Harald Kanthack

EHER LERCHENJUBEL ALS UNKENRUF


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dieses Nichts doch einmal näher anschauen. Du lachst. Mit Recht. Denn Nichts kann man nicht anschauen, sich noch nicht einmal vorstellen. ’Nichts’ ist ein Wort für etwas, was es nicht gibt. Ein Begriff, der alles, was existiert, ausschließt, einschließlich des Raumes und der Zeit, in dem alles existiert. 'Im Nichts gibt es nichts‘, wäre demnach ein unzutreffender Ausdruck, denn er suggerierte einen Raum, in dem sich nichts befände.

      Ob allein schon dann nichts existieren könnte, wenn es keinen Raum gäbe? Umgekehrt gefragt, ob es etwas geben kann, das sich nirgendwo befindet. Eine Frage, deren Beantwortung dazu führt, dem Raum eine tatsächliche Existenz außerhalb eines Gehirnes absprechen zu müssen. Einen Raum allein kann man weder sehen, noch hören, weder schmecken noch ertasten. Riechen kann man ihn auch nicht. Was ich von ihm sehe, sind seine Begrenzungen. Was ich von ihm höre, sind von anderen Dingen erzeugte Geräusche.Was ich von ihm schmecke, ist nicht der Innenraum des hohlen Schokoladeneies, sondern seine Hülle. Versuche ich, einen leeen Raum zu ertasten, z.B. im Dunkeln, haben ich erst Erfolg, wenn ich an seine Wände stoße. Die gehören zwar zum Raum, sind aber nicht der Raum. Was ich von ihm rieche, ist der im Raum gelagerte Handkäse. Den Raum nehmen wir also keineswegs mit unseren Sinnen wahr, wir stellen ihn uns bloß im Kopf vor. Nur da ist er und sonst nirgendwo. Dass hierauf schon viele vor mir mit anderen Worten hingewiesen haben, ändert nichts am Sachverhalt. Wenn ich also im Folgenden weiterhin den Begriff Raum verwende, dann nur im Sinne einer theoretischen Hilfskonstruktion, ohne die sich eine Argumentation schwierig gestalten würde.

      Absolute Dunkelheit, in der man die Hand vor den Augen nicht sieht, mag jeder schon einmal erlebt haben. Sie weicht nur dem Licht. Nun versuche, dir eine Dunkelheit vorzustellen, die nicht durch Licht verdrängt wird und dennoch nicht vorhanden ist. Unvorstellbar, nicht wahr? Es ist nichts zu sehen, dennoch nicht dunkel. Nun nimm noch den weg, der nichts sieht und alles das, was im Sein ist, ebenfalls. Lässt du auch noch den Raum und die Zeit verschwinden, wo und zu der sich das ereignen könnte, ist das Nichts nicht da, sondern es ist alles weg. Keineswegs aber ist es woanders. Ein Woanders ist nämlich auch nicht vorhanden.

      Das Nichts kann nicht da sein; es ist zu definieren durch Abwesenheit von allem, einschließlich seiner selbst. Wo nichts ist, gibt es auch das Nichts nicht ( ‘wo‘ dient hier nur als sprachliches Hilfsmittel und bezieht sich nicht auf einen Ort). Und die Zeit? Wo und wie sollte die jetzt noch verrinnen? Es geschieht ja mangels Raum und Materie nichts.

      Irgendwie kommt man mit der Zeit nie zurecht. Weder im praktischen Leben, noch in der theoretischen Auseinandersetzung mit ihr. Zu vermuten ist, sie spielt in der Wirklichkeit, der eigentlichen, die uns unbekannt ist, gar keine Rolle; ist das, was man so treffend ein Hirngespinst nennt, das sich manchen auch als Käfig bemerkbar macht. Will sagen, wie der Raum ist auch die Zeit mit unseren fünf Sinnen nicht zu erkennen. Ist, wie ebenfalls schon vor mir erkannt wurde, vor aller Erfahrung in unsere Vorstellungswelt implantiert worden. Daher man sich auch Raum und Zeit nicht wegdenken kann. Die Realität außerhalb unseres Kopfes wird sich dadurch aber nicht beeinflussen lassen. Die im Kopf schon, deswegen im weiteren der Begriff Zeit durchaus noch Erwähnung finden wird.

      Außerdem: der gegenwärtige Augenblick – und nur in diesem lebst du tatsächlich – ist zeitlos. In ihm selbst ist Zeit nicht zu erleben, lediglich schauen wir von ihm aus in die Zeit (der Vergangenheit und Zukunft). Das heißt, sprechen wir von einer bestimmten Zeit, ist es immer die vergangene oder die zukünftige.

      Des weiteren: für uns sind die Dinge so, wie sie uns erscheinen. Und ob es jenseits der Erscheinung eine andere Wirklichkeit als die uns erscheinende gibt, ist zwar anzunehmen, aber bisher nicht bewiesen worden. Urteilen wir über die Welt, dann über die, welche unsere subjektiven Sinneseindrücke uns vermitteln. Eine von diesen Eindrücken unabhängige Außenwelt kennen wir nicht.

      Doch wieder zum Nichts. Wo nichts ist, kann es natürlich auch keinen Anfang geben. Vor ihm ist eben nichts, aus dem er sich hätte entwickeln können, noch nicht einmal ein leerer Raum oder eine für sich allein ablaufende und beziehungslose Zeit.

      Lassen wir dennoch aus dem Nichts etwas entspringen, dann bitte komme keiner mehr, dies oder jenes sei mit unserer Logik nicht zu vereinbaren und deshalb zu verwerfen. Wenn das Unmögliche nicht nur für möglich,sondern gar als der Beginn alles dessen, was vorhanden ist, anerkannt wird, dann ist uns eigentlich eine Schimpansenhorde überlegen. In der, so weit bekannt, ist die absurde Idee, das Nichts sei die Grundlage des Seins, noch nicht entwickelt worden.

      Immerhin, so könnte ein Spitzfindiger einwerfen, ist Nichts doch ein Begriff und als solcher existent, z.B. in diesem Text hier. Nun, dann ist auch ein Kanonenelefant existent.Was das ist? Ein Elefant, dem die Natur statt eines Rüssels ein Geschützrohr aus bestem Stahl verpasst hat. Da oben steht das Monster, bestehend aus 14 Buchstaben.

      Ernstzunehmender ist allerdings der Einwand, das Universum den Regeln der Logik unterwerfen zu wollen, sei typischer Ausfluss des „anthropozentrischen Mittelpunktwahnes“ (Hoimar v. Ditfurth). Nur weil diese Regeln,die wir nicht abwerfen können,in unserem Gehirn herumspukten, könne man sie noch lange nicht auch außerhalb der kleinen Menschenherde als gültig voraussetzen. Was jedoch kümmere es das All, wo unsere Logik eine Grenze setze.

      Tja, was soll man dazu sagen? Allem Anschein nach bleibt dann nur noch die Flucht in einen philosophischen Dadaismus übrig oder über die letzten Dinge und Fragen bloß noch ein Lallen. Zum Beispiel darüber, wie unproblematisch die Frage 'Wie ist die Welt beschaffen?' ist angesichts der eigentlichen Sensation der Sensationen, nämlich dass sie ist. Nicht was darin alles möglich, sondern wie es möglich ist, dass überhaupt etwas möglich ist. Eine Frage, deren Tiefe keiner Antwort die Chance gibt, sich ihrer Lösung zu nähern.

      Die Wissenschaft, einen weiteren kräftigen Schritt in der Erforschung der Naturgesetze vorangekommen und gefragt, wieso diese Gesetze überhaupt vorhanden seien, müsste schweigen oder auf unwissenschaftliche Erklärungen ausweichen. Im Grunde tut sie das auch, denn bei all ihren Verlautbarungen hat man den Eindruck, es fehlten die ersten Seiten in ihren Mitteilungen oder diese seien nur Fußnoten zu einem verschollenen Haupttext. Wer das so richtig spürt, spürt auch die ganze Verlorenheit, in die uns die Wissenschaft führt mit ihrer Vermessenheit, alles vermessen zu wollen. Wo doch letztlich alles unermesslich ist.

      Oder ist unsere Vorstellungskraft – weit entfernt, die Wirklich-keit zu erreichen – wenigstens reich genug, noch andere Möglichkeiten der Welterklärung, nicht ganz logische, aber auch nicht ganz närrisch dadaistische, anzubieten? Beileibe keine mit dem überheblichen Anspruch, die Realität erreichen zu können. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre schon ein Erfolg, den man kaum zu erhoffen wagt. Ein Schritt, der uns dem tatsächlichen Geschehen etwas näher brächte. Der dann freilich schon zu etwas Zweitem führte, nämlich dem uns Sichtbarwerden der Wirklichkeit. Davor kommt das erste, die Wirklichkeit selbst. Die über die Vernünftigkeit, mit der wir sie in Verbindung bringen wollen, ein homerisches Gelächter anstimmen könnte.

      Bitte jetzt nicht leichtfertig und bequem mit Gott und Religion dazwischenfahren (wer mit einem Denktrieb ausgestattet ist, hasst die Bequemlichkeit). Was uns auch in Beantwortung der Frage, wieso gibt es überhaupt etwas, gar nicht weiterhelfen würde. Denn dass ein Gott, nach heutiger in unserem Kulturkreis weitgehend übereinstimmender Vorstellung ohne Anbeginn, unerschaffen und ewig existierend, einmal sich selbst nach dem Grund seiner ewigen Existenz fragend, hierauf sich eine befriedigende Antwort geben könnte, erscheint ziemlich – ziemlich was? „Nicht ziemlich sicher, sondern ganz sicher, wenn auch von uns nicht nachvollziehbar“, wäre die wahrscheinliche Antwort religiöser Menschen. Aber für durch Religionslosigkeit Ausgezeichnete müsste es wohl heißen: „ ziemlich unwahrscheinlich, eigentlich unmöglich“. Warum das?

      Unter Zugrundelegung der Erkenntnisse über das Wesen Gottes, zu denen in Jahrhunderte langer und gründlicher Forschungsarbeit Theologen gelangt sind, und unter Zuhilfenahme der Heiligen Schrift, in der sich Gott geoffenbart hat, können wir uns weit genug in ihn versetzen, um diese Frage einigermaßen befriedigend zu beantworten. Hinzu kommen die Aussagen der von Gott Erleuchteten.

      Flankierend noch der Hinweis: die Theologen hat eben dieser Gott erschaffen, um etwas mehr über sich zu erfahren. Du kennst dieses Bonmot und sicher