Elise Lambert

Die schwarze Macht


Скачать книгу

ty-line/>

      Die schwarze Macht

      Die schwarze Macht

      Mystery-Krimi

      von

      Elise Lambert und Thomas Riedel

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar

      2. Auflage (überarbeitet)

      Covergestaltung:

      © 2019 Susann Smith & Thomas Riedel

      Coverfoto:

      © 2019 depositphoto.com

      Impressum

      Copyright: © 2019 Elise Lambert & Thomas Riedel

      Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

      »Jenseits des Raums, jenseits der Zeit

      dehnet sich wild, dehnet sich weit

      ein dunkles Land.

      Auf schwarzem Thron,

      regiert ein Dämon …«

      Edgar Allan Poe (1809-1849)

      Kapitel 1

      D

      ichter Regen durchschnitt den frühen Abend wie mit silbernen Messern, und der bereits dunkle Himmel bezog sich mit noch dunkleren Massen wirbelnder, schwarzer Wolken, die der peitschende Wind vom Atlantik herübertrug. Nur selten hatte sich die Sonne blicken lassen. Schon seit Tagen herrschte diese unbestimmte Wetterlage in der Grafschaft Sutherland, hoch oben in Schottland, an der extrem dünn besiedelten Nordküste der Highlands – genauer gesagt in Durness, einem kleinen Dorf, gut dreißig Meilen westlich von Tongue, das ausschließlich über zwei einspurige Straßen zu erreichen war. Die um diese Jahreszeit ständig herrschenden Stürme über dem rauen Atlantik bogen die Bäume, und wäre es bereits Herbst gewesen, sie hätten die rötlichbraun gefärbten Blätter mit einem Mal vollständig weggefegt. Es waren unfreundliche, nasskalte und dunkle Tage, die in den Menschen diesen gewissen Zustand von Melancholie wachriefen – eine bittere Melange von Schwermut, Schmerz und Nachdenklichkeit, die darin zum Ausdruck kam, nur wenig Freude am Leben zu haben.

      Der traditionelle Gasthof bildete so etwas wie einen Mittelpunkt der Gemeinde, obgleich es noch ein zweites Wirtshaus gab, das mit seinen vierhundertsiebzehn Jahren sechs Jahre älter war als das ›Smoo Cave‹. Hier versammelte sich der Großteil der Männer des Dorfes nach vollbrachter Arbeit. Schweigend tranken sie hier ihr dunkles, starkes Bier und ließen sich zu einem Spiel Darts hinreißen, welches sie zumeist ebenso wortlos absolvierten.

      Ian Robertson, der Wirt, überblickte von seinem erhöhten Standort aus die Gäste, füllte Gläser nach und achtete penibel darauf, dass seine beiden Töchter ununterbrochen beschäftigt waren.

      »Probier‘ mal den Hirsch, der ist gut!«, rief er einem seiner Gäste zu. »Kenny hat ihn geschossen.«

      »Einverstanden«, kam es fröhlich zurück, »aber vorher will ich einen anständigen Whisky!«

      »Welchen willst du?«, rief der Wirt fragend zurück und deutete auf eine Reihe bernsteinfarbener Flaschen, deren Namen viel besser über die Zunge gingen, wenn man schon zwei, drei Gläser von ihnen getrunken hatte. »Craigellachie, Bunnahabhain oder Bruichladdich?«

      »Bunnahabhain!«

      Kenny Morrison, der am Tresen saß, lachte. Es klang ein bisschen wie bei Ernie aus der Sesamstraße und mündete in einem mittelschweren Hustenanfall. Er war ein Mann von gedrungener Statur, mit leichten Segelohren, wenig Haar und viel Glatze. Sein Kopf war rot und sein Gesicht etwas aufgedunsen. Das Leben hatte seine Spuren hinterlassen. Er trug einen dunkelblauen Seemannspullover mit der Aufschrift ›Sealord‹, auch wenn jeder wusste, dass er nie beim Militär, geschweige denn zur See gefahren war. Ja, nicht einmal schwimmen konnte er.

      Es kehrte wieder Stille ein. Robertson füllte ein Glas und ließ dabei seinen Blick schweifen. An der Gruppe Archäologen, die sich bei ihm einquartiert hatten und schon seit Wochen in der Nähe ihren Ausgrabungen nachgingen, blieb er hängen.

      Mary, seine älteste Tochter, brachte gerade heißen Punsch an den Tisch von Prof. Lamondt mit seinen Assistenten Jake Miller und Clark Butcher.

      Langsam brach die Dämmerung herein, und die Konturen in dem behaglich eingerichteten Gastraum begannen zu verwischen.

      Auch Lamondt und seine Helfer saßen schweigend und gedankenvoll an ihrem runden Eichentisch. Mit einer Miene des Bedauerns sah der Professor auf den Rest seiner Zigarre, während er sorgfältig die Glut in dem großen, schweren Kristallaschenbecher ausdrückte.

      »So, wie es aussieht, war es das wohl. Unsere Arbeit hier in Durness ist vorerst beendet«, stellte er mit gedämpfter Stimme fest, und brach damit das Schweigen. »Summa sumarum ist festzuhalten, dass es sich mehr als gelohnt hat. Im Vorfeld hätte ich es kaum für möglich gehalten, derartig viele, vor allem aber so gut erhaltene, Artefakte zu finden. Auch wenn uns die exakte Auswertung aller Funde noch über Monate hinaus beschäftigen wird, lässt, was ich bisher gesehen habe, bereits den Schluss zu, dass wir auf eine sehr interessante alte Kultstätte gestoßen sind.«

      Die klugen Augen in Clark Butchers schmalem Gesicht blitzten in triumphierender Freude. »Stimmt«, bestätigte er zufrieden. »Mit einer solchen Ausbeute war wirklich nicht zu rechnen.« Er hatte den Satz gerade beendet, als die altertümliche Tischlampe aufflammte und die Ecke, in der die Männer saßen, in ein gemütliches warmes Licht tauchte.

      Prof. Lamondt zog seine Taschenuhr hervor, ein schweres, altmodisches silbernes Monstrum. Er ließ den Deckel aufspringen und las mit zusammengezogenen Augenbrauen die Zeit ab. Dann zuckte er ungeduldig die Achseln. Seine Miene umwölkte sich ein wenig, und man spürte deutlich, dass dies seine Art war gegen unnütze Verzögerungen zu protestieren.

      »Sagt mal, hat einer von euch eine Ahnung wo Robert steckt?« Lamondt sah seine Assistenten fragend an. »Er sollte doch schon längst hier sein.«

      Clark Butcher zeigte ein leichtes unwissendes Achselzucken, während in den Mundwinkeln von Jake Millers asketischen Gesichtes ein missmutiger Ausdruck lag.

      »Ich habe keine Ahnung. Heute Morgen sind wir gegen kurz vor acht Uhr noch gemeinsam mit dem Geländewagen zur Ausgrabungsstätte gefahren, und wir sind auch zusammen wieder zurück.« Miller nahm einen Schluck Punsch und sprach weiter: »Zurück waren wir gegen zwei Uhr. Ich dachte, er würde auch aussteigen, meinte dann aber, er müsse noch einmal zurück, weil er etwas vergessen habe. Habe mich etwas gewundert und nachgefragt, aber er hat nichts dazu nicht gesagt.« Miller runzelte nachdenklich die Stirn. »Mit ist nur aufgefallen, dass er die ganze Zeit über einen eigenartig abwesenden Eindruck gemacht hat.« Lächelnd sah er den Professor an. »Na ja, Sie wissen ja selbst, wie schnell er beleidigt ist. Deshalb habe ich nicht weiter nachgehakt. Außerdem hielt ich es nicht für wirklich wichtig.« Er warf einen Blick in Richtung der Eingangstür. »Ich bin sicher, er wird jeden Augenblick auftauchen.«

      Butcher war ein hagerer Bursche, mit einem energischen Gesichtsausdruck, der seine schulterlangen schwarzen Haare immer zu einem Zopf gebunden trug. Er nickte bestätigend. »Als du ausgestiegen bist, habe ich zufälliger Weise aus dem Fenster gesehen, Jake«, untermauerte er Millers Aussage. »Du warst kaum ausgestiegen, da ist er in einem Tempo davongerast, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.«

      Seine letzten Worte waren noch nicht verklungen, als man von draußen das Geräusch eines vorfahrenden Wagens hörte – jaulende Bremsen und ein kurz aufheulender Motor. Gleich darauf wurde kraftvoll eine Wagentür zugeschlagen. Dann öffnete sich die Tür zum Schankraum, und Robert McIntire kam herein.