verweist man auf das klare Bekenntnis von OB Adolf Sauerland, alles daran zu setzen, dass es klappt. Doch die Überlegungen steckten noch im Anfangsstadium. Es stockt an der Streckenführung und an einer Fläche für die große Abschlussveranstaltung. Ein Ortstermin im Laufe der kommenden Wochen soll erste Aufschlüsse geben... Dass Duisburg und Gelsenkirchen sich mit großer Vorsicht den Massen nähern, kann Hubert Klüpfel bestens nachvollziehen. Der Duisburger Physiker beschäftigt sich seit Jahren mit der Analyse und Simulation der Bewegung von Menschenmengen. Er verdeutlicht die Dimensionen der Loveparade mit einem Beispiel: Wenn es 500.000 Teilnehmer gibt, und jeder von ihnen etwa einen Quadratmeter Platz beansprucht, so würde auf einer 30 bis 40 Meter breiten Strecke der Partyzug 12,5 Kilometer lang sein. Wenn Klüpfel von 1,6 Millionen Tänzern in Dortmund hört, steigt in ihm die Vermutung auf, dass solche Zahlen nach oben „korrigiert" wurden. Der Wissenschaftler kann sich gut vorstellen, die Vorbereitungen für die Loveparade mit seinen Berechnungen zu unterstützen. Auf Grund seiner Erfahrungswerte, z.B. beim Kölner Weltjugendtag und der Hadsch in Mekka, hält Klüpfel die Durchführung der Loveparade – zumindest in Duisburg – für realistisch.“ Abschließend (!): „Wenn man will, kann man. Die Probleme sind überwindbar.“ (Zitat des Gelsenkirchener Stadtsprechers Martin Schulmann, in den Mund von Dr. Klüpfel gelegt von Tobias Bolsmann)

      Bereits am 24.3.2009, also fast vier Monate zuvor, schrieb Willi Mohrs in der WAZ: „…Love Parade in Duisburg? Womöglich auf dem früheren Güterbahnhofsgelände? „Halte ich für clever", sagt Dr. Hubert Klüpfel. Wenn der Logistikstandort Duisburg den Andrang von Hundertausenden Musik-Fans nicht organisiert kriege, wer denn dann? (Anm.: Kam dieser Slogan direkt aus dem Hause der DMG?) Mit Menschen in Massen kennt sich Klüpfel bestens aus… „Es ist ein frühes Stadium", sagte der Physiker, der seit 2001 mit seiner Firma „TraffGo HT" Personenbewegungen simuliert und beispielsweise Evakuierungen von Gebäuden und Schiffen optimiert. Sein Rat an die Verantwortlichen: Zügig an die Vorarbeiten gehen, dann entscheiden. „Rumeiern ist schlecht!"

      Tags darauf, am 25.3.2009 steht in der Lokalausgabe der NRZ: „Im Prinzip geht das in Duisburg." Hubertus Klüpfel, Physiker und Mitbesitzer der Firma Traffgo HT, ist überzeugt von der Möglichkeit, die Loveparade vor Ort durchführen zu können. Mit seiner Firma, einer Ausgründung der Universität Duisburg/Essen, kümmert Klüpfel sich um Dinge wie Personenstrom- und Evakuierungsanalysen – eine Nische, die „von etwa vier oder fünf Unternehmen in ganz Europa besetzt wird". Auch die Berechnung, wie schnell Züge aufeinander fahren können, damit der Fahrgast selbst bei vollbesetzten Waggons noch rechtzeitig vom einen zum anderen Bahnsteig wechseln kann, gehört dazu. Traffgo hat sich auch schon um richtig große Veranstaltungen gekümmert. Dazu gehört zum Beispiel der Weltjugendtag. Klüpfel: „Das war vom Gefährdungspotenzial her viel schwieriger, da war immerhin der Papst dabei." Auch beim Hadsch, der alljährlichen Pilgerfahrt nach Mekka mit immerhin 22 Millionen Menschen, war Traffgo schon involviert. Die Loveparade ist sicherlich ein logistisches Problem, das Duisburg aber bewältigen kann – wenn nicht der Logistikstandort Duisburg, wer dann? Aber es muss geklärt sein, welche Voraussetzungen gegeben sind. Und wenn man das geregelt hat, muss man auch dazu stehen!" Ein weiterer Bericht erscheint gegen Jahresende 2009, am 7. November. Unter einem Online-Artikel vom 10.02.2010 der WAZ Mediengruppe kommentiert der User „DankeTraffGo“ am 30.7.2010: „Der Klüpfel und sein TraffGo haben sich bei der Love Parade mal wieder als reine Theoretiker bewiesen. Wer Ein- und Ausgang als den gleichen Weg wählt, gehört einfach mal in die Menge gesteckt! Das hat man von Provinzforschern.“

       Und noch mal, etwas später, am 10.2.2010 in der WAZ, Ressort, Aus aller Welt, Szene; Titel: „Er lotst die Massen durch Mekka; Duisburg. Auf dem Bildschirm des Laptops geht es zu wie in einem Bienenstock. Kleine Pünktchen erscheinen in Rot- und Grüntönen im Inneren einer grob skizzierten Spirale. Geschäftig wuseln sie durch das Gebilde, surren durch die Kurvenstruktur… Hubert Klüpfel aus Duisburg gehört zu einem handverlesenen Stab Experten, der für die saudischen Behörden Konzepte zur Lenkung dieser Menschenmassen erarbeitet. Klüpfel, von Haus aus Physiker, hat sich auf Verkehrsforschung spezialisiert und erstellt Evakuierungskonzepte für Gebäude und große Fähren. Seine Firma TraffGo, ein Ableger der Universität Duisburg-Essen, hat Konzepte für das Dortmunder Westfalenstadion oder eine norwegische Konzerthalle erarbeitet. Jetzt planen sie das Unternehmen Mekka… Aber nicht unter Sicherheitsaspekten. Verkehrsforscher Klüpfel schickt seine flimmernden Pünktchen durch Bebauungspläne, entwirft mögliche Wegführungen und berechnet das Menschenvolumen, das, je nach Wegführung, pro Stunde passieren kann. Sechs Parameter bestimmen das Verhalten der Punkte in seinen Modellen, darunter Faktoren wie Laufgeschwindigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit… Bei der Umrundung der Kaaba, dem so genannten Tawaf, kommen bis zu zehn Menschen auf einem Quadratmeter zu stehen. „Schauen Sie einmal auf die maximale Personenzahl im Aufzug – und dann verdreifachen Sie das“, verdeutlicht Klüpfel die Enge. In solch einem Gedränge ist es kaum noch möglich, die eigene Richtung zu bestimmen. Und wenn der Strom ins Stocken gerät, vielleicht Menschen stürzen, dann kann das fatale Folgen haben: Mehr als 1400 Menschen kamen 1990 beim Gedränge ums Leben. Einbahnstraßen und die Trennung verschiedener Verkehrsteilnehmer, das seien die Grundlagen erfolgreicher Verkehrsplanung an einem Ort wie Mekka… (Anm.: Dies also Klüpfels Maßstäbe!) „Nirgends sonst auf der Welt kommen so viele Menschen so gedrängt zusammen. „Da kann man nicht einfach alles sperren und sagen: Kommt nächstes Jahr wieder!“ (Zitat Klüpfel; Anm.: Tja, was sind da im Vergleich schon schlappe einundzwanzig Tote, nicht wahr? Einundzwanzig Pünktchen mehr oder weniger – das sieht man gar nicht.)

       Kein Wunder war dieses Getue seitens der kommunalen Presse, hieß es doch einstimmig in der Ergebnisniederschrift zur Besprechung vom 2.10.2009, an der das Dezernat für Sicherheit und Recht, das Dezernat des OBs, das Ordnungsamt, das Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement, die Feuerwehr, die städtische sowie die Bundespolizei, die Wirtschaftsförderung metropoleruhr (stellvertretend für die Ruhr2010), Aurelis-Real Estate, die DB, der VRR, die DVV, die DMG, Lopavent und der Landesbetrieb Straßenbau NRW teilgenommen hatten, dass eine Presseerklärung seitens Aurelis mit dem Titel "Loveparade auf der Kippe" herausgegeben werden solle (dies deren glorreiche Idee), denn auch, wenn lt. Rabe "der