K.B. Stock

Die Erben der Larojaner


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Evolution dort schon ein ganzes Stück weiter vorangekommen ist, als in unserem Landegebiet. Und die Religionen dieser Südkulturen, wie auch die Sagen der hiesigen Einwohner sprechen ja von Göttern, die mit Feuerwagen vor Äonen von Jahren in den Himmel gefahren sind. Auch die gentechnischen Untersuchungen der Keltoi deuten, wenn auch nicht zu 100 Prozent, auf eine Verwandtschaft zwischen uns und den hiesigen Einheimischen hin.

      Und wie wir ja schon aus den Orbitaluntersuchungen wissen, gab es ja nicht nur in der Nähe unseres Landegebiets vor sehr langer Zeit ganz offensichtlich größere Meteoriteneinschläge, die mit Sicherheit fast alles Leben in einem globalen Maßstab vernichtet haben – der riesige und der kleinere Krater, den wir nordwestlich von hier erforscht haben, genauso, wie die großen Krater, die wir auf und um den zweiten großen Nord-Süd-Kontinent im westlichen Ozean geortet haben, sind dafür der Beweis. Die Grabungen, die unsere Teams mit unseren Beibooten bei den jeweiligen Geländeverwerfungen durchgeführt haben, lassen sich eindeutig auf große Meteoriten- oder gar Asteroideneinschläge vor rund 60 Millionen Jahren datieren.“

      Dabei schaute Alek-Kher immer wieder auf den freien Platz der Pilotin Karo-Ther – an Bord war es inzwischen kein Geheimnis mehr, dass der 2. Offizier der KUNTUR in die Cousine von Mora-Lhan verliebt war, sich aber momentan noch scheute, ihr seine Gefühle offen zu zeigen.

      Karo war derzeit nicht an Bord, weil sie den Oberbefehl über die nach wie vor an unterschiedlichen Orten operierenden Außenkommandos übernommen hatte.

      „Und die ermittelte Datierung von rund 60 Millionen Jahren entspricht ebenfalls in etwa der aus unserer Geschichte bekannten Zeitspanne, zu der unsere Vorfahren damals als Aussiedler nach LARO 5 kamen“, sagte Rando-Khar.

      „Aber das ist noch keine vollständige Erklärung – Kommandant, denken Sie nur an den Asteroidenring, von dem wir inzwischen annehmen, dass dies der ehemalige 5. Planet des ursprünglichen 9-Planeten-Systems gewesen sein muss“, fuhr er gerade fort, als sich die Ortungszentrale meldete. „Wahrscheinlich ist bei dessen Explosion ein größeres Stück hier auf diesem Planeten eingeschlagen“, fügte er noch hinzu, ehe Sero-Mirs Gesicht auf einer Interkom-Bildschirmkonsole der Zentrale erschien.

      „Kommandant, ich habe da etwas in der Ortung, das mir äußerst merkwürdig vorkommt“, meldete Sero-Mir aufgeregt über die Interkom-Anlage. „Ich erfasse gerade ein größeres Flugobjekt, das aus dem Raum mit sehr hoher Geschwindigkeit auf unseren Standort zurast und das bereits sehr nahe ist.

      Könnte wieder ein Meteor aus diesem verdammten Asteroidengürtel sein, aber ich bekomme das Objekt für eine einwandfreie Identifizierung nicht genau in die Ortung!“

      „Wie viele Einsatzteams sind momentan draußen?“ fragte Kommandant Tarek-Khor sofort.

      „Ungefähr die Hälfte der Besatzung ist unter Führung von Karo-Ther mit acht Beibooten im weiteren Umfeld unseres Landeplatzes unterwegs.

      Und ein weiteres Boot, die KUNTUR-9, untersucht gerade unter der Leitung von Mora-Lhan nochmals aus einer niedrigen Umlaufbahn den 4. Planeten, auf dem es zwar kein Leben, aber anscheinend doch marginale Reste antiker Bauwerke zu geben scheint“, antwortete der 2. Offizier Alek-Kher.

      „Verständigen Sie die Außenteams, sie sollen mit den Beibooten unverzüglich in Deckung gehen, die Schutzschirme aktivieren – und, sofern noch möglich, sofort in den freien Raum starten und sich dort mit der KUNTUR-9 treffen.

      Wir starten auch – Maschinenraum klar zum Alarmstart, Schutzschirme hoch“, befahl Tarek-Khor – und in Richtung des Leitenden Funkoffiziers rief er: „Aktivieren Sie den automatischen Notruf per Hyperfunk – sofort!“

      Doch die Zeit reichte nicht mehr – die Ortung hatte das anfliegende Objekt zu spät entdeckt. Zwar konnte die KUNTUR noch vom Boden abheben und an Höhe gewinnen, da zerplatzte der große Meteor schon in der Atmosphäre und stürzte in einem mächtigen feurigen Trümmerfeld im Bereich östlich des Sees zu Boden.

      Die gerade startende KUNTUR wurde von der heranrasenden Druckwelle auf ein Hochplateau in der Nähe des ursprünglichen Landeplatzes geschleudert und dort unter herabstürzenden Fels- und Geröllmassen begraben. Fünf der acht gestarteten Shuttles hatten es geschafft, dem herabstürzenden Trümmerregen zu entkommen. Drei Boote waren hingegen mit größeren glühenden Fragmenten kollidiert und trotz der Schutzschirme mitsamt ihren Besatzungen explodiert.

      Die somit übrig gebliebenen sechs Beiboote, darunter auch die vom heutzutage ‚MARS‘ genannten 4. Planeten zurückgeeilte KUNTUR-9, hatten den Notstart und den Absturz der KUNTUR mitverfolgt und hielten sich nun mit ihren Aggregaten zur Schwerkraftneutralisation lautlos ca. 10.000 m hoch über der Unglücksstelle. Allen überlebenden Shuttlekommandanten war sofort klar, dass man mit der Reichweite und Kapazität ihrer Kleinschiffe keine interstellaren Distanzen überwinden konnte, womit ein Rückflug nach LARO 5 sowieso nicht zur Debatte stand. Deshalb beschloss man, als der Trümmerregen abgeebbt war, erneut in der Nähe der havarierten KUNTUR zu landen.

      „Stellvertretende Kommandantin an alle Beiboote: Wir gehen jetzt zunächst tiefer. Wenn sich die Staub- und Trümmerwolke gelegt hat, machen wir uns anschließend auf die Suche nach der verunglückten KUNTUR – vielleicht gibt es ja Überlebende“, gab Mora-Lhan von der KUNTUR-9 aus über Normalfunk Befehl an die übrigen verbliebenen fünf Boote. Einen Notruf in die Heimat schenkte sie sich, da sie wusste, dass die schwachen Hyperfunkgeräte der Beiboote den Heimatplaneten ohnehin nicht erreichen konnten.

      Es dauerte eine geschlagene Woche, ehe die Beiboote wieder einen Anflug zur Absturzstelle der KUNTUR wagen konnten. Die Ebene des ehemaligen Landeplatzes und etliche Siedlungen der Keltoi waren komplett durch das Wasser des benachbarten Sees überflutet worden – schon aus dem Orbit war zu erkennen gewesen, dass ein Tsunami die östlichen Konturen des Sees deutlich verändert und einen Teil der Siedlungen mit allem Leben verschlungen hatte.

      Nach Abgleich aller Ortungsaufzeichnungen der Boote wurde die Absturzstelle der KUNTUR auf einem höheren Plateau des Vorgebirges genau lokalisiert. Mit den starr in Flugrichtung in die Beiboote eingebauten Impulsstrahlern gelang es schließlich, an das havarierte Schiff heranzukommen und die große Bodenschleuse, die jetzt ein wenig schräg auf der Seite lag, vorsichtig zu öffnen. Dazu hatten die Beiboote mit ihren Thermostrahlern zunächst den Platz auf einer Seite der Absturzstelle eingeebnet und das Geröll sowie herabgestürztes Felsgestein weggeschmolzen.

      Und trotz allem Unglück – es gab Überlebende der ungeheuerlichen Katastrophe. Rund 40 der an Bord verbliebenen Besatzungsmitglieder, darunter auch der unglückliche Kommandant Tarek-Khor, der 2. Offizier Alek-Kher und die übrigen zurück gebliebenen Führungsoffiziere, hatten es in der besonders stark gepanzerten Zentrale des Schiffs – wenn auch mehr oder weniger stark verletzt – schließlich geschafft, am Leben zu bleiben.

      Auch die äußerst robusten Androiden hatten keinen Schaden davon getragen. Allerdings hatten die meisten Crewmitglieder, die in den äußeren Bereichen des Schiffs und in der Antriebssektion Dienst getan hatten und sich nicht mehr anschnallen konnten, wegen des Ausfalls der Andruckneutralisatoren keine Überlebenschance gehabt.

      Mora-Lhan traf auf einen vollkommen am Boden zerstörten Kommandanten. So hatte sich dieser die Durchführung seines letzten dienstlichen Auftrags ganz sicher nicht vorgestellt. Tarek-Khor war schwer verwundet und nur noch ein Schatten seiner selbst, da er nicht wusste, ob sein letzter Befehl zum Notruf nach LARO 5 noch rechtzeitig ausgeführt worden war.

      Mit Blick auf die ziemlich demolierte Funkzentrale blieb das auch weiterhin im Ungewissen, da die Hyperfunkanlage und damit alle Aufzeichnungen ein- und ausgehender Sendungen beim Aufprall am Boden beschädigt worden waren.

      Tarek-Khor erlag schließlich noch im Jahr der Katastrophe seinen Verletzungen und Mora-Lhan übernahm endgültig das Kommando über das havarierte Schiff.

      Zum Glück waren die unzerstörbare Schiffshülle aus Ultranit und vor allem die weiter im Inneren gelegenen Labors und die medizinische Abteilung des Schiffs weitestgehend von der Katastrophe verschont geblieben, so dass wenigstens den zahlreichen leichter Verletzten unter den Besatzungsmitgliedern rasch geholfen werden konnte.

      Nach etlichen Monaten