Jay Baldwyn

Die Magie der Vergangenheit


Скачать книгу

in den Gesteinsformationen einen natürlichen Ursprung, was zu heftigen Kontroversen führte, da die Formationen verhältnismäßig exakte Proportionen und Kanten aufwiesen, sodass man von durch Menschen errichteten Bauwerken ausgehen müsse. Meine Eltern und ich schlossen uns ebenfalls der These von einer bislang unbekannten Zivilisation an.

      Die Reise nach Vancouver verdankte ich dem Umstand, dass ein ehemaliger Studienkollege meines Vaters inzwischen dort lebte. Von dort aus waren es zwar noch über tausend Kilometer bis zu dem kanadischen Ort Kitsault, doch die nahmen wir gern in Kauf. Versprachen wir uns doch ein ähnlich spektakuläres Erlebnis wie in Bodie, denn es handelte sich nicht um eine dem Verfall preisgegebene Geisterstadt, sondern um einen Ort, der gerade eben erst verlassen worden zu sein schien.

      Eine Firma, die in der Region Molybdän abbaute, ein Metall zur Härtung von Stahl, Schmiermittel oder für die Produktion von elektrischen Bauteilen, hatte 1979 die geniale Idee gehabt, für die Minenarbeiter eine Kleinstadt zu errichten. Zeitweilig sollte es dort bis zu zweitausend Einwohner gegeben haben. Als der Preis für das Metall schon zwei Jahre später unerwartet fiel, wurde die Mine geschlossen und die Stadt aufgegeben. Seitdem beschäftigte die Firma einen Wärter, der alles in Ordnung hielt. Mittlerweile konnte man gegen eine entsprechende Gebühr alles besichtigen und sogar in eigens dafür errichteten Appartements dort wohnen.

      Der Besucherandrang war an jenem Tag nicht sehr groß, sodass wir alles in Ruhe erkunden konnten. Meine Mutter beschlich schon bald ein beklemmendes Gefühl angesichts der menschenleeren Geschäfte und Wohnungen. Im kleinen Supermarkt gab es zwar ordentlich aufgereihte Einkaufswagen, aber gänzlich leere Regale. Nur die öffentliche Bücherei wies volle Regale auf, als würde jeden Moment jemand ein Buch ausleihen wollen. Der frisch gemähte Rasen vor den Häusern passte zu den jeweils vollständig eingerichteten Wohnungen: Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche waren zum Teil mit Teppichboden ausgelegt. Es gab frisch gemachte Betten und mit Kaffeegeschirr gedeckte Tische vor den Couchgarnituren. Die Fernseher wirkten allerdings etwas antiquiert, waren es doch Modelle der frühen achtziger Jahre. Kisten mit Spielzeug zeugten davon, dass auch Kinder hier gelebt hatten. Im Einkaufszentrum befand sich ein Kino und sogar ein Schwimmbad, dessen Wasser jedoch nicht sehr einladend wirkte.

      Als meine Eltern sich mit einem Ehepaar unterhielten, nahm ich die Gelegenheit wahr, mich allein etwas umzusehen. Zuerst steuerte ich das Einkaufzentrum an. Anders als zuvor war das Kino jetzt gut besucht. Auf der Leinwand lief der Kultklassiker Shining von Stanley Kubrick. Den hatte ich zu oft gesehen, deshalb ging ich gleich wieder. Aber Moment mal, in was für eine Veranstaltung war ich da eigentlich geraten? Alle Besucher trugen Kleidung und Frisuren der späten siebziger und frühen achtziger Jahre. War das eine Sondervorstellung für Nostalgiker? Ich hatte gar keine Ankündigung gesehen. Ein Wunder, dass der Projektor überhaupt noch funktionierte. Oder hatte man ihn gegen einen modernen ausgetauscht? So viel Aufwand für ein paar interessierte Besucher?

      Dass da etwas nicht stimmen konnte, wurde mir klar, als ich am Supermarkt vorbeikam. Denn jetzt waren die Regale gefüllt – zum Teil mit Produkten, die man schon lange nicht mehr kaufen konnte. Ins Schwimmbad kam ich erst gar nicht hinein, aber ich hörte fröhliches Kinderlachen und Wasser plätschern.

      Als ich erneut eine der Wohnungen aufsuchte, zweifelte ich endgültig an meinem Verstand. Dort spielten Kinder auf dem Fußboden bei laufendem Fernseher. Es lief stilecht eine uralte Folge der Fernsehserie „Ein Colt für alle Fälle“, die hier natürlich unter dem Originaltitel „The Fall Guy“ gesendet wurde. In der Küche klapperten Töpfe und Teller, und es zog ein appetitlicher Duft durch die Wohnung. Jetzt bedauerte ich noch mehr, dass man mir in dem Schnellrestaurant nicht den gewünschten Burger verkauft hatte. Besser ausgedrückt: Man hatte mich vollständig ignoriert. Ebenso erging es mir mit den spielenden Kindern. Sie taten, als gäbe es mich gar nicht. Als die Mutter kurz hereinkam und durch mich hindurchsah, ergriff ich endgültig die Flucht.

      In der Nachbarwohnung standen die Türen offen, obwohl niemand zu sehen war. Ich war plötzlich so müde, dass ich mich ohne lange zu zögern auf eines der Ehebetten legte, ohne die orange gemusterte Tagesdecke zu entfernen. Und ich schlief umgehend ein.

      Als ich erwachte, war es heller Tag. Dabei hatte ich mich doch am späten Nachmittag hingelegt. Sollte ich wirklich die ganze Nacht durchgeschlafen haben? Meine armen Eltern. Die mussten doch schon halb verrückt vor Sorge sein. Ich sprang auf und lief nach unten. Im Haus war es mucksmäuschenstill. Als wären die Bewohner alle ausgegangen.

      Draußen sah ich in einiger Entfernung meinen Vater mit einem Wächter sprechen. Als er mich sah, lief er sofort auf mich zu.

      »Sag mal, bist du von allen guten Geistern verlassen?«

      »Eher im Gegenteil, Vati.«

      »Was soll das denn heißen? Deine Mutter ist außer sich. Wir haben die halbe Nacht nach dir gesucht. Sag mir sofort, wo du gesteckt hast.«

      »Ich fürchte, das wirst du mir nicht glauben. Ich kann es ja selbst kaum verstehen.«

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBIcC7gDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwDMopaK +0Pz0Sil