Erwin Leonhardi

Macht statt Seelenheil


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jedem Opfer partizipieren die Priester. Das gilt auch für Sachopfer, beispielsweise als Zehntsteuer für Ernteerlöse und Verkaufsaktivitäten, sowie festgelegte prozentuale Anteile an Kriegsbeute.

      Die Regeln für die Fälligkeiten von Opfern und Abgaben definiert Moses selbst, angeblich im Auftrag seines Gottes. Die Texte schildern immer erst die Anweisungen Gottes an Moses und dann die fast wortgleiche Verkündigung durch Moses an das Volk. So kann jede beliebige Anordnung ohne nähere Begründung gegeben werden, sie kommt schließlich direkt von Gott, und so soll es das Volk glauben.

      Es fällt auf, dass es außer Moses keine einzige Person gibt, die mit Gott direkt in einen Dialog tritt. Obwohl an einer Textstelle der Eindruck entstehen kann, die Ältesten hätten Gott gesehen, zeigt sich in Folgetexten, dass sich diese Begegnung völlig anders abgespielt hat, als zunächst geschildert.

      Allein Moses ist das Bindeglied zwischen Gott und den Israeliten. Auf die Einhaltung dieser Situation wird peinlich genau geachtet. So lässt sich ein beliebiges Gottesbild leicht prägen. Um sicherzustellen, dass die Bevölkerung den Aussagen Moses glaubt, droht er ständig mit schlimmsten Strafen für die Zweifler. Jeden erdenklichen Zufall nutzt er, um daraus eine göttliche Handlung zu machen. Das wird besonders deutlich bei den Plagen für die Ägypter, der Massenhinrichtung von Glaubensabtrünnigen am Berg Sinai, der Bestrafung von zwei jungen Priestern wegen Ritualfehlern, der kompletten Vernichtung der Familien der Rebellen um Korah und anderen Gelegenheiten.

      Das Rezept heißt: Abwarten, bis etwas Negatives oder Positives passiert, eine Moritat darum herum konstruieren und das Ergebnis als eine göttliche Strafe oder Belohnung darstellen. Genau so empfinden Gläubige heutzutage, wenn sie den Eindruck haben, sie hätten durch ihre Gebete eine Erhörung bewirkt. Allein die individuelle geistige Konditionierung schafft diesen trügerischen Nährboden.

      Das Prinzip der Priesterschaft haben die Autoren der Mosesbücher nicht erfinden müssen, das gab es schon Jahrtausende vor ihrer Zeit bei allen Großkulturen im Vorderen Orient und in Ägypten. Alle Herrscherhäuser haben früh erkannt, dass die Religion, getragen durch eine mächtige Priesterschaft, ein außergewöhnlich gut funktionierendes Führungsinstrument ist.

      Auch hier werden die Originaltexte der Luther-Bibel von 1545 verwendet. Die hat von allen bisherigen deutschsprachigen Versionen am längsten die religiöse Denkwelt beeinflusst, auch wenn sie ein paar Übersetzungsfehler enthält. Diese Texte sind über Jahrhunderte Grundlage für unzählige Bücher, Exegesen, Schriften und Dogmen gewesen.

      Das hier im Buch vorgenommene Zitieren der Bibelstellen macht für den Skeptiker das parallele Nachlesen in der Bibel hinfällig und entzieht gleichzeitig der oft gebrauchten Schutzformulierung, das stehe so nicht in der Bibel, rein sachlich die Basis.

      Im Sommer 2019, der Autor.

      Zum grundsätzlichen Verständnis der fünf Bücher Moses, ist es hilfreich, den Titelgeber Moses besser einschätzen zu können. Bis zur Aufklärung herrschte die Meinung, der Mann Moses habe die Bücher geschrieben. Selbst in heutigen theologischen Aufsätzen ist noch diese Meinung zu finden. Fazit: Wer das behauptet, hat die Bücher Moses nie ganz gelesen, sonst wüsste er besser Bescheid. Wie man später sieht, kann Moses die nach ihm benannten Bücher nicht geschrieben haben, denn welcher Schriftsteller kann über seinen eigenen Tod und seine Beisetzung berichten?

      Die Frage bleibt: Wer war Moses.

      Der Name

      Moses Geburtsort ist Ägypten. Seinen Namen erhielt er von einer ägyptischen Prinzessin. Es ist also anzunehmen, dass er bewusst einen dort üblichen Namen erhalten hat. Der Name Moses leitet sich von dem ägyptischen Verb gebären (m´s) ab. Die Kurzform "mosis" bedeutet "geboren", im üblichen Sinne steht diese Verbform für "Sohn des ...", beispielsweise Thutmosis (dem Thut geboren oder Sohn des Thut).

      Da bei der Mosesfigur vor dem Wortteil mosis kein Vatername steht, ist anzunehmen, dass hiermit namentlich seine unbekannte Herkunft unterstützt werden soll. Übrig bleibt demzufolge nur die Bedeutung "der Geborene" oder sinngemäß "Sohn". Der Name Moses hat also im Ägyptischen keine eigene Aussagekraft.

      Der ägyptische Namensteil ging wahrscheinlich als Lehnwort in die hebräische Sprache ein, wo dieses zu Mose, ausgesprochen Mosche, oder gleichbedeutend in der ägyptischen Form zu Moses geworden ist. Im Hebräischen gibt es viele Lehnwörter aus diversen Sprachen, was durch die nomadische Lebensweise der frühen Israeliten nicht ungewöhnlich ist. Sie hatten mit fast allen Völkern im gesamten ägyptischen und vorderasiatischen Raum Kontakt. Dass man dann Lehnwörter aus anderen Sprachen übernimmt, ist normal. Bestens bekannt sind beispielsweise die Lehnwörter El, Eden und Cherub.

      Die Kindheit

      Moses wird als Neugeborener in einem Korb auf dem Nil ausgesetzt und von einer ägyptischen Prinzessin adoptiert. In dem biblischen Bericht von der Geburt Mose ist das gleiche Motiv der Aussetzung und Errettung des Heldenkindes erkennbar, das in mehreren Mythologien des Altertums mit ähnlichen Merkmalen vorkommt. Zwei Beispiele zeigen Ähnlichkeiten:

      1. Romulus und Remus wurden unmittelbar nach ihrer Geburt in einem Weidenkorb auf dem Tiber ausgesetzt. Als das Hochwasser des Tibers zurückging, strandete der Korb am schlammigen Ufer. Das Schreien der Kinder lockte eine Wölfin an, die sie in ihre Höhle brachte und säugte.

      2. Noch genauer entspricht die Legende neuassyrischen Texten (um 8. Jahrhundert v. Chr.) über Sargon von Akkad. Sargon wird in einem wasserdichten Röhrichtkästchen im Fluss gefunden und von seinem Retter adoptiert. Geschichtlich passt diese textliche Entlehnung in die Zeit, in der die Mosesbücher geschrieben wurden. Die Erzählungen der Autoren spielen natürlich in einer sehr viel früheren Zeit. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Autoren hier kräftig fremd-inspiriert wurden.

      Der Tod

      Es ist sicher, dass Moses keines der ihm zugeordneten Bücher geschrieben haben kann. Er wäre der erste Autor, der in seinem 5. Buch, Kapitel 34, über seinen eigenen Tod berichtet. Dort steht auch wörtlich, dass man sein Grab bis heute nicht gefunden hat.

      5. Mose 34:5 Also starb Mose, der Knecht des Herrn, daselbst im Lande der Moabiter nach dem Wort des Herrn. 5. Mose 34:6 Und er begrub ihn im Tal, im Lande der Moabiter, gegen dem Hause Peor. Und hat niemand sein Grab erfahren bis auf diesen heutigen Tag.

      Eine interessante Frage ist, wann bis auf diesen heutigen Tag war. Experten nennen das Jahr 622, als das Buch vom Bunde bei der Tempelrenovierung "zufällig" gefunden wurde. Es wird vermutet, dass es sich dabei um das fünfte Buch Moses handelt, das gerade frisch geschrieben worden war.

      Diese Verse beweisen, dass Moses nicht der Autor gewesen sein kann. Aber hier offenbart sich, dass selbst der Klerus seine Basisliteratur, in diesem Falle das fünfte Buch Moses, über viele Jahrhunderte hinweg nicht aufmerksam oder nur unvollständig gelesen hat. Das passt in das Bild, dass die Kirche vorwiegend an partieller Verwertung der Bibel interessiert ist. Außerdem stützt es die Annahme, dass selbst die Priesterschaft beim Umgang mit der Bibel sich nur auf die Stellen konzentriert hat, die von der Kirchenführung vorgegeben wurden.

      So ist erklärbar, dass in vielen Köpfen Moses als Buchschreiber und richtungsweisender Führer und Lehrer gesehen wird. Zitierfreudige verwenden gerne die Floskel "Moses sagt … ", meinen damit aber "im Buch Moses steht ... ", wobei diese Unterscheidung für sie keine Rolle spielt. Der Autor Moses ist für sie real.

      Nach Aussage im Text wurde Moses 120 Jahre alt. Er hat große Wege zurückgelegt, früher alleine und später mit seinem Volk. Kein Moses-Biograf könnte vom Schilfkörbchen auf dem Nil bis zum Tode im Land der Moabiter aus eigenem Miterleben korrekt berichten. Im Buch steht:

      5. Mose 31:1 Und Mose ging hin und redete diese Worte mit dem ganzen Israel; 5. Mose 31:2 und sprach zu ihnen: Ich bin heute hundertundzwanzig Jahre alt, ich kann nicht mehr aus und ein gehen;