Heidi Oehlmann

Glück auf Spanisch


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aufhören.

      Simone hat sich inzwischen in der Schweiz eingelebt und besitzt ihr eigenes Leben. Sie hat sogar jemanden kennengelernt, mit dem sie frisch zusammen ist. Ich wünsche ihr natürlich von Herzen alles Gute, allerdings hege ich meine Zweifel. Meine Freundin hat den Hang dazu, sich mit den falschen Männern einzulassen. Erst sieht sie alles durch die rosarote Brille, sobald sie diese absetzt, beginnt das große Heulen.

      Woher weiß ich eigentlich, ob Pedro echt ist?, schießt mir plötzlich die Frage durch den Kopf.

      Auf dem hinterlegten Profilbild sieht er nett aus, aber eine Garantie, dass er das ist und es ihn tatsächlich gibt, habe ich nicht.

      Hastig erhebe ich mich und sprinte zurück zu meinem Schreibtisch, klappe mein Notebook auf, öffne die Suchmaschine und gebe den Namen Pedro Sanchez ein. Es gibt viele Treffer, also füge ich den Begriff Anwalt hinzu. Es dauert nicht lange und ich werde fündig. Ich entdecke einen Anwalt namens Pedro Sanchez und hoffe, es handelt sich dabei auch um den Mann, mit dem ich mir schreibe.

      »Judith!«, sage ich.

       Judith könnte sich hier um meine Angelegenheiten kümmern.

      Ich kenne sie zwar noch nicht so lange, aber sie ist vertrauenswürdig.

      Wir lernten uns vor anderthalb Jahren in einer Gruppe für Trauerbewältigung kennen und verstanden uns auf Anhieb. Bereits nach kurzer Zeit trafen wir uns auch außerhalb der Gruppentreffen.

      Ich wühle mich durch die Unterlagen auf meinem Schreibtisch, auf der Suche nach meinem Handy.

      »Verdammt! Es muss doch irgendwo hier sein!«, fluche ich und nehme mir zum wiederholten Male vor, endlich aufzuräumen. Insgeheim weiß ich, es wird noch ewig dauern, eh ich mich dieser Aufgabe tatsächlich widme.

      Nach einigen Minuten habe ich mein Handy gefunden und schreibe Judith eine Nachricht über WhatsApp, sie soll mir mitteilen, wann sie Zeit für ein Treffen hat. Ich möchte unbedingt persönlich mit ihr reden, nicht per Telefon.

      2. Pedro

      »Ist der Chef da?«, frage ich, als ich das Hotel betrete.

      »Er müsste in seinem Büro sein«, antwortet Paula, eine der Rezeptionistinnen. Sie lächelt mich freundlich an.

      Ich nicke ihr zu und gehe durch die Hotellobby zum Büro meines Freundes.

      »Mig, bis du da?«, rufe ich, nachdem ich angeklopft habe. Es kommt keine Reaktion.

      Ich drücke die Türklinke nach unten, die Tür ist verschlossen. Wie bestellt und nicht abgeholt stehe ich da und überlege, was ich machen soll.

      Bevor ich mir den Kopf weiter zerbrechen kann, kommt Miguel um die Ecke. »Pedro, was machst du denn hier?«, fragt er verwundert. Normalerweise rufe ich an, eh ich vorbei komme.

      »Ich wollte dich mal wieder besuchen«, antworte ich.

      »Na dann, komm mit rein!« Miguel schließt sein Büro auf und geht hinein. Ich folge ihm. »Setz dich! Willst du etwas trinken?«

      »Nein, das muss nicht sein.« Ich nehme auf einem der Besucherstühle Platz und starre meinen Freund an.

      »Wie geht es dir? Wir haben uns ja schon eine Weile nicht mehr gesehen?« Miguel schaut mich prüfend an. Er scheint zu wissen, dass es sich um keinen reinen Freundschaftsbesuch handelt.

      »Gut. Und dir?«

      »Mir auch. Also was gibt es?«

      »Ist das so offensichtlich?«

      »Ja.«

      »Also …«, druckse ich herum. »Es geht …«

      »Um eine Frau?«, fragt er direkt.

      »Ja, woher weißt du das?«

      »Ich kenne dich eben.« Miguel grinst. »Also worum geht es genau?«

      »Ähm … Hast du gerade Jobs zu vergeben?«

      »Für wen? Und als was?«

      »Keine Ahnung. Vielleicht irgendwas an der Rezeption, oder so?«

      »Hm, eigentlich suche ich am Empfang niemanden, zumindest nicht fest, wenn dann nur als Aushilfe. Warum?«

      »Eine Freundin …!«

      »Eine Freundin? So so.« Das Grinsen in Miguels Gesicht wird immer breiter.

      »Sie kommt aus Deutschland, hat eine harte Zeit hinter sich und ich habe sie gefragt, ob sie für eine Weile nach Spanien kommen will. Nur so ganz ohne Job schafft sie es nicht. Deshalb dachte ich, sie könnte vielleicht bei dir arbeiten und dafür ein Zimmer bekommen.«

      »Sie soll hier wohnen?«

      »Ja. Du hast doch einige Unterkünfte für Angestellte.«

      »Was kann sie denn? Ich meine, was macht sie sonst so?«

      »Sie ist Autorin.«

      »Okay, ich verstehe. An die Rezeption lasse ich nur Leute mit Sprachkenntnissen. Deutsch ist ja schon mal gut. Das alleine reicht mir nicht. Kann sie …«

      »Ja, sie spricht fließend Englisch und hat vor einiger Zeit angefangen, Spanisch zu lernen. Sie kann es nicht perfekt, ist aber in der Lage, sich gut zu verständigen. Mit dem Aufenthalt hier will sie ihre Sprachkenntnisse verbessern.«

      »Okay, ich kann sie mir gern anschauen.«

      »Sorry, aber das reicht nicht. Ich kann ihr schlecht sagen, sie soll für ein Vorstellungsgespräch herkommen.«

      »Was erwartest du jetzt von mir? Eine Zusage, obwohl ich sie nicht kenne?«

      »Ja«, antworte ich und schaue meinen Freund flehend an.

      »Mensch Pedro, was ist, wenn ich sie nicht gebrauchen kann?«, sagt Miguel aufgebracht. Privat ist er ein guter Freund und würde für andere sein letztes Hemd geben. Im Geschäftlichen ist er knallhart. Wahrscheinlich muss er das auch, damit das Hotel läuft.

      »Ach komm, irgendwas wird sich schon finden. Küchenhilfe, Zimmermädchen oder so etwas in der Art. Du bist doch sonst immer auf der Suche nach gutem Personal.«

      »Ist sie denn gut?«

      »Bestimmt!«, antworte ich. Gleichzeitig hoffe ich, mich damit nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Ich bin Klara noch nie begegnet. Alles, was ich über sie weiß, hat sie mir geschrieben. Bisher chatteten wir nur. In den vielen Gesprächen habe ich sie lieb gewonnen und möchte sie unbedingt sehen.

      »Ich kann es gerne mit ihr versuchen, aber wenn sie zu nichts zu gebrauchen ist, musst du dir etwas anderes einfallen lassen«, sagt Miguel nach einer Weile.

      »Super, das vergesse ich dir nie.«

      »Sie ist Autorin, sagst du? Ist sie so schlecht oder warum kann sie davon nicht leben?«

      »Klara verlegt ihre Bücher selber.«

      »Also ist sie schlecht.«

      »Nein, sie hat mir gesagt, dass sie beim Marketing ihre Schwierigkeiten hat. Ein Verlag kommt für sie auch nicht infrage, weil sie keine Lust hat, sich dem Mainstream anzupassen. Sie hat ihren eigenen Stil. Da sie es hasst, Werbung zu machen, hat sie nur wenige Fans und verkauft eine dementsprechend kleine Anzahl Bücher.«

      »Ah ja, ich verstehe.« Miguel ist anzusehen, was er über Klaras Schreiberei denkt, dabei kennt er sie nicht und hat noch nie etwas von ihr gelesen. Gut, ich kenne auch keines ihrer Werke, aber so wie sie im Chat schreibt, müssen ihre Bücher einfach gut sein.

      Mit meinem alten Freund will ich nicht weiter darüber diskutieren. Nachher überlegt er sich das mit dem Job noch anders. Das ist mir zu riskant.

      »Also kann ich ihr sagen, dass es klappt?«

      »Ja, von mir aus. Warum arbeitet sie eigentlich nicht bei dir in der Kanzlei?«