E. W. Schreiber

Himmel und Hölle so nah


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Vergangenheitsbewältigung, Befreiung von übernommenen, unreflektierten, gesellschaftlichen Zwangskonventionen, persönliche Entfaltung und Weiterentwicklung waren beinahe drei Jahrzehnte lang Sinn und Zweck meines Lebens.

      Durch mein zweites Nahtoderlebnis erkannte ich die Notwendigkeit zu lernen, mich mir selbst und meinem körperlichen Leben liebevoll anzunähern, es wert zu schätzen und jedem Lebewesen, ganz gleich auf welchem Bewusstseinsstand es sich auch befinden mag, Achtung, Interesse, Toleranz, Lebensberechtigung und Verzeihung zuzuschreiben. Dies war ein langer, schmerzhafter und sehr lehrreicher Weg, der mich über meine Mitmenschen lehrte, vor allem mich selbst zu achten und mir selbst die Berechtigung zuzuschreiben am Leben zu sein, mir das Recht einzuräumen, meinen Platz in dieser Welt einzuehmen und ein gutes, selbstbestimmtes, aber vor allem selbstverantwortliches Leben führen zu dürfen. Alles, was ich in diesen Jahren zur Umsetzung bringen musste, können wir als Hauptfächer, die positiv zu absolvieren sind, den ersten drei Volksschulklassen zuordnen. Es sind die Voraussetzungen, die es braucht, um überhaupt eines Tages gut sterben zu können.

      Heute schreiben wir den 10. November 2018. Vor einigen Wochen, genauer gesagt am 22. Oktober 2018, hätte ich um ein Haar meine vier Kinder zu Halbwaisen und meine Ehefrau zur Witwe gemacht. Dass es nicht so kam und ich soeben drauf und dran bin wider Erwarten nach einer sehr schweren plötzlichen Erkrankung, die mir fast das Leben gekostet hätte, wieder zu genesen, habe ich der Liebe zu verdanken.

      Mein Leben in puren Genuss zu verwandeln und mein Dasein mit allen Sinnen zu genießen, habe ich mir in der dritten NTE hinter meine Ohren geschrieben.

      So stehe ich am Anfang dieser Reise und seit jenem Oktobertag fühle ich mich mehr denn je wie ein fein gestimmtes Instrument, das der Welt noch einmal mit all meinen übersinnlichen und weltlichen Sinnen begegnen darf. Dieser Prozess fühlt sich wie eine Wiedergeburt mitten im Leben an. Dies war meine dritte NTE innerhalb meines Lebens.

      Mein Name ist Elvira. Ich bin fünfundvierzig Jahre alt und mit Leib und Seele Mutter. Meine beruflichen Herausforderungen, denen ich mich, wenn es mir möglich ist als Diplompädagogin, Autorin, Musikerin und Komponistin, Reinkarnationstherapeutin (Rückführungsleiterin und Clearingsleiterin) mit sehr viel Liebe und Hingabe widme sowie meinem ganz persönlichen Steckenpferd der Bewusstseinsforschung und der Quantenphysik, sind Eckdaten, die ein wenig von und über mich verraten. Viele meiner Mitmenschen meinten seit jeher, anhand ihrer eigenen Erfahrungen und Überzeugungen, dass ich nicht gerade auf die Butterbrotseite des Lebens gefallen wäre und dass das Leben es nicht so gut mit mir gemeint hätte. Immer wieder werde ich gefragt, „Elvira, was hat dich am Leben gehalten? Wie hast du diesen Wahnsinn gemeistert, ohne daran zugrunde zu gehen? Woher nimmst du diese Liebe und die Intensität, so durchdringend, echt und präsent dem Leben zu begegnen?“ Es wurde nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich ein schweres Los zu tragen hatte, irgendwie beschädigte Ware war und ein jeder, der noch halbwegs bei Verstand geblieben ist, sich die Frage stellen würde, wie ein Mensch all diesen Schmerz, die immense Last und die schweren Verluste überhaupt überleben kann. Ganz ehrlich, ich sah mich nie als dieser Mensch. Ich sah andere Menschen, die ein viel schlimmeres Schicksal hatten als ich. Ich hatte Glück und war an den Himmel angekoppelt, auch wenn dies bedeutete, dass ich mir gerade deshalb so schwer dabei tat, meinen Weg im körperliche Leben und in einer stabilen Erdung zu finden.

      Diese vagen, allerdings sehr persönlichen Kurzinformationen lassen erahnen, mit welcher Art Mensch und Frau du es hier zu tun bekommst.

      Aber lass dich von Fakten und scheinbaren Äußerlichkeiten und Begebenheiten nicht täuschen. Wir alle, also auch du und ich, sind mehr als die Summe unserer Einzelteile, mehr als eine Anreihung von Fähigkeiten, Schicksalsschlägen, Genen und was weiß ich noch alles, worauf wir uns stützen, sobald wir unsere Bewertungsmaschinerie anwerfen.

      Die dimensionenübergreifende Perspektive

      Ich gehöre zu jenen Menschen, die in ihren Erzählungen und Erklärungen gerne hin und her springen. Dies liegt nicht etwa daran, dass ich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht voneinander zu unterscheiden vermag. Nein, vielmehr ist es so, dass ich Erfahrungen und Geschichten gerne so wiedergebe wie ich sie erlebt habe. Multidimensional.

      Das Leben ergründet sich mir meist, indem ich aus einer dimensionenübergreifenden Perspektive erlebe und erfasse. Es ist ein zeitloses Erfassen. In unserer dreidimensionalen, materiellen Welt gibt es die Zeit. Der Mensch braucht lineares Erleben, um besser lernen und nachvollziehen zu können. Chronologisch aneinandergereiht in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erfahren, verstehen und begreifen wir unsere Welt. In der Bildsprache gesprochen bin ich der Adler, dem man zwar nicht die Flügel jedoch die Beine mehrmals gebrochen hatte. So konnte ich nicht mehr landen, um Himmel und Erde in mir zusammen zu bringen. Ich musste erst heilen, mich der Welt erneut stellen und mir als nunmehr Erwachsener und vollständig selbstverantwortlicher Mensch mein Adlerpotential zurückerobern und auf ganzer Ebene neu leben lernen.

      Nahtoderfahrene, sensitive, hoch emphatisch-sensible Menschen und all jene, die dimensionenübergreifend das Leben begreifen, werden mir dabei zustimmen, wie mühsam und schwierig es ist, nichtlineare, multidimensionale, bewusstseinserweiternde Erfahrungen in lineare Form zu bringen und diese dann im Idealfall auch gleich in verständnisvolle Worte zu übersetzen und erfassbar zu machen.

      Es ist, als würde man den Versuch starten, einen fertig entwickelten Fötus, der kurz vor seiner Geburt steht, in ein Hühnerei zu zwängen. Ich werde mein Bestes versuchen, um diese Unmöglichkeit fertig zu bringen. Die Eischale entspricht also dem Bewusstsein eines jeden Einzelnen, welches verschieden groß ist. So verschieden weit das Bewusstsein eines jeden einzelnen Individuums reicht, so ist mir bewusst, dass das Ei beim einen platzen und beim anderen nicht bersten wird. Für jene Leser/innen, bei denen es platzt, hat das Buch seinen Zweck erfüllt. Denn genau für jene Menschen habe ich es geschrieben.

      Ich liege in meinem Bett und beginne die ersten Seiten dieses Buches in meinen PC zu tippen, während ich drauf und dran bin mich von meiner schweren Erkrankung zu erholen. Warum ich dieses Buch schreibe? Ich sollte es schreiben. Wer oder was sagte mir denn, dass ich es schreiben sollte? Nun, wer oder was auch immer es war, der oder das mir mitteilte es schreiben zu sollen, kann ich nicht mit Namen benennen, noch kann ich den Worten eine Gestalt zuordnen. Auch bin ich nicht in der Lage einen Beweis dafür anzutreten, dass ich nicht völlig übergeschnappt bin. Ich kann dir liebe/r Leser/in nur eines versichern:

      Als ich vor einigen Wochen mit einem septischen Schock in die Intensivstation eingeliefert wurde, erfuhr ich ganz bewusst zum dritten Mal in meinem Leben etwas, das man als NTE bezeichnet. In dieser dritten NTE wurde ich darauf hingewiesen, dem Schreiben treu zu bleiben und diese dritte, sehr umfangreiche Erfahrung mit meinen zwei bereits erlebten NTEs zu verknüpfen.

      Aus erster Hand werde ich ihnen, liebe/r Leser/in, offen und ehrlich darüber Bericht erstatten, was in jenen bemerkenswerten Momenten vorging, als ich dem Tod erneut so nahe war.

      Vorgeschichte und Erste Nahtoderfahrung/en

      Meine alkohol- und drogenabhängige Mutter versuchte mehrmals mich abzutreiben. So erlebte ich 1974 meine erste Sterbeerfahrung gleich nach meiner Geburt. Es war tiefster Winter und meine Mutter hatte mich gleich nach der Geburt als Frühchen in eine Wanne mit eiskaltem Wasser geworfen, um mich zu entsorgen. Mein Lebensretter, ein Rettungsfahrer, hörte laut Aussage ein kleines Baby um sein Leben brüllen, lief in die Wohnung, aus der das Babygeschrei kam und fischte mich halbtot aus der Wanne mit Eiswasser. Er reanimierte mich erfolgreich, wickelte mich in warme Decken und brachte mich auf direktem Weg ins Krankenhaus. Ein paar Wochen später landete ich wieder bei meiner Mutter, die mich im Drogenrausch erneut versuchte zu töten. Diese Erinnerungen in gesammelter Form möchte ich als meine erste NTE bezeichnen, weil sie mich mit dem was ich seither als lebendige, intensiv gefühlte Bilder in mir trage, etwas ins Leben mitgab, das ich mehr als alles andere brauchen sollte. Die Sicherheit, dass es den Himmel sicherer gibt als das Leben auf Erden, und dass ich allumfassend und endlos geliebt werde, ganz egal wo ich war.

      Ich war wenige Wochen alt und meine Mutter ließ mich tagelang alleine