Wolfgang Ferdinand Vogel

Schuld sind die Schulden


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      Wolfgang Ferdinand Vogel

      Schuld sind die Schulden

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Statt eines Vorwortes: was ist Armut?

       Solo für einen Buben

       Verbrechen lohnt sich nicht mehr

       Der 20jährige Rosenkrieg

       Wenn der Tag 28 Stunden hat

       Die taube Nuss

       Nie wieder eine taube Nuss

       Ba, Ba, Banküberfall

       Patrick und die kriminelle Karriere

       Einmal abwärts, bitte

       Kein Nest für das Kuckuckskind

       Unter Brüdern

       Das Glück ist ein Schwammerl

       Obdachlos und kein Boden unter den Füssen

       Überqualifiziert

       Satz und – kein Sieg

       Die Betriebsrätin

       Impressum neobooks

      Statt eines Vorwortes: was ist Armut?

      Vor einigen Jahren alterierten sich Boulevard-Blätter über die Feststellung: … Personen sind arm, weil sie kein Handy haben. Das Handy war damals auf einer Schwelle zwischen dem reinen Luxus und einer Notwendigkeit für sehr viele. Ohne wäre nicht einmal die Arbeitssuche möglich gewesen.

      Damals gab es auch noch Festnetz; aber keine Anschlüsse dort wo sie gebraucht wurden um am sozialen Leben teilnehmen zu können.

      Dieser Ausflug in die – allerjüngste – Geschichte sollte nur aufzeigen, dass die Armut auch eine Tochter der Zeit ist. Eine wenig begehrenswerte.

      Die Geschichten im Folgenden drehen sich immer um die Frage: was ist Armut? Armut bedeutet Verzicht sagt man so als erste Reaktion.

      Wir leben in einem Zeitalter in dem der Verzicht medienwirksam ausgelebt wird. Meist handelt es sich um Luxusprobleme. Man verzichtet auf das Handy, das Internet, auf Lebensmittel, die von weit her transportiert werden, auf Flugreisen und auf ein Zuviel an Verpackung. Alle diese Verzichtabsichten sind wichtig und richtig. Sie zeigen auf, dass manches auch anders geht und nicht alles selbstverständlich ist.

      Aber diese Verzichte müssen freiwillig sein und nicht zu einer gesellschaftlichen Norm emporstilisiert werden. Jemand der aus welchen Grund immer Anschluss an den Arbeitsmarkt sucht, kann nicht auf das Internet verzichten; er würde sich in eine digitale Eremitage begeben.

      Der unfreiwillige Verzicht kann Menschen so weit einschränken, dass sie nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Die folgenden Geschichten zeigen Menschen, die mit viel Mut versuchen, sich selbst aus dieser Misere zu befreien. Sie ziehen sich selbst am Schopf aus dem Sumpf, um ein literarisches Vorbild zu bemühen. Denn allzu viel darf man von „der Politik“ nicht erwarten. Auch dazu kann man ein literarisches Vorbild bemühen: William Shakespeare. Im weniger bekannten Stück „König Johann“ meint einer der Helden: „Solange ich ein Bettler bin, will ich gegen Reiche wettern und behaupten, es gäbe keine größere Sünde, als reich zu sein. Und wenn ich reich bin, soll mein Vorteil darin bestehen, dass ich behaupte, es gäbe kein größeres Laster als Armut.“

      Die folgenden Seiten gehören Menschen, die das Schicksal nicht nur hinnehmen, sondern dagegen ankämpfen. Und denen gehört auch mein Herz.

      Solo für einen Buben

      Es war am frühen Nachmittag – die Bürotüre wurde vorsichtig geöffnet. Ein Bub – rund zehn Jahre alt trat herein. Während ich noch überlegte was er wollte und wie ich ihm sagen sollte, dass er sicherlich falsch ist, hatte er schon am Besuchersessel des Schreibtisches Platz genommen. Schuldnerberatung dazu war er deutlich noch zu jung. Aber auch im übrigen Haus, in dem Langzeitarbeitslose betreut werden, gab es eigentlich kein Angebot für ihn.

      Das kümmerte ihn nicht: „Da bin ich richtig!“ konstatierte er, nahm seinen Schulrucksack auf die Knie und zog ein großes, dickes Kuvert heraus: „Die Mama arbeitet grad den zweiten Tag. Da kann sie net weg. Aber vielleicht geht’s auch so – hat sie gmeint.“ Ich ziehe die Papiere aus dem Kuvert. Aufmerksam beobachtet mich der junge Mann: „Wann was fehlt sag mas. Ich kann geschwind heim gehen und das holen.“

      Ich bin beeindruckt! Alle noch fehlenden Unterlagen sind da. Nichts fehlt! Ich ordne die Unterlagen auf dem Schreibtisch mache Stöße; immer aufmerksam beobachtet von dem jungen Mann. „Fehlt eh nix?“ fragt er „wir haben das noch gestern durchgeschaut und da hat alles gepasst.“

      Was soll ich sagen? Ungewöhnlich, aber es ist perfekt. „Du bist gut ausgerüstet…“ meinte ich mit einem Blick auf seinen Schulrucksack. „Ja, bei so einem Wetter braucht man einfach einen Tee…“ deutet er auf die Thermoskanne. Und auf die Jausenbox zeigend meint er: „die Mama macht Aufstriche die sind viel besser als alles was Du zum Kaufen kriegst…“

      Mein junger Besucher gehört also nicht zu den Schülern die es cooler empfinden, in der Schule die Jause zu kaufen – und dann zu schimpfen, dass es nix gescheites gibt. „Deine Mama und Du – ihr seid ein starkes Team?“ „Klar doch!“ meint er, „vorige Woche war ich beim Papa auf Besuch und er hat ma die Autorennbahn zeigt. Nur für mich wenn ich auf Besuch komm.“ Schildert er mir die familiäre Situation: „aber ich hab ihm gesagt er soll das Geld er Mama geben, dann kann ich bei der Schulfahrt mitfahren.“

      Was soll man da noch sagen? Zum Glück habe ich ein paar Bonbons, die ein Klient dagelassen hat. Ich biete sie ihm an. Höflich fragt er, ob er auch welche nach Hause mitgehen darf. Zur Mama nehme ich an. Er verstaut alles in seinem Rucksack, reicht mir die Hand. Bei der Tür dreht er sich um: „Du bringts das eh hin, dass uns wieder besser geht…“

      Verbrechen lohnt sich nicht mehr

      Angeklagt ist ein typischer Kleinkrimineller. Einer auf Abwegen. Mit einem „Bruch“ hat er sich auf ein völlig neues Geschäftsfeld gewagt: eingebrochen ist er in die Zweizimmerwohnung eines alleinstehenden Rentners. Die Beute wurde ihm zum Verhängnis.

      Jedem