Alfred Bekker

Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band


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des Biwaks wurde von den Einschüssen geradezu perforiert. Ein wahrer Geschosshagel prasselte auf das Lager hernieder.

      Schließlich gab der Kommandant der Angreifer per Handzeichen das Signal zur Feuereinstellung.

      Das Biwak war in sich zusammengebrochen.

      Ein blutrotes, zerfetztes Leichentuch, das sich gnädig über das Opfer gelegt hatte.

      Der Anführer der Gruppe trat darauf zu. Er trug die handliche Uzi jetzt an einem Riemen über der Schulter. Eine Hand war noch immer am Griff, sodass er die Waffe blitzschnell abfeuern konnte, wenn sich wider Erwarten unter dem Zeltstoff doch noch etwas regte.

      Er bückte sich, hob die Zeltplane und riss sie zur Seite.

      Ein zweiter Bewohner des Biwaks kam zum Vorschein.

      Er lag in seinem Schlafsack, die Augen starr in den makellos blauen antarktischen Spätsommerhimmel gerichtet.

      Neben ihm befanden sich einige Messgeräte sowie ein Laptop, die ebenso wie der Mann im Schlafsack von mehreren Dutzend Kugeln getroffen worden waren.

      Der Kommandant kniete nieder, schob die am Riemen befestigte Uzi nach hinten und drehte einen der Apparate herum.

      „Seismische Messgeräte“, kommentierte einer der anderen Bewaffneten. „Diese Schmeißfliegen haben Verdacht geschöpft, sonst wären sie mit ihren Apparaten nicht hier in die Gegend gekommen.“

      Der Kommandant nickte leicht.

      Er hob den Kopf und ließ den Blick schweifen. Dann entfernte er weitere Teile der Zeltplane, nahm nun das Kampfmesser zu Hilfe, das er am Gürtel trug.

      Einer der anderen Bewaffneten meldete sich zu Wort, während er sich gerade an den beiden Motorschlitten zu schaffen machte. „In den Tanks ist Treibstoff für höchstens 50 Kilometer.“

      „Dann wissen wir ja, wie groß der Radius ist, in dem wir nach ihnen suchen müssen“, meinte der Kommandant. „Schließlich werden sie sich genug Treibstoff für den Rückweg übrig gelassen haben…“

      Ein weiterer Bewaffneter deutete auf die Messinstrumente und das zerschossene Laptop. Es war aufgeklappt. Wie durch ein Wunder hatte die LCD-Anzeige keine Kugel abbekommen. Dafür hatte die Kälte sie im wahrsten Sinn des Wortes gefrieren lassen. Bei Temperaturen von unter minus sechs Grad wurde es kritisch für den Betrieb von Rechnern aller Art. Auf dem Schirm war ein erstarrtes Diagramm zu sehen. Der Rechner war abgestürzt.

      „Das Ding sollten wir mitnehmen.“

      Der Kommandant zuckte die Achseln.

      „Nichts dagegen.“

      Das Laptop war mit einem Satellitentelefon verbunden.

      „Wenn wir Pech haben, dann ist es diesen Typen gelungen, ihre Weisheiten über das Internet in die ganze Welt zu verschicken!“, kommentierte einer der anderen Männer.

      Der Kommandant nickte.

      „Wir müssen den Rest von ihnen finden und ausschalten!“, murmelte er.

      *

      Camp Boulanger, ca. 35 Kilometer entfernt, 2356 OZ

      Es war fast Mitternacht, aber dennoch hell wie am Tag. Die endlosen Eis- und Schneeflächen, die sich nach allen Seiten hin bis zu den mächtigen Bergmassiven erstreckten, reflektierten das Licht der inzwischen schon recht tief stehenden Sonne.

      Nicht mehr lange und dieser Glutball würde für ein halbes Jahr hinter dem Horizont versinken. Schon jetzt ließen eiskalte Winde ahnen, was ein antarktischer Winter bedeutete. Orkanartige Stürme und monatelange Dunkelheit, die in den wenigen klaren Nächten nur vom Funkeln der Sterne und den geisterhaften Polarlichtern unterbrochen wurde.

      Professor Albert Boulanger hatte lange an der Sorbonne in Paris gelehrt, ehe er an der University of California in Berkeley einen Lehrstuhl für Geologie und die Leitung eines international angesehenen Instituts für Erdbebenforschung übertragen bekommen hatte.

      Mit insgesamt einem Dutzend Kollegen betrieb er im Camp Boulanger seismische Messungen auf dem sechsten Kontinent.

      Außerdem führten die Wissenschaftler Untersuchungen durch, die weiteren Aufschluss über die unter dem teilweise kilometerdicken Eispanzer begrabene geologische Struktur der Antarktis geben sollten.

      Boulangers Atem gefror.

      Das Camp bestand aus insgesamt fünf Baracken, die in einem Abstand von jeweils nicht mehr als zwanzig Meter errichtet worden waren. Die Baracken waren wie ein längsseitig halbierter Zylinder geformt. Die Rundung an der Oberseite bot den mörderischen Stürmen, die auch im Sommer bisweilen über die vergletscherten Weiten fegten, weniger Angriffsfläche.

      Für die wenigen Meter von einer Baracke zur anderen hatte Boulanger darauf verzichtet, die volle Polarkleidung anzulegen, aber schon dieser kurze Weg hatte ausgereicht, damit sich Raureif an Boulangers Bart und auf seinem Pullover bildete. Er dampfte förmlich.

      War man länger im Freien, konnte es tödlich sein, wenn Feuchtigkeit durch die Kleidung nach außen drang. Sie gefror sofort.

      Die Barackentür ging auf, noch ehe Boulanger sie erreicht hatte.

      Eine junge Frau trat ins Freie.

      Sie hieß Teresa Gonzales, hatte einen Doktortitel in Geologie und arbeitete in Boulangers Institut. Selbst in ihrem unförmigen Thermo-Overall wirkte sie noch attraktiv.

      Ihre dunklen Augen waren schreckgeweitet.

      „Professor, kommen Sie schnell!“, rief sie.

      „Was ist passiert?“

      „Joe hatte Funkkontakt mit Randy und Frank!“

      „Und?“

      „Erst hörten wir Schussgeräusche, dann brach der Kontakt ab….“

      „Was?“

      Albert Boulangers Gesicht erstarrte zur Maske. Er ging an der jungen Frau vorbei ins Innere der Baracke. Der Leiter des Boulanger-Camps zwängte sich zwischen großen Transportkisten hindurch und erreichte schließlich Joe Keller, den Funker der Station.

      „Was ist mit unseren Leuten?“, platzte es aus Boulanger heraus.

      „Ich habe keine Ahnung!“, erwiderte Joe Keller ziemlich düster. Er schluckte. Sein Gesicht wirkte blass. Er schien noch ganz unter dem Schock des Geschehenen zu stehen. „Gerade als wir Funkkontakt hatten, waren plötzlich Schussgeräusche zu hören. Frank rief noch, dass sie angegriffen würden. Dann wurde der Kontakt unterbrochen. Das Letzte, was ich hörte war ein Schrei oder so etwas.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin mir da aber nicht hundertprozentig sicher. Das Mikro des Funkgeräts hat ziemlich übersteuert, sodass alles vollkommen verzerrt wurde!“

      Boulanger nickte düster.

      „Ich glaube nicht, dass Frank und Randy noch jemand helfen kann.“

      Inzwischen war Teresa Gonzales hinzugetreten. „Was sollen wir tun?“, fragte sie.

      „Ich nehme an, dass die Killer auf dem Weg hier her sind.“

      „Dann müssen wir sehr schnell sein, um uns in Sicherheit zu bringen…“, meinte Joe Keller.

      Boulanger lachte heiser.

      Verzweiflung klang darin mit.

      „In Sicherheit? Was könnte das für eine Sicherheit sein? Mit dem nötigsten Gepäck in die Eiswüste zu fliehen klingt für mich nicht gerade nach Sicherheit. Aber wir haben wohl kleine andere Wahl. Die Chance, dass wir durchhalten, bis uns irgendjemand aufspürt und abholt ist wahrscheinlich doch etwas größer, als, dass diese Killer uns am Leben lassen.“

      „Ich sage den anderen Bescheid“, kündigte Teresa Gonzales an.

      Boulanger nickte. „Tun Sie das. Aber zuerst müssen wir dafür sorgen, dass sämtliche Daten noch über den Äther gehen…“ Er wandte sich an Keller. „Stellen Sie schon einmal eine Satellitenverbindung