Gisela Fiebig-Habermann

Oma, wie ist es, wenn man alt wird?


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zusätzlich schont es die Gelenke. Heute gibt es eben Dinge, die das Älterwerden etwas leichter machen und diese Dinge sollte man auch annehmen.

      Zum Einkaufen muss ich 1,5 km fahren. Es ist ein guter Radweg. Wenn ich mich fit fühle, fahre ich den anderen Weg zurück. Dieser Weg führt ein Stück durch den Wald. Ich liebe den lichten „Steckerlas-Wald“, wie man in Franken zu einem Kiefernwald sagt. Ich bin froh, in dieser Gemeinde zu wohnen. Hier gibt es viele Geschäfte. Man kann nicht erwarten, dass alle Ärzte in unmittelbarer Nähe sind. Das gibt es auch in einer Großstadt nicht. Aber solange man noch Autofahren kann, ist der Weg kein Hindernis. Im Vergleich zur Stadt erwischt man viel schneller einen Parkplatz.

      Am Wochenende kommt meine Enkeltochter für 2 Nächte zu mir. Anne hatte sie per SMS angekündigt. Darauf freue ich mich sehr. Was koche ich für sie?. Natürlich, was ihr schmeckt und was gesund ist. Da muss ich noch zum Einkaufen fahren. Ich werde zu Mittag Fisch braten, ja Fisch und Kartoffelsalat, das wird ihr schmecken. Unser EDEKA-Markt hat eine Frischfischtheke. Natürlich brauche ich Obst, Käse und Weintrauben und eine geräucherte Forelle. Die schmeckt gut zum Bauernbrot. Zum Frühstück, Joghurt und Kakao, frische Eier. Die hole ich aber dann beim Bauern, ja, zum Bäcker muss ich auch noch, sie mag die Quarkbällchen so gerne. Das stille Mineralwasser, bevorzugt Vedra. Ja, aber dann noch etwas abends zum Naschen. Ich gehe in die Süßwaren-Abteilung. Das ist eine schwere Aufgabe. Ich lese auf der Verpackung, welche Inhaltsstoffe vorhanden sind. Es darf nicht zu viel Zucker beinhalten. Aber Naschsachen haben eben mal Zucker. Ich nehme Haselnüsse mit Schokoüberzug. Da ist wohl die süße Glasur, aber drinnen sind die gesunden Nüsse! Ich denke: Oma, da betrügst du dich ja selbst, das ist ja nur eine Ausrede. Aber so oft übernachtet Vedra nicht bei mir, da darf man schon mal sündigen. Plötzlich fiel mein Blick in meinen Einkaufswagen, der ist ja fast voll. Ich denke: Was hast du denn wieder alles eingekauft? Vedra ist doch nur 2 Nächte da, dann kannst du alles wieder allein essen. Aber es soll ihr bei mir gut gefallen und schmecken. So denken halt Omas.

      Zuhause angekommen, musste ich den ganzen Einkauf in den 1. Stock tragen mit schweren Taschen bis in den ersten Stock, ist schon sehr anstrengend für mich.

      Als ich die Wohnung damals gekauft hatte war für mich der 1. Stock überhaupt kein Problem. Ich hätte mir auch die Wohnung im Parterre kaufen können, aber ich dachte, es ist schöner und sicherer im 1. Stock zu wohnen. Dass mir einmal der 1. Stock Probleme machen würde, war mir zu dieser Zeit überhaupt nicht bewusst.

      Ich bereite das Abendessen vor. Es gibt geräucherte Forelle, Käse, Tomaten und Weintrauben und Fleischsalat.

      Es klingelt und Vedra wird von ihrer Mami gebracht, die aber gleich wieder geht, weil sie verabredet ist.

      Wir essen beide zusammen. Sie erzählt mir von ihrer Schule. Wir tauschen so einige Erfahrungen aus. Vedra ist von einer Freundin sehr enttäuscht und diese Enttäuschung macht sie traurig. Wir überlegen, wie sie mit diesem Mädchen umgehen sollte. Es wird etwas schwierig werden mit dieser Freundschaft, denn wie ich aus diesem Gespräch heraushörte, kann dieses Mädchen nicht leiden, wenn Vedra etwas hat, was sie selbst nicht besitzt. Also, ist sie ein neidisches Mädchen. Ich denke, das ist ein Charakterzug, der sie ein ganzes Leben begleiten wird. Ich kenne das auch bei erwachsenen Frauen. Solche Freundschaften können sehr anstrengend sein. Weil man dann über ein neues Kleid, über eine gute Note die Freude mit seiner Freundin nicht teilen kann. Vielleicht ist die Freundin ein kluges Mädchen und sie erkennt selbst einmal, dass sie ihren Charakterzug bekämpfen muss, um gute Freundschaften aufzubauen und diese auch halten kann. Aber dafür sind beide noch zu jung. Ich konnte Vedra nur diesen Rat geben. Zu ihrer Freude zu stehen, aber die Freude nicht als Prahlerei vorzubringen. „Weißt du Vedra, es gibt Freundschaften, die werden schon im Kindergarten gebildet und da gibt es auch einige, die halten dann ein ganzes Leben lang. Gut, das sind wenige, weil wir Menschen uns weiterentwickeln. Weiterentwicklung entsteht durch viele Faktoren. Das Elternhaus, welche Schule man nach der Grundschule besucht. Selbst wo die weiterführende Schule liegt, ob in einer großen Stadt oder in einer kleinen Gemeinde, das ist alles wichtig. So kann es sein, dass sich eine Freundin durch all diese Faktoren, in eine andere Richtung entwickelt, weil sie ein anderes Umfeld hat. Vedra, du lernst wieder neue Menschen kennen und bekommst neue Freundinnen. Da musst du dir keine große Gedanken machen“, versuchte ich Vedra zu beruhigen. „Ja Oma, das kann sein, aber traurig bin ich schon über Eva, dass sie zur Zeit nicht gut mit mir ist“. „Natürlich, darfst Du traurig sein, bestimmt wird es wieder besser mit ihr, musst halt abwarten. Freundschaft bedeutet auch, dem Anderen etwas zu gönnen und sich mit ihm zu freuen, Freundschaft ist auch eine Aufgabe“.

      „Hast du genug gegessen und hat es dir geschmeckt?, wollte ich nun von Vedra wissen, um das Thema zu wechseln. „Ja, danke Oma, ich bin jetzt satt, erwiderte sie höflich. Wir räumten beide den Tisch ab. „Musst du noch Hausaufgabe machen?“, erkundigte ich mich. „Ja, aber die fange ich morgen an,“ erwiderte Vedra. So machten wir uns nun einen gemütlichen Fernsehabend. Ich brachte einen großen Teller mit Obst und ein wenig Süßigkeiten.

      Ich hatte ihr in meinem Arbeitszimmer, die Liege als Bett zurecht gemacht. Ich dachte, irgendwann möchte sie vielleicht nicht mehr mit mir zusammen in einem Bett schlafen. Diese Entscheidung wollte ich ihr aber überlassen. Ich glaube, die Idee fand Vedra ganz gut, doch als ich dann in meinem Bett lag und es schon dunkel war, hörte ich leise Schritte vor meiner Schlafzimmertür. „Vedra, was ist mir dir?“, fragte ich das kleine Bündel, das mit ihrer Kuschelflocke im Arm im Türrahmen stand. „Oma, ich kann nicht schlafen, ich habe Heimweh“, gestand sie mir leise. „Ja, willst du zu mir ins Bett, würde das Heimweh dann vergehen?“, bot ich ihr an. Ich bekam ein schüchternes: „Ja“ und schon war sie in meinem Bett und sie rückte nah zur Wand, damit wir beide Platz hatten. „Vedra, sollte ich schnarchen, kannst du mich gerne anstoßen“. Ich gab ihr noch einen liebevollen Kuss und genoss ihre Nähe. Es macht mich glücklich, wenn ich weiß, dass sie sich bei mir geborgen fühlt. Schön, ein Enkelkind zu haben, wenn sie da ist, kann man die ganzen Zipperlein, die man so hat, vergessen.

      Schade, dass ich nicht schon früher Oma geworden bin, da hätte ich noch viel mehr mit ihr unternehmen können.

      Wir waren mit Vedra schon 3-mal im Urlaub, immer in einem Hotel im Bayerischen Wald, wo viele Tiere waren. Die Hasen hatte sie besonders geliebt. Stundenlang konnte sie die Häschen füttern. Ich saß mit Werner auf einer Bank und wir sahen ihr zu. Werner ist mein Lebenspartner, wir kennen uns schon seit Vedra geboren wurde. Er ist ein „Ersatzopa“ und diese Aufgabe macht er sehr gut. Er zeigt Vedra, wie man kaputte Sachen repariert wie man Drachen baut, er macht mit uns Spiele. Ich glaube sie genießt seine Gegenwart. Er gehört einfach dazu. Für Kinder ist Vieles so selbstverständlich und einfach.

      Mit dem Gefühl der Zufriedenheit schlief ich dann auch ein. Am nächsten Morgen schlich ich mich in die Küche, um das Frühstück herzurichten. Als ich damit fertig war, schaute ich ins Schlafzimmer und merkte, dass Vedra sich schon bewegte. Das nahm ich zum Anlass, mit ihr eine kleine Kissenschlacht zu unternehmen. Mit Freude war sie dabei. Als wir dann die Lampe trafen, beendeten wir unser Vergnügen. Beim Frühstück gab es wieder schöne Gespräche, von ihrer Schule, von ihren Freunden und für was sie sich gerade interessierte. Zum Mittagessen hatten wir Werner eingeladen. Es gab Kartoffelsalat und gebratenen Fisch. Als ich sie anschließend wieder fragte, ob es ihr geschmeckt hatte, antwortete Vedra: „Ja, aber jetzt habe ich wieder mal genug Fisch gegessen“. Ich musste grinsen.

      Für den Nachmittag hatte ich eine Radtour vorgesehen. Werner besaß zu Hause noch ein Klapprad; ich dachte, das würde gut für Vedra passen. Ich nahm mein Rad. Werner hatte sein Rad und das Klapprad für Vedra aus dem Keller geholt. Es wurde frisch aufgepumpt. Vedra bekam eine kurze Erklärung für das Bedienen des Rades. Wir fragten sie, ob es für sie passen würde. Werner hatte auch den Sitz auf ihre Höhe eingestellt.

      Nun kann es losgehen. Wir nahmen einen Weg, der nicht sehr befahren war, hier gab es nur Spaziergänger und Radfahrer. Der Weg, war mitten in der Natur und führte durch einen kleinen Wald. Dort war eine Bank. Wir hielten an. Werner setzte sich, Vedra und ich suchten im Wald, nach Tannenzapfen, Moos und schönen Zweigen. Da findet man immer etwas, was Kinder interessiert. Als wir nach einiger Zeit unseren Ausflug fortsetzten, mussten wir ein kleines Stück einen schlechten Ackerweg nehmen, der etwas anstieg und steinig war.