Joachim Schmierflink

Als noch (fast ) alles möglich war


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unbedingt hochliterarischstilistischen) Erguss hervorriefen. Die böse Drohung, dass Onanie Gehirnerweichung und Dämlichkeit hervorrufen könnte, verführte Joe erstmalig, sich in eine Zockersituation zu begeben: „Na das wollen wir doch mal sehen“. Es hat einfach viel zu viel Spaß bereitet, das konnte doch nicht falsch sein.

      Es gab da einen Lehrer, der diese zeitweilige sexuelle Orientierungsschwäche seiner Schüler ausnützte, um seine eigenen homosexuellen Neigungen zu befriedigen.

      Voßberg war klein, gemütlich, freundlich und als Lehrer eher eine Katastrophe. Die meiste Zeit der Mathestunden wurden (zu Joe’s Freude) verquatscht. Es genügte vollkommen, wenn jemand kicherte, weil dies den Lehrer veranlasste, nach dem Grund dieser Ablenkung zu fragen. Handelte es sich hierbei um einen Witz, möglichst noch – altersgemäß - um einen unanständigen, so legte Voßberg für den Rest der Stunde mit eigenen, ebenfalls zweideutigen Witzen nach. 1 Einmal gab er Joe privat bei sich zu Hause eine Nachhilfestunde, weil der Vierzehnjährige den Dreisatz einfach nicht kapieren wollte. Im Nachhinein verstand Joe die Nervosität des Lehrers, als dessen Frau, die ja schon längst beim Einkaufen hätte sein sollen, sich partout nicht verabschieden wollte. So entschwand Joe (aus Sicht des Lehrers) unverrichteter Dinge, was sich auch auf Joe’s Verständnis des Dreisatzes bezog.

      Wenig später erzählte Joe ein Mitschüler und Freund, wie ihn der Mathelehrer zum gemeinsamen Onanieren verführen wollte. Unter einem Vorwand lockte er ihn in seine Wohnung, dann verließ er für einen Moment sein Arbeitszimmer, nicht ohne dem Jungen einige handschriftliche Texte pornographischen Inhalts zur Ansicht überlassen zu haben, die er angeblich Schülern während des Unterrichts abgenommen hatte. Voßberg ließ dem Jungen etwas Zeit, um den Text in Ruhe lesen zu können. Dann betrat er wieder den Raum und hoffte auf eine erregte Reaktion (oder reaktive Erektion ?) des Knaben auf den versauten Text. Um den Pubertierenden für seine Zwecke bereit zu machen, zeigte er ihm noch ein paar Pornohefte, die er natürlich ebenfalls unter Schülerbänken gefunden haben wollte. Damit das Ganze dann in die richtige Richtung gesteuert wurde, präsentierte er auch noch eine japanische Radierung mit einem überdimensionalen Penis. Da Voßberg auch Biologielehrer war, fragte er nun, aus rein wissenschaftlichem Interesse heraus, nach den Onaniergewohnheiten des Schülers. Dieser war dann triebmäßig schon so weich (hart ?) gekocht, dass es bis zum letzten Schritt nicht mehr weit gewesen wäre. Verwirrt verließ dieser Freund die Stätte der Versuchung. Joe hat dann später ein anderer Mitschüler von genau dem gleichen Ablauf erzählt, als Voßberg es auch bei ihm, diesmal erfolgreich, mit seiner Methode versucht hatte.

      In früheren Zeiten, vor den ausgetüftelten Informatikprogrammen, die heutzutage zu erwerben sind, mussten die Schulleiter zum Schuljahresbeginn eine Tafel der Unterrichtsverteilung vorweisen. Das war ein recht großes Brett mit vielen bunten Markierungen, welche die Lehrkräfte und ihre Einsatzorte repräsentierten. Diese komplizierte Verteilung zu ordnen war i. Allg. Aufgabe eines Mathelehrers, bei Joe war es Voßberg, dem man diese Verpflichtung aufgegeben hatte. Joe, damals Fünfzehn, erhielt an einem der letzten Ferientage einen Anruf von Voßberg. Ob er nicht einmal vorbeikommen könnte, ihm beim Transport der schweren Stundentafel zu helfen.

      Amüsiert und neugierig sagte Joe seine Unterstützung zu und radelte zu dem eher schwächlichen Mathelehrer. Dieser war allein zu Hause und bat den gut durchtrainierten Jungen in sein Arbeitszimmer. Er kramte ein paar handgeschriebene Texte von seinem Schreibtisch und erklärte dem Knaben, dass er diese Schülern der siebenten Klasse abgenommen hätte. Er müsse kurz was erledigen und Joe könne sich ja die Wartezeit mit Lektüre der Lektüre vertreiben.

      Als er nach ca. 10 Minuten erwartungsvoll sein Arbeitszimmer wieder betrat, fand er einen gelangweilten Schüler vor.

      „Aber, Herr Lehrer, das ist doch wohl primitiv. Bruder mit Schwester, Vater mit Tochter, Mutter mit Sohn. Und dann diese einfallslosen Formulierungen nach jeder neuen Situationsbeschreibung: “Und wieder ging die Fickerei los.“ Also ich weiß nicht, was das soll. Nun kamen die Pornohefte zum Zuge.

      „Och nö, so eine miese Qualität, die sind ja im Wortsinne unscharf. Da habe ich aber schon viel bessere gesehen. Kennen Sie „Weekend Sex“ oder „Private ?“

      Voßberg sah zusehends trauriger aus. Jetzt der verzweifelte Versuch, mit der japanischen Radierung, das Blatt zu wenden. Aber Joe gähnte nur müde vor sich hin. „Das ist doch völlig übertrieben. Mit so einem Schwanz müsste der doch vorne über kippen.“

      Von ungeahnten Kräften plötzlich beseelt, trug Voßberg dann die Stundentafel ohne Joe’s Hilfe in sein Auto. Gab dem Jungen zwei Mark für ein Eis und entschwand.

      Dass dieser Lehrer über viele Jahre so agieren konnte lag wohl neben seiner wirklich gewinnenden Art am Zeitgeist des liberalen Aufbruchs, man wollte ja nicht spießig sein, der zunehmenden Gesellschaftsfähigkeit von Homosexualität (Im „Why not“ in der Fasanenstraße verkehrten neugierige Homo- und Heterosexuelle in einmütiger Toleranz).

      Kurz vor seiner Pensionierung hatte es ihn dann doch erwischt und er wurde an eine andere Schule versetzt.

      Renate

      Joe hatte durchaus Erfolg bei Mädchen seines Alters - so mehr theoretisch. Die fanden den Jungen zwar recht sexy, aber eben nicht so attraktiv wie den Sportwagenfahrer, der ihnen alles bieten konnte, was das kleine Mädchenherz sich erträumte. „Scheiße“ dachte Joe da nicht nur einmal (bis er selbst, wie in einem späteren Abschnitt geschildert wird, genau diese Hassrolle übernehmen sollte).

      Ein attraktives Suchfeld für amouröse Abenteuer waren Sport- oder Politgruppen. Mit den „Falken“ fuhr Joe als 16jähriger nach Norwegen. Renate (17), mit der er da stundenlang am Rande der Klippen in der Sonne lag, brachte ihm das Rauchen und die Erkenntnis bei, dass Ältere als Lover doch eher bevorzugt werden. Erst nach der Reise erfuhr er, dass Renate sich mit ihm lediglich tagsüber mit harmlosem Geplänkel die Zeit vertrieb, während sie mit einem der Lagerleiter, Lutz, nachts „herummachte“.

      Zwei Jahre später, Joe war noch immer durchaus begehrt, aber erfahrungsmäßig noch nicht da angekommen, wo er schon seit Jahren sein wollte, fuhr er wieder mit den Falken weg, diesmal nach Holland und zwar als Zelthelfer. Auch Renate war wieder mit dabei, allerdings als ausgewiesene Verlobte des Herren, der sich vor zwei Jahren köstlich über den einfältigen Jungen amüsiert haben musste. Lutz war nicht anwesend, kam aber für ein paar Tage zu Besuch, weshalb ein kleines Zwei -Mann Zelt für das Paar aufgestellt wurde. Als Lutz dann nach drei Tagen wieder Richtung Berlin fuhr, um sich der politischen Arbeit zu widmen, stand das Zelt leer.

      Wie bei den Helfern damals üblich, versammelte man sich nach 22.00 Uhr im Lagerleiterzelt und sprach ordentlich dem ansonsten verbotenen Alkohol zu. Irgendwann fragte Renate Joe, ob er nicht Lust hätte, eine Runde in der frischen Luft zu drehen. Joe, schon seit Jahren scharf wie eine Rasierklinge und vor allem auf Renate, ging auf diesen Vorschlag gerne ein.

      Als sie bei dem leerstehenden Zwei-Mann Zelt vorbeikamen, machte Renate ihm ein unsittliches Angebot. Joe, verwirrt und wohl auch nicht mehr ganz im Besitz seiner Sinne (oder vielleicht doch ?) lehnte dankend ab. Die Vorstellung, sie könnte ihn nur vorführen wollen und ihn laut lachend mit heruntergelassener Hose stehen lassen, killte seine Begierde. Das war also mal wieder nichts.

      Dass dies eine Fehleinschätzung war, merkte er am nächsten Morgen. Renate würdigte ihn keines Blickes und das blieb so bis zum Ende der Reise.

      Egal. Sehr früh lernte Joe, dass man auch einmal Verzicht in Kauf nehmen muss, um sein Selbstwertgefühl nicht zu beschädigen.

      Hamburg, Rudi und ein Irokese

      

      Nach dem Abitur ging Joe nach Hamburg und absolvierte eine Lehre zum Großhandelskaufmann. Dort lernte er, 20, während eines Besuchs von Freunden aus Berlin Meret (30) kennen. Oberschwester im Altonaer Krankenhaus. Der jungen Frau, Typ guter Kumpel, gefiel der junge Berliner, der sie mit Freunden besucht und – na so was - seinen Schirm bei ihr vergessen hatte. Sie landeten fast unweigerlich in ihrem Bett, und jetzt