Wolf Stein

100% Down Under


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wir uns, »so werden wir es machen.«

      Die nächste Herausforderung stand somit fest und lautete: Ein zuverlässiges Fahrzeug käuflich erwerben!

      Wenn Backpacker in Australien ein Auto kaufen wollen, gehen sie zum Car Market. Dort versammeln sich alle, die zurück nach Hause fliegen wollen beziehungsweise müssen und versuchen, ihr Auto an den Mann oder die Frau zu bringen. Anne und ich hatten es auf einen Kleinbus für 3.000,- Dollar, also ungefähr 1.800,- Euro, abgesehen, den ein junges dänisches Pärchen anbot. Wir nahmen das Angebot unter die Lupe - Bett, Kocher, Tisch, Stühle, alles dabei.

      »Nicht schlecht«, dachte ich, »den könnte man nehmen.«

      Wir vereinbarten ein erneutes Treffen und wollten den sympathischen Dänen am Nachmittag unsere Entscheidung mitteilen. Vorher hatten wir noch eine Verabredung mit Herrn Schneider, der uns die Umgebung zeigen wollte. Er fuhr mit uns ein paar Kilometer gen Norden und zeigte uns einige schöne Stellen. Diese Tour offenbarte, dass es in Queensland mehr zu sehen gab, als Cairns vermuten ließ.

      Zurück auf dem Parkdeck des Geschäftshauses, auf dem sich der Car Market befand, suchten wir unseren zukünftigen Kleinbus. Doch alles, was wir vorfanden, war das dänische Pärchen, das uns mit traurigen Augen mitteilte, wir seien zu spät. Ihr Gefährt wäre vor zwanzig Minuten über den Ladentisch gegangen. Sie hätten auf uns gewartet, aber dann gedacht, wir hätten uns anders entschieden. Schöner Mist! Unsere mobile Behausung für die nächsten Monate wurde uns quasi direkt unterm Allerwertesten weggekauft, und das nur, weil wir zwanzig Minuten zu spät kamen.

      »Jetzt sitzen wir hier noch länger fest! Das gibt’s doch nicht!«

      Doch Rettung lag in greifbarer Nähe.

      Plötzlich sprach uns ein junger Mann vom Nachbarparkplatz an und meinte: »Keine Sorge, ich hab eine viel bessere Kiste im Angebot. Sogar für 500,- Dollar weniger!«

      Matthias war sein Name, was darauf schließen ließ, dass wir uns mit ihm auf Deutsch unterhalten konnten. Wir folgten ihm zu seinem Auto, einem 89er Ford Falcon Stationwagon, dem Backpackerauto schlechthin. Ein paar Minuten Überzeugungsarbeit und wir beide waren der Meinung: »Ja, das ist ein Auto, mit dem man gut und gemütlich das Land erkunden kann.«

      Matthias nahm uns mit in ein Café, in dem wir den Schriftkram erledigten, den Kaufvertrag unterzeichneten und einen Übergabetermin für den Falcon ausmachten. Den Vertrag unterschrieb Anne mit ihrem Namen, da ich noch auf die Ankunft meines internationalen Führerscheins warten musste. Der sollte mir aus Deutschland nachgeschickt werden. Die zuständige Stelle hatte es nicht mehr rechtzeitig hinbekommen, mir das Papier auszustellen. Kennt man ja - Behörden eben.

      Bei einer gemütlichen Tasse Kaffee zum Besiegeln des Kaufes, erzählte uns Matthias eine angsteinflößende Geschichte. Bevor Anne und ich den Bus der Dänen fanden, unterhielten wir uns mit einem Kanadier, der uns ebenfalls seinen Camper zum Kauf angeboten hatte. Dessen Heckscheibe zierte ein ziemlich großes Loch, was laut seiner Aussage von einem Steinschlag herrührte.

      Im Café sagte Matthias jedoch zu uns: »Habt ihr den Bus mit dem Loch in der Scheibe gesehen?«

      »Ja, haben wir.«

      »Wollt ihr wissen, wie das wirklich passiert ist?«

      »Ja, wollen wir.«

      Es stellte sich heraus, dass der Kanadier zusammen mit seiner schwangeren Freundin gereist und sie mitten im Nirgendwo mit ihrem Fahrzeug stehengeblieben waren. Erst sei nichts weiter passiert, bis plötzlich ein Auto an ihnen vorbeifuhr und anhielt. Jemand stieg aus und fragte, ob er helfen könne.

      »Nein danke, das kriegen wir schon wieder hin«, lautete die Antwort der beiden.

      Der Fremde fuhr weg. Kurze Zeit später kehrte er jedoch zurück. Mit einer Axt bewaffnet sprang er aus dem Wagen und schlug sinnlos auf den Bus ein. Dann setzte sich der Irre wieder in sein Auto und brauste davon. Die Freundin bekam einen solchen Schreck, dass sie sofort das Land verließ. Sie hatte sogar Angst, durch den Schock ihr Kind zu verlieren. Ihr Partner versuchte nun schon seit Tagen verzweifelt, die Karre zu verscherbeln, um auch nach Hause fliegen zu können.

      Das klang nach keinem schönen Erlebnis. Wir sahen uns mit großen Augen an. Ob es tatsächlich so war, oder ob Matthias uns nur Angst machen wollte, wissen wir bis heute nicht.

      Als alles gesagt war, machte sich Matthias auf. Er wollte Bier holen. Jeder, der sein Auto verkauft hatte, gab der gesamten Car-Market-Runde einen aus. Die Fahrzeugübergabe setzten wir auf den übernächsten Tag fest. Der Wagen sollte noch mal fachgerecht durchgecheckt werden.

      Nun ließ der Tag der Freiheit nicht mehr lange auf sich warten.

      Anne und ich starteten eine Wanderung durch den tropischen Regenwald, die uns Herr Schneider empfohlen hatte. Sie führte zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die Stadt. Riesige Spinnen kreuzten unseren Weg - nichts für Arachnophobiker. Ständig waren wir auf der Hut vor giftigen Schlangen. Man könnte es auch so beschreiben: Ich hielt die Augen offen, weil ich unbedingt eine Schlange sehen wollte, Anne hielt sich die Augen zu. Sie betete, dass ja keines dieser Biester in unsere Nähe kommen möge.

      Es ging ziemlich lange bergauf. Als wir ganz oben am Lookout ankamen, saß dort ein Mann in kurzer Uniform. Nicht weit von ihm entfernt stand ein kleiner Hubschrauber, der sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Wir unterhielten uns mit dem Piloten. Er kam aus Neuseeland und arbeitete in Australien für einen Telekommunikationsanbieter. Sein Job war es, die höher gelegenen Sendemasten zu warten. Dazu benötigte er den Hubschrauber. Ich fragte ihn, ob ich mich reinsetzen dürfe. Er bejahte und schwuppdiwupp saß ich drin. Doch dabei blieb es leider auch. Ich wollte ihn die ganze Zeit fragen, ob er eine Runde mit uns fliegen würde, tat es aber nicht. Dies ärgerte mich im Nachhinein tierisch. Ich heulte Anne noch lange die Ohren voll.

      »Ach, hätte ich ihn doch gefragt.«

      »Mach dir nichts draus Woody, das hätte er sowieso nicht gedurft.«

      »Na ja, stimmt wahrscheinlich.«

      Ein nächtlicher Bummel durch die Stadt beendete jenen Tag. Wir guckten mal hier, mal da und packten uns im Food Court, der zu jeder größeren australischen Stadt gehört, die Teller mit verschiedensten asiatischen Gerichten voll. Wir futterten und tranken und freuten uns auf die baldige Übergabe des Fords. In einem kleinen Zeitungsladen kauften Anne und ich neue Karten für unsere Handys. Von nun an waren wir erreichbar und konnten auch untereinander telefonieren, falls einer von uns verloren gehen sollte.

      Zurück im Hostel setzten wir uns vor den großen Fernseher. Es lief bestimmt schon zum zehnten Mal seit unserer Anreise der Film `Tatsächlich Liebe´, der auf Dauer ziemlich nervig sein konnte. Die Dauergucker schienen ihn zu lieben.

      Der mit Spannung erwartete Morgen brach an. Wir frühstückten und machten uns auf, unser zukünftiges Zuhause in Empfang zu nehmen. Matthias war da, das Auto war da, wir waren da. Alles paletti! Nun hatten wir endlich einen fahrbaren Untersatz. Doch nur nicht zu früh gefreut, wir mussten ihn ja noch bei den Behörden ummelden. Und dieses Vorhaben geriet zu einer kleinen Odyssee. Da in Australien jeder Staat seine eigenen Gesetze und Regeln hat, war es nicht leicht, unseren Ford Falcon mit dem Kennzeichen 1AUP-650 auf Annes Namen anzumelden und alle nötigen Plaketten zu erhalten. Wir befanden uns in Queensland, unser Auto kam aus Western Australia. Somit fühlte sich niemand so richtig dafür zuständig.

      Alle sagten nur: »Nee, das geht hier nicht, da müsst ihr da- und dorthin.«

      Da und dort angekommen, erzählte man uns wieder das gleiche. Anne platzte der Kragen.

      »Ich drehe durch! Das kann doch nicht so schwer sein, ein blödes Auto registrieren zu lassen«, stöhnte sie entnervt.

      Es dauerte eine Weile, sie zu beruhigen. Nach langem Hin und Her schafften wir es, alles unter Dach und Fach zu bringen. Eigentlich konnten wir los. Aber halt! Nicht ohne meinen Führerschein.

      »Hoffentlich kommt der morgen. So lange fahre ich einfach schwarz«, meinte ich zu Anne.

      Wir kauften allerhand Krimskrams und Verpflegung ein - genügend Wasser, Brot, Büchsenware,