so schnell aus der Hosentasche geholt hatte. Heute gab es keine Nicole. Es hieß: zuerst Geld suchen, Rechnung bezahlen, Rita etwas Schönes mitbringen und sich wieder versöhnen.
Rita war eigentlich eine ganz liebe Frau, geduldig, mütterlich, hatte aber eine sehr starke Persönlichkeit. Die Männer waren immer unsicher in ihrer Nähe. Aber sie tat Johnny Walker so gut und trotz allem stand sie immer zu ihm.
Johnny Walker wechselte die Straßenseite um dort zu laufen, wo es wegen der Bäume ein bisschen Schatten gab. Er war schon total nass geschwitzt und durch das Hemd, das an seiner Brust klebte, konnte man einen super Körper erahnen. J.W. liebte es, seinen Körper zu pflegen und trieb regelmäßig Sport. Er wusste genau, dass dieser Körper sein Kapital war. Ein Kapital, das er sehr gut anlegen musste, um nur von den Zinsen dafür zu leben. Genau das hatte er heute im Internet noch besser begriffen. Schade, dass Rita nicht hören wollte.
Plötzlich raste ein Moto Taxi direkt vor ihn, ohne zu hupen und mit drei Fahrgästen darauf. Johnny Walker schaffte es gerade noch so, dem Moto auszuweichen und fiel auf den sandigen Boden. Nun war er richtig schmutzig. Das weiße Hemd war nun voller roter Flecken. Seine Jeanshose war zwischen den Beinen ausgerissen. „Nur das hat mir noch gefehlt“, schimpfte er lautstark.
Der Motofahrer bremste gar nicht, er schleuderte nach links, nach rechts, mehrmals und schaffte gerade noch die Kurve als ein voll beladener Bus aus der Ecke kam. Er hörte nur ein Echo des Motofahrers, der so was gesagt haben musste wie: „Du Arschloch, willst du mich verkaufen? Geh und hol andere Leute, nicht mich, Dummkopf!“ Jemanden verkaufen heißt in Kamerun jemanden als Opfer hingeben, um reich oder mächtig zu sein.
Die ganze Szene war verrückt. Der Motofahrer hatte Schuld, riskierte sein Leben und die seiner Mitfahrer und schimpfte sogar noch dazu. Null Selbstkritik. Das Moto war schon weg. „Typisch Kamerun“, sagte Johnny. „Was kostet denn das Leben von einem Mensch hier? Sie fahren so, als ob sie nie sterben könnten.“
Er stand wieder auf, schaute, wie er aussah und typisch Johnny Walker, lachte er schon wieder. Er hatte einen Plan, was er erzählen würde, wenn die Frauen ihn in so einem bemitleidenswerten Outfit sehen würden. Was für andere Menschen negative Situationen waren, daraus konnte Johnny Walker Gold extrahieren.
Mit seiner ganzen Würde ging er seinen Weg weiter. Kurz vor Ankunft in der Straße, wo die In-Kneipen und Bars waren, klingelte noch einmal sein Telefon. Er zögerte und überlegte kurz, wer das sein könnte. Nicole hoffentlich nicht. Er würde sowieso bei ihr nicht dran gehen. „Diese Nicole nervt mich schon langsam“, sagte er, aber er wusste, dass er selbst schuld war, dass es so gekommen war.
Er konnte nicht von Nicole und von ihrem schönen und sinnlichen Körper lassen (nur an sie zu denken, gab ihm schon eine unglaublich starke Erektion).
Das Problem aber war, dass er sich Nicole als wohlhabende, aus New York kommende Persönlichkeit vorgestellt hatte. Er hatte sich als Johnny fuck me Walker präsentiert. Es klang total amerikanisch. Er wäre hier nur zum Urlaub und wolle einige Immobilien kaufen.
Nun dachte Nicole, sie hätte das große Los gezogen. „Er ist nicht nur mein Mr. Europavisum und ein wohlhabender Mann, nein er ist dazu noch ein Afrikaner, ein Kameruner. Ja, so einen Mann darf man und kann man lieben“, erzählte sie überall.
Ihr Glück war perfekt. Musste sie meinen. Sie erwartete ein böses Erwachen. Die ganze dramatische Geschichte wird in einem anderen Buch „Johnny fuck me Walker, der Wohlhabende aus New York, mein Internet-Prinz in Afrika“ ausführlich dargelegt.
Die Person, die anrief, wollte nicht so schnell aufgeben. Nach mehrmaligen Versuchen entschied er sich doch zu schauen, wer da war. Sein Herz schlug schneller, ein großes Lachen hellte sein Gesicht auf.
„Hallo, ma chérie, mon amour de tous les jours?“, hörte er sich sagen.
„Où es tu?“
… „Je t’aime à mourir sans toi que deviendrai ma vie? par ce que je pensais à toi sans arrêt, que je me suis mis en route en espérant te voir à Dubaï.“
« … c’est vrai je te dis, mon miel, et en passant le route avec ton image qui m’a fait perdre la tête oubliant que j’étais en route, une moto m’a cogné. Viens vite je suis assis au bord de la route et te pleure pour toi. Pourquoi souffrir ainsi seulement pour l´amour, dis mois, pourquoi souffrir ainsi seulement pour toi?“
Übersetzt bedeutete es: „Hallo mein Schatz, meine Geliebte in allen Zeiten…“, „wo bist du denn?“, …„Ich liebe dich zum Sterben, ohne dich, was wäre mein Leben? Weil ich so an dich gedacht habe und dich unbedingt sehen wollte, habe ich mich, wie in Trance auf den Weg gemacht mit der Hoffnung dich in der Bar Dubai zu sehen“, … „Das ist wahr mein Honig, ich war so bei dir in Gedanken, dass ich vergesse habe, dass ich auf einer Straße bin. So hat mich ein Motofahrer umgestoßen. Komm schnell. Ich sitze einfach hier auf dem Boden und kann nicht mehr, bis du kommst. Warum muss ich so leiden? Wegen der Liebe für dich soll ich so leiden?“
Seine Gestik und seine Mimik entsprachen dem, was er sagte. Zum Beispiel, als er sagte, er säße auf dem Boden, machte er das auch und setzte sich auf den Boden.
Wie gesagt, Johnny Walker war ein Meister im Planen, auch in Situationen, wo viele schon die Nerven verloren hätten. Sein Plan würde bald aufgehen. Er wusste genau, dass Amina sehr schnell zu ihm eilen würde. Die Wörter hatten ihre Wirkung gezeigt. Da war er sich sicher.
Es ist nicht so, dass es den kamerunischen Frauen nicht bewusst wäre, dass diese schönen Wörter, diese Liebespoesien, nur Spielchen sind. Sie wissen das und sie lieben es. Sie machen das gleiche auch. In dem Moment genießt man einfach die Wörter, man freut sich, dass man etwas Besonderes ist, dass man angehimmelt wird. Dieses Gefühl macht Spaß, lockert die Atmosphäre und macht gute Laune. Man möchte ein paar Stunden zusammen verbringen und es schön haben. Man macht dem anderen schöne Komplimente und genießt dieses Theater sehr gern, besonders zwischen Geliebten. Schmeichelei gehört dazu. „Man lebt nur einmal“, sagen die Afrikaner.
Es ist auch tatsächlich so, dass wenn es wirklich um wahre Liebe geht, die Afrikaner doch sehr zurückhaltend werden mit Wörtern. Johnny würde niemals so reden, wenn Amina seine richtige Frau oder feste Freundin wäre. Man muss deswegen aufpassen, wenn einer mit seiner Liebespoesie anfängt. Daran kann man oft sehen, dass man für diese Person nur ein Spaß ist und man deswegen niemals den Kopf verlieren darf.
Amina war auch sehr schnell bei ihm. Sie war eine attraktive Frau, Mitte–Ende 40, verheiratet mit einem Wohlhabenden in der Stadt und Mutter von vier Kindern. Sie musste J.W. schnell einsammeln, um mit ihm irgendwohin zu fahren, wo nicht viele Augen waren.
„Ho, mon chou, qu’est ce qui t’est arrivé?“, (Ho, mein Liebling, was ist dir passiert?) fragte sie. Chou heißt eigentlich Kohl, Weißkohl aber der Ausdruck wird auch benutzt als Liebeskompliment.
Johnny sagte nur „à cause de toi mon bonbon, à cause de toi“, („wegen dir mein Bonbon, wegen dir“) er ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, schloss die Augen.
Amina sah Johnny Walker das erste Mal schwach und hilflos. „So sieht er noch schnuckeliger aus“, dachte sie und bekam sofort Lust, mit ihm zu schlafen.
Sie fuhren wieder zurück über die sehr wichtige Brücke „Pont du Wouri“ in sein Viertel in Bonaberi. Amina parkte den neuen Porsche Cayenne hinter dem Internetcafé, ließ aber den Motor laufen, damit die Klimaanlage weiter frische und kalte Luft ins Auto pumpte.
Johnny Walker stieg aus und ging so schnell er konnte nach Hause. Als er kam, sah er drei Kanister voll mit Wasser. Rita hatte das Wasser vom Nachbarn bekommen. Er schämte sich so sehr, als er ein bisschen davon nahm um sich die Händen und den Kopf zu waschen. Danach ging er schnell, aber leise wie eine Katze in sein Zimmer. Rita war dabei, sich zu duschen und tat so, als ob sie nicht gehört hatte, dass jemand das Haus betreten hatte. Nach fünf Minuten war Johnny fertig angezogen und sah wieder nach Johnny Walker aus: elegant, wie ein Filmstar.
Als er die Wohnung auf Zehenspitzen verlassen wollte, kam plötzlich eine Stimme aus der Toilette: „Wehe, wenn du diese Rechnung heute nicht zahlst.