Frank Alves

Sampa Girls - Fußballfieber


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Laura tritt in die Bremsen und hält rechts an. Auf dem Fußballplatz spielt niemand, und auch die Straße ist leer. Niemand ist da, der den Überfall bemerken könnte.

       „Gib' mir Dein Geldbeutel, Dein Schmuck, Dein Handy und leere Deine Taschen! Schnell“, befiehlt der Junge.

       Laura folgt den Anweisungen und gibt das, was er fordert. Als der Junge den Geldbeutel durchschaut, entdeckt er Lauras Polizeiausweis.

       „Scheiße! Du bist eine Polizistin! Du bist eine Scheiß Polizistin. Wo ist Deine Waffe? Gib' mir sofort Deine Waffe!“

       Der Junge wird immer hektischer und nervöser. Er steckt den Lauf seiner Pistole in Lauras Mund und drückt ihren Kopf gegen die Nackenstütze des Fahrersitzes. Mit der linken Hand tastet er ihren Oberkörper ab. Schon nach wenigen Griffen bemerkt er Lauras Waffe. Er öffnet ihre Jacke und zieht ihre Waffe aus der Halterung. Laura lässt das alles ohne besondere Gegenwehr über sich ergehen.

       „Da haben wir das gute Stück, Frau Kommissarin“, triumphiert der Junge und zieht seine Waffe aus Lauras Mund. „Jetzt steig' aus renne auf den Fußballplatz. Schnell! Schnell, sonst jage ich Dir 'ne Kugel in den Kopf.“

       Laura befolgt die Anweisungen. Sie löst ihren Sicherheitsgurt vom Auto, öffnet die Fahrertür und verlässt das Fahrzeug. Sie rennt auf den Fußballplatz. Als sie sich das erste Mal umdreht, sieht sie wie der Junge auf der Fahrerseite ihres Autos sitzt. Er zeigt ihr noch den Mittelfinger und fährt mit dem Wagen davon.

       Da steht Laura nun allein auf einem Fußballplatz in Capão Redondo ohne Auto, ohne Geld, ohne Handy, einfach ohne alles. Sie überlegt wie sie am besten nach Hause kommen kann. Die einzige Möglichkeit, die sie derzeit sieht, ist ein Taxi zu nehmen und den Fahrer zu bitten mit ihr in ihre Wohnung zu kommen, wo sie ihn bezahlen kann. Sie geht den Weg zurück, wie sie mit dem Auto gekommen ist. Nach einer halben Stunde erreicht sie die Avenida Carlos Caldeira Filho. Dort winkt sie am Straßenrand ein Taxi zu sich. Sie klagt dem Taxifahrer ihr Leid. Der Fahrer akzeptiert, dass Laura kein Geld hat und ihn erst in ihrer Wohnung bezahlen kann.

       „Soll ich Sie nicht auch zu einer Polizeistation fahren, um den Überfall und den Autodiebstahl anzuzeigen?“ fragt der Fahrer.

       „Nein danke“, antwortet Laura. „Ich will erstmal nach Hause. Zur Polizei kann ich später noch zu Fuß gehen.“

       Sie erzählt dem Fahrer nicht, dass sie selbst Polizistin ist. Sie denkt auch, dass sie diesen Überfall erstmal nicht anzeigt, weil es ihr zu peinlich ist, dass ein Kind bzw. ein Jugendlicher ihr das Auto weggenommen hat, ohne dass sie reagiert hat. Nach einer dreiviertelstündigen Fahrt erreichen sie ihr Apartment in Jabaquara. Das Taxometer zeigt 75 Reais an. Sie nimmt den Fahrer mit in ihre Wohnung, drückt ihm 100 Reais in die Hand und sagt: „Stimmt so! Sie haben mir in meiner großen Not sehr geholfen!“

      Der Fahrer freut sich über das extrem hohe Trinkgeld, bedankt sich bei Laura und verabschiedet sich mit einem Handkuss.

       Als der Fahrer weg ist, ruft Laura ihre Bank an, um ihre Bankkarte und ihre Kreditkarte sperren zu lassen. Ihren Handychip lässt sie erstmal nicht sperren, denn man könnte das Handy eventuell orten lassen. Sie ruft ihre Handynummer an, aber das Gerät scheint ausgeschaltet zu sein, oder der Akku ist schon leer. Weil sie sich durchgeschwitzt fühlt, geht sie unter die Dusche. Danach legt sie sich erstmal ins Bett, da sie sich sehr müde fühlt. Mittlerweile ist es draußen dunkel geworden. Nach wenigen Minuten schläft sie ein.

      5

       Es ist 9:30 Uhr am Sonntag morgen als Laura vom Klingeln ihres Telefons, das neben ihrem Bett liegt, geweckt wird. Sie greift gähnend zu Hörer und nimmt den Anruf an:

       „Hallo ?“

       „Hallo Laura, hier ist Janaina. Hab' ich Dich etwa geweckt ?“

       „Nein, kein Problem., Janaina. Ich habe, glaube ich, nur schlecht geträumt“, antwortet Laura immer noch gähnend.

       „Heute gehen wir doch ins Stadion Pacaembu. Wo willst Du parken ? Fährst Du bis zum Stadion mit dem Auto ?“

       „Ich fahre nicht mit dem Auto, ich werde mit der Metro kommen.“ Laura will vom Überfall und dem Autodiebstahl nichts erzählen.

       „Oh, wie kommt das denn. Dann komme ich auch am besten mit der Metro. Wo und wann wollen wir uns treffen ?“

       „Das spielt beginnt um 16 Uhr. Ich würde sagen, dass wir uns um 15 Uhr an der Metrostation Clinicas treffen. Ist das ok für Dich?“akzeptiert den Termin. Sie erklärt sich auch bereit Naomi zu informieren. Die beiden verabschieden sich voneinander.

       Nachdem dem Telefonat geht Laura unter die Dusche. Während das Wasser über ihren Körper prasselt, denkt sie über den vorigen Tag und den Überfall nach. Danach verlässt sie das Bad, zieht sich an, geht in die Küche, kocht sich einen Kaffee und macht sich ein Sandwich. Als sie am Tisch sitzt, den Kaffee trinkt, und das Sandwich ißt, klingelt wieder das Telefon. Sie steht auf und sucht nach dem Telefon. Sie folgt dem Klingelton, findet das Gerät im Wohnzimmer und hebt ab:

       „Hallo ?“

       „Hallo, hier ist Wachtmeister Lu Barreta von der Polizeistation Capão Redondo. Spreche ich da mit Laura Ferreira ?“

       „Ja“

       „Wir haben ihr Auto gefunden. Es hat die Ausfahrt einer Tiefgarage versperrt. Die Türen waren nicht verschlossen. Wir mussten den Wagen leider abschleppen. Ist Ihnen der Wagen gestohlen wurden ?“

       „Nein, nicht das ich wüsste“, lügt Laura und bekommt dabei einen roten Kopf, aber zu ihrem Glück kann der Wachtmeister am anderen Ende des Telefons das nicht sehen.

       „Ich habe den Wagen gestern Nachmittag hier auf der Straße abgestellt und bin davon ausgegangen, dass er noch dort steht. Warten Sie kurz, ich schaue gerade mal zum Fenster raus, ob er noch da steht.“legt das Telefon kurz zur Seite und geht ein paar Schritte im Wohnzimmer. Dann nimmt sie sich das Telefon wieder und sagt:

       „Sie haben recht. Das Auto steht nicht mehr da, wo ich es gestern abgestellt habe. Das muss wohl jemand geklaut haben.“

       „Können Sie nach Capão Redondo zu unser Polizeistation kommen, den Wagen identifizieren und ihn danach mitnehmen ?“ fragt der Wachtmeister.

       „Ja, sicher“, antwortet Laura. „Ich muss noch einen Ersatzschlüssel suchen. Ab wann kann ich denn kommen ?“

       „Sie können ab sofort kommen oder später, das ist uns egal. Vergessen Sie nur nicht, dass Sie sich ausweisen müssen.“

       „Ok, ich muss noch überlegen, wie es mir zeitlich am besten passt“bedankt sich höflich für den Anruf. Dann verabschieden sich beide voneinander und beenden das Telefonat.Zeit später greift sich Laura ihren Pass und verlässt ihre Wohnung. Sie läuft zu Fuß zur Metrostation Jabaquara, um dort einen Omnibus Richtung Marginal Pinheiros zu nehmen. Sie kennt sich mit den Buslinien nicht so gut aus, deshalb fragt sie sich durch. Wie üblich in São Paulo kennt niemand den genauen Weg. Jeder Passant, den man fragt, gibt seine Vermutungen zum Besten, aber keine weiß etwas mit Sicherheit. So entscheidet sich Laura, einen Bus zum Terminal Santo Amaro zu nehmen. Nach 40-minütiger Fahrt erreicht der Bus das Terminal. Von hier geht Laura direkt in die Metrostation Largo Treze. Dort fährt die Linie 5, die Laura direkt nach Capão Rendo bringt. Angekommen an der Metrostadion in Capão Redondo fragt sie sich diesmal erfolgreich durch und nimmt einen weiteren Bus, mit dem sie zur Polizeistation fahren kann. Bevor sie die Polizeistation betritt, bleibt sie kurz stehen und überlegt, was sie sagen soll. Den Überfall will sie immer noch verschweigen. Die Frage ist, ob die Kollegen wissen, dass sie auch eine Polizistin ist und ob der Vorgang an ihre Dienststelle weitergeleitet wird. Was ist, wenn dieser Carlos oder wie er auch heißen mag, bereits festgenommen ist, und erzählt dann die Geschichte des Überfalls. Zu viele Fragen, auf die sie keine Antworten hat, gehen ihr durch den Kopf. Sie beschließt, einfach rein zu gehen und nur auf die Fragen der Kollegen zu reagieren. Sie betritt das Gebäude und geht zum Schalter. Da kommt auch schon ein Polizist auf der anderen Seite des Schalters auf sie zu und begrüßt sie:

       „Guten Tag“

       „Guten Tag, ich habe einen Anruf von Ihnen