Dirk Harms

Bevor die Welle bricht


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als zwei Scheiben?“

      „Lass das und setz dich, ich will wissen, worum es geht.“

      „Die Stasi hat mich aus dem Bett getrommelt und bekniet, für sie zu arbeiten.“ Mit Tränen in den Augen sah Lisa ihn an.

      „Ist das wahr? Haben sie dich auch schon rumgekriegt?“, fragte sie schluchzend. Lars sackte in sich zusammen. Dann würden sie ihn auch bald nerven.

      Irgendwer im Betrieb käme auf ihn zu, mal wieder - und sagte er nein, könnte er schon bald niemandem mehr trauen.

      „Lars! Ich rede mit dir!“

      „Nein, Liebling - niemand hat mit mir gesprochen. Und ich bin sicher, es wird auch niemand von denen mit mir sprechen. Aber was haben sie mit dir gemacht - geht es dir gut?“

      Lisa wirkte völlig verängstigt, seine Antwort hatte sie nur noch mehr aufgeregt.

      „Wie kannst du da so sicher sein? Du bist in einem Außenhandelsbetrieb! Denk doch mal darüber nach: Meinst du, die lassen dich völlig unbeachtet, und du kannst tun und lassen, was du willst?“

      „Ich werde beweisen, dass man mir vertrauen kann. Selbst wenn ich dazu Kandidat werden muss - vielleicht kann man von innen heraus noch … “

      „Spinnst du? In die Partei?“, rief sie und starrte Lars mit großen, entsetzen Augen an.

      Aber nachdem sie anfing, darüber nachzudenken, schien es der einzige mögliche Weg zu sein, um weiteren Diffamierungen und unliebsamen Fragen zu entgehen.

      Es gab nur den Hauch einer Chance, aber wenn Lars es ablehnte, Mitglied der SED zu werden, war seine Karriere dahin, bevor sie angefangen hatte.

      „Schon bald wird mich die Stasi fragen, ob ich bereit bin, ihnen zu helfen. Ich habe Angst.“ Sie trocknete ihre Tränen und versuchte ein Lächeln.

      „Versuche vorsichtig auszuloten was passiert, wenn du eine Mitarbeit ablehnst“, riet er ihr.

      „Man muss kein Prophet sein dafür - dann machen sie DIR das Leben schwer.“

      „Ich wünschte, ich könnte dabei sein. Sowas habe ich überhaupt noch nicht gehört, dass sich jemand nicht sofort zu entscheiden braucht. Du und ich, wir müssen sehr wichtig sein für die Stasi. Als Quelle, meine ich.“

      Lisa begann, sich eine Scheibe Brot zu schmieren und aß. Kauend sagte sie: „Vielleicht sollte ich eine Gegenleistung verlangen - nichts Großes, ein paar Gehsteigplatten für die restliche Terasse, oder zwei Säcke Beton für den Erker … Wenn schon, denn schon.“

      „Naja, wenn sie mit dir vertraut tun, dann schadet es nichts. Sie sollen wissen, dass sie es nicht leicht haben werden mit dir … mit … uns.“ Lars beugte sich über den Tisch und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Wenn sie verrückt spielen, wenn du nein sagst, kannst du es immer noch steuern. Du entscheidest letztendlich, wie deine Gesprächsberichte aussehen … Notfalls bleibt die Terasse so wie sie ist.“ Sie nickte und trank einen Schluck Tee.

      Es galt, einen kühlen Kopf zu bewahren.

      Sich nun auch Brot schmierend, tröstete er sie: „Nun sind wir schon so weit gekommen, haben unser eigenes Heim, von jetzt auf gleich sogar, dann kriegen wir das auch noch hin.“

      „Ich wünschte, vieles wäre einfacher“, seufzte sie und legte ihre Hand auf seine.

      Lars hielt mit dem Kauen inne und blickte sie ernst an.

      „Versprich mir, dass wir uns immer vertrauen können. Egal, worum es geht - Hauptsache Ehrlichkeit, in Ordnung?“ Lisa sah ihn eindringlich an.

      „Also immer offen und ehrlich? Das ist gut. Wir halten zusammen, egal was kommt. Und – Moment mal, sie waren hier drin, im Haus?“

      „Nein. Sie sind mit mir in eine leere Wohnung nach Breitlingen gefahren. Hat mich auch gewundert. Sie wussten von meinem Arzttermin, sie wussten, dass du die neue Stelle hast - es war irgendwie gruselig.“

      „Ich weiß, Liebling. Beim Arzt alles in Ordnung gewesen?"

      „Was? Achso, jaja. Auf dem Weg dahin dachte ich, ich hätte dich mit einem Kollegen in ein Auto steigen sehen.“

      „Ja, kann möglich sein. Ich bin mit einem der Kreditkontrolleure zur Bank gefahren. Er hat mich ein wenig unterwiesen.“

      Ihre Laune besserte sich allmählich. „Na dann vergiss nicht, ich weiß jetzt, wo du arbeitest!“ Lisa drohte ihm, unter Tränen lächelnd, mit dem Buttermesser. Lars alberte mit, er salutierte und verkündete in militärischem Tonfall mit starrer Miene, er diene der Deutschen Demokratischen Republik.

      Wie Lisa sich auch entscheiden würde – er vertraute ihr. Schließlich steckte er in einer ähnlichen Zwickmühle, und sie hatten jeweils nicht hinter dem Berg gehalten mit ihren Gedanken und einander eingeweiht. Später im Bett fiel ihm dennoch wieder die nette Kollegin aus der Materialwirtschaft ein, die ihm im Fahrstuhl begegnet war. Mit dem Gedanken an ein baldiges Wiedersehen mit Kollegin Tillmann schlief Lars irgendwann ein.

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