Lachse etwa doppelt so viel Platz wie in konventionellen. Auch müssen Bio-Farmer darauf achten, dass für das Futter der Zuchttiere nicht extra gefischt wurde, wie es in konventionellen Farmen üblich ist – denn so wird der Ansatz, mit Aquakulturen die Meere zu entlasten, ad absurdum geführt. Fisch aus biologischer Aquakultur kann man also mit besserem Gewissen kaufen.
Trotzdem bietet Küchenchef Ludwig Ernst seinen Gästen nur Fisch an, der wild gelebt hat. Denn der ist sein Leben lang geschwommen und hat viel Muskelfleisch aufgebaut.
Beim Einkauf achtet Ludwig Ernst darauf, wie die Fische gefangen wurden. Die hoch industrialisierte Fischerei mit Schleppnetzen, in denen ganze Schwärme gefangen und sofort verarbeitet werden, lehnt er ab: Es werden dabei viele Tiere versehentlich mitgefangen und weggeworfen oder zu Fischfutter verarbeitet.
Wichtig ist ihm auch, ob die Arten schon überfischt sind. Statt Rotem Thun, der stark bedroht ist, nimmt er lieber Gelbflossenthun, der in vielen Fanggebieten noch in ausreichender Zahl zu finden ist. Ganz konsequent ist er hier allerdings nicht – Schwertfisch ist schon stark überfischt und steht trotzdem auf der Karte.
Eine gewisse Sicherheit, dass die Fischfang-Unternehmen auf umweltverträgliche Fangmethoden geachtet haben und die Bestände schonen, gibt das MSC-Siegel auf Verpackungen. Zwar wird das Label der Organisation Marine Stewardship Council dafür kritisiert, dass die Anforderungen zu gering seien. Umweltschützer bewerten das Gütesiegel dennoch in der Regel als hilfreich.
Wer im Fischgeschäft Lachs auswählt, sollte sich auf ein Kriterium nicht verlassen: die Farbe. Zwar hat Lachs, der wild gelebt hat, oft dunkelrot gefärbtes Fleisch. Die Farbe entsteht, weil sich der Fisch unter anderem von rötlichen Krebsen ernährt. Es gibt aber auch wilden Lachs, der andere Nahrungsquellen hatte und dessen Fleisch deshalb blass aussieht.
Lachs, der in Gefangenschaft gelebt und Pellets aus Fischmehl gefressen hat, entwickelt auf natürliche Weise kein rosiges Fleisch. Damit er in der Packung nicht fahl aussieht, versetzen die Produzenten das Futter oft mit Farbstoffen, meist Carotinoiden.
Leuchtet der Lachs also appetitlich orange, kann das auch ein Trick sein.
»Es soll auch in 20 Jahren noch Fische in den Meeren geben«
Küchenchef Ludwig Ernst serviert nur Fisch, der mit Leinen oder Angeln gefangen wurde. Schleppnetze, mit denen Industriefischer die Meere im großen Stil leeren, lehnt das Restaurant Jellyfish dagegen ab.
»Ich fahre jeden Morgen zu unseren Fischhändlern hier in Hamburg und gehe direkt in die Abteilung für Fische, die mit Leinen geangelt wurden. Bei dieser Fangart gehen von einem Boot etwa 20 Angeln aus. So kann der Fischer in der Bretagne gezielt einen Loup de Mer mit Ködern, die nur diese Fischart gern frisst, fangen. Während in der industriellen Großfischerei viele Tiere aus Versehen in den Netzen landen, ist Beifang bei dieser Methode so gut wie ausgeschlossen. Und der Fisch hat die Qualität, die wir in unserem Restaurant anbieten wollen, in Bezug auf Geschmack und Nachhaltigkeit. Ich serviere zum Beispiel Filets, auf der Haut gebraten, dazu nur einen Salat oder die südamerikanische Spezialität Ceviche, also in Limettensaft gegarte Filetstücke etwa vom Skrei – so esse ich selbst Fisch auch gerne. Natürlich kostet ein Fisch bei uns auch viel mehr als in Lokalen, die ihre Ware von Großfischereien beziehen, deren Fangmethoden den Meeren schaden. Deshalb erklären wir jedem Gast unsere Mission: Es soll auch in zwanzig Jahren noch Fische in den Meeren geben. So bekommen die Gäste bei uns nicht nur ein gutes Essen, sondern auch ein gutes Gefühl.«
Ludwig Ernst, Küchenchef im Restaurant Jellyfish
Worauf man achten sollte
Wenn mehrere Fische exakt gleich groß sind, deutet das darauf hin, dass sie aus einer schlechten Aquakultur stammen, in der die Fische alle exakt gleich viel Futter bekamen, gleich wenig Bewegung hatten und im gleichen Alter geschlachtet wurden.
Klare Augen und kräftig rote Kiemen gehören zu den Kriterien, die zeigen, dass der Fisch frisch ist. Allerdings tricksen manche Anbieter und färben die Kiemen künstlich ein.
Rote Flecken in Filets können Blutergüsse sein. Sie können entstehen, wenn die Fische mit Schleppnetzen gefangen und dabei stark zusammengequetscht werden.
Vegetarismus
Tiere sind auch nur Menschen
Dürfen Menschen Rinder, Schweine und Hühner töten? Eine ethische Rechtfertigung fürs Fleischessen gibt es nicht. Ein Plädoyer für den Vegetarismus.
Von Iris Radisch
Das Wichtigste
Vegetarisch essen kommt in Mode – und ist die einzig moralisch vertretbare Ernährungsform. Alle Argumentationen, die das Fleischessen rechtfertigen sollen, halten einer genauen Betrachtung nicht stand: Weder liegt es in der Natur des Menschen, Tiere zu essen, noch hat er das Recht dazu, weil er ihnen genetisch oder kulturell überlegen wäre. Manche sehen die Lösung darin, den Fleischkonsum einzuschränken, konsequent ist nur totaler Verzicht.
Immer weniger Menschen essen Fleisch. Der Grund: die Belastungen von Umwelt und Gesundheit durch die Massentierhaltung, vor allem aber die Einsicht, dass die Tiere unsere nächsten Verwandten sind.
Die alles entscheidende Frage, dürfen wir Tiere töten, um ihre Leichen zu essen, haben wir seit Ewigkeiten beantwortet. Vielleicht nicht mit dem Kopf, aber doch mit den Zähnen. Der Tieresser steht auf der Siegerseite der Evolution. Er ist der König der Nahrungskette.
Ausgiebiger Fleischgenuss signalisierte lange Zeit Wohlstand, und Wohlstand signalisierte soziale Integration. Je bedeutender der Mensch, desto größer die Fleischportion auf seinem Teller. Vegetarismus hingegen war eine Lebensweise mit dem zweifelhaften Odium einer sektiererhaften Marotte. Sie berief sich zwar gelegentlich auf eine ferne antike Überlieferung (die Orphiker und die Pythagoräer waren Vegetarier), entstand aber eigentlich erst in den Umtrieben der Lebensreformbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts, die ihrerseits eine widerspenstige und anarchische Reaktion auf die Zwänge der beginnenden Industrialisierung war.
Der Vegetarier war ein Sonderling, ein Außenseiter der Gesellschaft. An ihm haftete der Makel, sich einem zentralen Übereinkommen des vernünftigen Zusammenlebens zu widersetzen. Wer nicht wie alle anderen Fleisch aß, war womöglich auch sonst zu nichts Ordentlichem zu gebrauchen. Zahlreich waren die Anekdoten, die das berufliche Missgeschick dieses oder jenes Großonkels auf die in meiner Familie seit Generationen verbreitete Unfähigkeit, Tiere zu essen, zurückführten.
Das alles scheint lange her zu sein und ist doch erst seit Kurzem vorbei. Heute ist der Vegetarismus in jedem Sinn in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Vegetarische Gaststätten gibt es überall in den Innenstadtvierteln, in Berlin hat erst kürzlich die erste vegetarische Mensa eröffnet. Es gibt viele Intellektuelle und Künstler, die sich für den Vegetarismus einsetzen. Und es gibt einen Vegetarismus-Chic in den besseren Kreisen. Der amerikanische Schriftsteller Jonathan Safran Foer veröffentlichte im Jahr 2010 ein viel diskutiertes Buch, das uns in schönster Offenheit dazu auffordert, am besten keine und am zweitbesten weniger Tiere zu essen. Alles schön und gut. Bleibt nur noch die Frage, ob wir Tiere überhaupt töten dürfen.
Normalerweise werben die Vegetarier für ihre Lebensart, indem sie den Fleischessern die gesundheitlichen Nachteile ihrer Ernährungsweise mahnend vor Augen halten. Dazu zählen unter anderem Herz- und Krebsleiden und eine mögliche Übertragung von Keimen und Giftstoffen. Das alles ist bedenkenswert. Für die Frage nach unserem Recht, Tiere zu töten, um sie zu essen, sind diese luxuriösen Diskussionen um die möglichen Zuwachsraten unseres ohnehin bereits beträchtlichen leiblichen Wohlergehens aber unerheblich.
Das gilt auch für den noch viel gewichtigeren Trumpf in der Hand der Vegetarier: ihren Hinweis auf die ungeheuere Belastung der Erde durch die Treibhausgasemissionen, die durch die Massentierhaltung entstehen. Nach Messungen des unabhängigen Washingtoner Worldwatch Institute ist die Massentierhaltung nicht nur, wie bisher angenommen, für 18 Prozent, sondern sogar für über 50 Prozent der