Hans J. Unsoeld

Asiatische Nächte


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für die westliche Unterstützung der deutschen Wiedervereinigung gegeben.

      Die Geschichte hat grimmige, noch eindrücklichere Beispiele auf Lager. Das Parade­beispiel, die fran­zösische Revolution, hat zwar „nur“ etwa 5000 Menschen den Kopf unter der Guillotine gekostet, doch das war der Preis, für den die bislang herrschende blutsaugende Kaste genügend zum Verschwin­den gebracht werden konnte. Die russische Revolution erforderte schon sehr viel mehr durchaus wertvolle Köpfe. Teutschlands entscheidende Revolution heißt der Zweite Weltkrieg und wurde von faschisti­scher Seite begonnen. Aber dieses grausige Gemetzel war schon keine Revolution mehr, sondern ein welt­weiter Krieg.

      Und wie mochte das jetzt im Dschungel weitergehen? Friedfertige Methoden beein­drucken Holzköpfe selten,- also nichts Gutes zu vermuten. Zu groß scheinen generell die Privilegien zu sein, die die Etablierten unter dem Status Quo genießen. Es scheint allein zwei Varianten zu geben: Revolution oder Krieg,- nur im Aus­maß unterschied­lich. In einer solchen Situation den Auguren spielen zu wollen, wäre unsinnig. So bleibt einem armen Reisen­den nur der Rückzug ins Privatleben.

      Dieser hatte auch mit der orangenen Revolution geliebäugelt. Doch weder im von ihm geliebten Odessa und im erträumten Lemberg noch bei den buddhistischen Mönchen noch bei seinen „ange­stamm­ten“ Lesern fanden seine Vorstellungen wesentliche Resonanz (oh, Italien sei von dieser Kritik etwas ausge­nommen!), so dass also ein viel radikalerer Rückzug in ganz andere Gefilde nötig zu sein schien. Er verkleidete sich also als ein Rabe.

      Kap. 5 Der Rabe

      Dieser Rabe, ein scheinbar etwas weltfremder Vogel, der gerne das Bewusstsein mit der Gießkanne begoss, lebte lange Zeit ohne das Gefühl, ein Nest bauen zu wollen oder müssen. Seine Kinder hatte er nach der Art eines typischen Rabenvaters zur Selbständigkeit erzogen oder hingenommen, dass sie in ein anderes Nest verlegt wurden. So konnte er dorthin flattern, wo es ihm für sein Bewusstsein richtig erschien.

      Nein, hier soll jetzt nicht über Bewusstseinsreisen erzählt werden. Ebenso wenig soll darüber sinniert werden, ob den Rabenkindern damit wirklich ein Unrecht getan worden ist, wie manche rechtgläubige Seelen immer wieder behaupteten. Auch über den nicht sehr schmeichelhaften Vorwurf, das teure Bewusstsein genau wie das Geld mit einer Gießkanne verplempert zu haben, soll hier kein einziges Wort geäußert werden. An dieser Stelle geht um den Nestbau selber.

      Zoologische Vögel bauen ihre Nester meist in einer zwar nicht übermäßig ordentlichen, aber doch annähernd runden Form durch Sammeln von einzelnen Bauteilen auf einem hohen Baum, damit nicht eine Katze daherkommt und das ganze Glück zerstört. Doch wie bei allen Tieren gibt es auch bei den Raben Mutanten, die eben anders aussehen oder sich anders verhalten. Der scheinbar egozentrische Rabe, von welchem hier die Rede ist (Corvus humanis), hatte den inneren Trieb, sich ein vierdimensionales Nest bauen zu wollen.

      Die vier Dimensionen standen ihm aufgrund seines Studiums zur Verfügung. Es handelte sich um drei räumliche und eine zeitliche, welche den üblichen menschlichen Ausmaßen entsprachen. Letzteres dürfte verständlich sein, weil sich die Mutation offensichtlich durch Verseuchung mit humanen Genen ergeben hatte, was auch seinen lateinischen Gattungsnamen erklärt. Dass die räumlichen Dimensionen durchaus ihren Reiz hatten, merkte er recht bald bei seinen Flügen rund um die dreidimensionale Kugel, die seine Welt darstellten. Mit dem imaginären Charakter der vierten Dimension, der zeitlichen, hatte er anfänglich noch seine Schwierigkeiten. Das lag wohl an den Realitäten der Zeit, als er flügge geworden war,- an einem eher als irreal zu bezeichnenden Erziehungssystem in einer völlig irren Zeit.

      Da der Rabe also mit der vierten Dimension Probleme hatte, beschäftigte er sich verstärkt mit den anderen drei Dimensionen. Während vieler Jahre erforschte er ( man verzeihe dieses wahrscheinlich viel zu hoch gegriffene Wort!) die räumlichen Dimensionen ande­rer Länder und stieß dabei immer wieder auf ein Phänomen, dass ihn sehr beschäftigte und oft so gefangen nahm, dass er es mit der Erforschung dieser Länder regelrecht verwechselte. Es handelt sich um Kontakte mit Katzen, die doch angeblich so gefährlich für den Nestbau sein sollten.

      Schnell merkte er, dass ein Großteil der Probleme mit Katzen sprachlicher Art war. Die Katzen verstan­den sein Gekrächze ausgesprochen schlecht, mochten es oft nicht einmal, und machten nur geringe Anläufe, es selber erlernen zu wollen. So beschäftigte er sich ein wenig mit Genetik und versuchte, die Gründe dafür herauszufinden. Doch schon bald hörte er von Ergebnissen in ganz anderen Forschungs­berei­chen, welche besagten, dass bei Katzen die sozialen Gene viel stärker ausgeprägt sind. Da sie außerdem hervorragende Wahrnehmungsorgane haben, vor allem gute Augen und Ohren sowie lange Schnurr­haare, sind sie Meister im Erkennen des Geruchs von Geldscheinen. Umgekehrt kann ein Rabe nur sehr schlecht mit solchen Scheinen umgehen.

      Also beschäftigte er sich selber mit Katzensprachen. Diese hingen stark von der jeweiligen Gegend ab, worüber auch die scheinbare Ähnlichkeit aller Katzensprachen nicht hinweg täuschte. Denn natür­lich hatte er die verschiedenen Katzenlaute zunächst nur als Schnurren, und Knurren unterschie­den. Dieser Unterschied schien ihm ziemlich grundlegend und gefiel ihm gar nicht so sehr. Als Vogel wusste er, dass Knurren Gefahr bedeutete, auch wenn das Vögeln noch so schön zu sein und auch der Katze zu gefallen schien. So empfand er auch bei dem Schnurren immer mehr Skepsis.

      Beim Erlernen der Katzensprachen stieß er wieder auf das Problem mit der Zeit. Zeit kam ihm immer mehr als etwas sehr Reales vor, was ihm davonzulaufen schien. War die Zeit einfach seine eigene Lebens­zeit, deren Länge er aus dem Internet genau kannte? Eine neue Sprache auch nur halbwegs vernünftig zu erlernen brauchte jeweils mehrere Jahre. Die ohne viel Stolz erzählte Liste seiner Sprachen wurde immer länger: Plattdeutsch, Latein, Altgriechisch, Schweizerdeutsch, Französisch, Russisch, Algol, Eng­lisch, Italienisch, Spanisch, C-Sprache, und schließlich sogar ein wenig Thailändisch, was in seinen Ohren am verführerischsten, aber auch schwierigsten klang, von bald wegen mangelndem Katzen­interesse wieder abgebrochenen Katzensprachen wie Dänisch, Ungarisch und Tschechisch ganz abgese­hen. So fühlte er, dass er damit die ihm zur Verfügung stehende reale Zeit ein wenig zu leichtfertig und nicht immer sinnvoll verwendete.

      Was tun? Nachdenken über die Zeit, oder über die Sprachen, oder gänzlich aufhören, darüber nachzu­denken, was die Werbung an den Litfaßsäulen zu empfehlen schien? Nichts erwies sich als die per­fekte Lösung, so dass er wieder auf das alte, nur in Seglerkreisen gut bekannte Verfahren zurück­greifen musste, nach welchem man gegen die allgemeine Windrichtung liegende, nicht direkt ansteuerbare Ziele im Zickzackkurs zu erreichen versuchen soll.

      Kap. 6 Die Panterkatze

      Ein Rabe im Dschungel fühlt sich magisch von den dortigen wunderschönen Katzen angezogen. Über deren Gefährlichkeit für einen nur müde flatternden Vogel war sich zwar im Prinzip im Klaren, aber den­noch nicht völlig überzeugt. Sollte er nun einen weiten Bogen um sie herum machen und ihre funkeln­den Augen und ihre geschmeidigen Bewegungen nur von einem hohen Ast aus betrachten, oder konnte er es wagen, sich an ihre Futterplätze zu begeben und ihnen näher zu kommen? Die Neugier über­wog,- wer wagt, gewinnt, und schon immer hatten ihn Gegensätze angezogen. Ob es unter den als Raubkatzen etikettierten herrlichen Exemplaren Mutanten gab, die ähnlich empfanden?

Die Vogelhütte (retouchiert)

      Das Problem schien von derart gefährlicher Natur zu sein, dass er erst einmal auf eine abgelegene Insel flatterte und dort Ausschau hielt. Alles schien dort ganz harmlos zu sein und die eigentliche Gefahr nur in der Gefährdung seines schwarzen Rabenrufes zu liegen. Selbst eines seiner Rabenkinder hatte schon tiefe Abscheu geäußert. Die anderen wollten einfach nicht zur Kenntnis nehmen, was er schrieb. Na ja,- er ließ sich erst einmal in einer Vogelhütte am Meeresstrand nieder, und lockte dann eine der hier lebenden schwarzhaarigen Panterkatzen dorthin. Sie ging beim Geruch von Geldscheinen schnurrend darauf ein.

      Zu seiner Überraschung entpuppte sich die verführerisch schöne schwarze Katze als eine orangene. Das Vögeln in der Vogelhütte nahm sie als Meditation, nachdem sie sich dreimal