Wolf Stein

100% Down Under


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weiiiiiiiiiiiiiißßßßßßßßßßßßßßßßß!!!!!!!!!!«

      Da war aber jemand ganz schön geladen.

      Nachdem ich Annes kleinen Wutanfall verdaut hatte und ihre Temperatur auf Normalpegel zurückgegangen war, zogen wir los in den Dschungel.

      Ich dachte die ganze Zeit: »Warum zieht sie sich die linke Socke über den rechten Fuß? Hm, typisch Frau!«

      Die Wanderung dauerte ewig. Ein schmaler, schlammiger und somit rutschiger Pfad führte uns durch dichtes Gestrüpp beständig bergauf. Anne sandte Stoßgebete gen Himmel: »Bitte keine Schlangen, bitte keine Schlangen!« Dies schien zu helfen, denn uns kroch nicht mal ein einsamer Regenwurm über den Weg.

      Nach langer, anstrengender Kletterei, kamen wir am `Gipfel´ an. Ein traumhafter Blick über den Regenwald bis hin zum Meer entschädigte für die Strapazen des Aufstiegs. Ab hier ging es entlang eines Felsenkammes nur noch für erfahrene Kletterer mit entsprechender Ausrüstung weiter. Uns genügte jedoch der erreichte Punkt, denn wir mussten den ganzen Weg auch wieder zurück. Die Tage waren noch sehr kurz. In der Dunkelheit hätten wir schlechte Chancen, zurück zu finden. Die Tatsache, mit Anne hier oben zu stehen, zeigte mir, dass sie kein Weichei war. Wenn es sein musste, konnte sie durchziehen. Da machte das bisschen Meckern dann auch nichts. Irgendeine zimperliche, zartbesaitete Zicke hätte diesen Aufstieg nie geschafft. Doch auf Anne war Verlass.

      Ein paar Stunden später - wieder auf Höhe des Meeresspiegels angekommen - pflückten wir uns die aufgehalsten Blutegel von den Beinen und sahen uns das Schild mit der Wegbeschreibung genauer an.

      Dort stand: Geben Sie unbedingt jemandem Bescheid, bevor Sie sich an diesen Track wagen! Nehmen Sie genügend Wasser mit! Starten Sie früh genug und planen Sie mindestens sieben Stunden für Hin- und Rückweg ein!

      Nun ja, zugegeben, die Sicherheitsbestimmungen hatten wir nicht ganz befolgt …

      Stolz und erschöpft fuhren wir in Richtung Nachtlager.

      Wenn wir am Cape Trib bei Ebbe am Strand entlang spazierten, waren jedes Mal aufs Neue riesige Flächen mit kleinen Sandkügelchen übersät. Diese bildeten einen regelrechten Teppich. Das sah nicht nur kurios aus, sondern fühlte sich ebenfalls sehr angenehm unter den Füßen an, wie eine sanfte Massage. Als Verursacher entlarvten sich unzählige kleine, blaue Krabben, die den Sand nach Nahrung durchsiebten und die Kugeln als Abfallprodukte hinterließen. Rannten wir hinter ihnen her, hielten die Tiere an und verbuddelten sich blitzschnell im nassen Boden. Das fanden wir sehr witzig.

      Die Wetterlage gestaltete sich mehrheitlich sonnig, aber ab und an gab es Tage, an denen wir deutlich zu spüren bekamen, dass die Regenzeit noch in den Nachwehen lag. Nach zirka einer Woche verließen wir deshalb den Strand. Vorher tauschten wir aber noch Adressen mit Rastamann Matthias aus.

      »Wenn ihr nach Auckland kommt, schaut einfach bei mir vorbei.«

      »Klar, machen wir. Bis dahin alles Gute. Halt die Ohren steif!«

      Unser Ford Falcon Stationwagon sprang ohne Probleme an. Mit ihm hatten wir einen guten Griff gemacht. Jetzt ging es auf den Inlandstraßen wieder Richtung Süden. Unser Ziel war das Atherton Tableland, eine Tafellandschaft, von deren Schönheit wir schon viel gehört hatten. Auf dem Weg dorthin machten wir an der Mossman-Schlucht halt und gaben uns im türkisgrünen Flussbecken des Mossman River einem ausgelassenen Badevergnügen hin.

      Der Tag neigte sich bald wieder seinem Ende entgegen. Verzweifelt auf der Suche nach einem Rastplatz für die Nacht, fuhren wir durch kurvige Straßen, nach links, nach rechts, hoch und runter. Als wir am Straßenrand eine geeignete Restarea fanden, war es schon sehr spät. Die meisten Rastplatzcamper schliefen bereits in ihren Bussen oder Zelten. Wir befanden uns kurz vor dem kleinen Kaff Mount Moloy. Nicht weit von uns entfernt flackerte ein Feuer. Drumherum saßen drei alte Männer, die fröhlich erzählten, sich etwas kochten und Büchsenbier tranken. Da wir Hunger hatten, ging ich rüber, um zu fragen, ob es in der Nähe einen Imbiss gäbe, der noch offen hat.

      Sie antworteten: »Ja, fünf Kilometer weiter gibt es eine Kneipe und einen kleinen Kiosk. Aber ob ihr da jetzt noch was bekommt? Setzt euch doch zu uns. Hier haste ein Bier.«

      Ich rief Anne, die gleich rüber kam. Einer der Männer hieß Bill Hunter. Er kam aus der Stadt Charters Towers. Bill hatte drei kleine Hundewelpen dabei. Diese waren so niedlich, dass wir sie am liebsten adoptiert hätten. Die beiden anderen Herren waren Brüder aus New South Wales. Sie beendeten gerade ihren mehrwöchigen Angelurlaub.

      Die Gastfreundschaft der Australier haute uns um. Man kam schnell ins Gespräch, verstand sich prächtig und hatte schon nach wenigen Minuten das Gefühl, dazu zu gehören. Nachdem Anne und ich jeder eine Büchse Bier intus hatten, entschieden wir uns, trotz aller Gemütlichkeit, doch noch die fünf Kilometer zu fahren, um uns etwas Größeres hinter die Kiemen zu hauen. Wir hielten vor der Kneipe. Im Inneren war es rappelvoll, aber etwas zu essen ... Fehlanzeige! Die Bedienung fragte uns, ob wir aus Deutschland kämen.

      »Ja, kommen wir. Sieht man das etwa?«

      »Ja, ich kann das sehen. Ich bin Roberta. Kommt mit nach draußen, unsere Küche hat zwar schon geschlossen, aber nebenan gibt es einen Kiosk. Vielleicht bekommt ihr da noch was.«

      Sie wollte unsere Namen wissen. Als ich mich vorstellte, fing sie an zu lachen. Was war denn an Woody so schlimm? Ich sagte ihr, dass mein richtiger Name Wolf-Dietrich sei und irgendwann aus `Wo´ und `Di´ der Spitzname Woody entstanden ist.

      Sie meinte nur: »Dann nenn dich hier lieber nur Wolf.«

      Woody bedeutet umgangssprachlich nämlich so viel wie Latte oder Steifer. Näher muss ich darauf wohl nicht eingehen. Es leuchtete mir ein, dass es von jetzt an besser wäre, mich nur noch Wolf rufen zu lassen. Also Wulf, wie man es auf Englisch ausspricht.

      Auf den wenigen Metern bis zum Kiosk kamen uns einige laut gestikulierende Alkoholopfer entgegen. Von einem in der Nähe ausgetragenen Kricketturnier wollten sie zum `Nachtanken´ in die Kneipe.

      »So spät spielen die hier noch Kricket?« fragte ich. »Die sind doch alle verrückt. Und wen interessiert überhaupt Kricket?«

      Freunde hätten wir uns mit dieser Einstellung bestimmt nicht gemacht, denn Kricket ist neben Rugby Volkssport Nummer 1 in Down Under.

      Am Kiosk bekamen wir zum Glück noch zwei Sandwiches, die uns von einem sehr kuriosen Pärchen serviert wurden. Der Kioskinhaber hieß Rudi. Er stammte aus der Schweiz und seine Frau aus Mexiko. Beide hatten sich vor etlichen Jahren eine gemeinsame Existenz im Land der Kängurus aufgebaut. Neben dem Kiosk kümmerten sich die beiden um verletzte und verlassene Tierbabys, deren Mütter überfahren oder erschossen worden sind. Zur Demonstration holte er ein kleines Possum aus seinem Gehege. Es saß die ganze Zeit auf Rudis Kopf. Ich setzte mir das kleine Bündel auch kurz auf meinen Haarschopf, doch bei mir hatte es zu viel Angst. Also gab ich es gleich wieder an Rudi zurück.

      Plötzlich lallte ein äußerst hässlicher und dummdreister Jemand von der Straße: »Die Viecher muss man alle abknallen!«

      Auch er kam vom Kricketspiel. Manche Menschen können so unglaublich beknackt aussehen.

      »Hau bloß ab, du Vollidiot!« rief Rudi wütend.

      »Jetzt gibt’s ne Schlägerei«, dachten wir uns.

      Doch nach einem harten Wortgefecht zog die `dumme Sau´, wie wir den torkelnden Volltrunkenen nannten, weiter in Richtung Kneipe. Rudi brachte das Possum zurück in seinen Bau. Dann ging der Abend erst richtig los. In seinem früheren Leben hatte Rudi seinen Lebensunterhalt als Hafenarbeiter in Hamburg verdient, deshalb kramte er nun all seine vergessen geglaubten Deutschkenntnisse hervor.

      »Wenn ihr aus Deutschland kommt, kennt ihr doch bestimmt `Die Flippers´?«

      Was sollte denn diese Frage? Wir befürchteten das Schlimmste. Und das trat auch ein. Rudi wühlte in seinem Tonträgerregal und präsentierte uns mit stolzer Brust ein paar alte Flippers-Kassetten.

      »Neiiin, bloß nicht einlegen!« beteten wir in Gedanken.

      Doch