Ja.<<
>> Wann?<<
>> Gestern Abend.<<
>> Na dann herzlichen Glückwunsch.<<
>> Danke Stan.<<
Er nickte und strahlte mich an. Ich fühlte mich in seiner Gegenwart wohl, was die Sache um einiges leichter machte.
>> Gut, aber kommen wir zu unserem eigentlichen Thema zurück. Du hast in dem Flugzeug gesessen, das vor einer Woche abgestürzt ist. Ich glaube, ich kann den Zuschauern verraten, dass auch meine Familie und ich gebannt vor dem Fernseher saßen und gehofft haben, dass du überleben würdest. Immerhin kennen wir uns schon eine ganze Zeit lang. Jedenfalls hat Mick Bold in den letzten Tagen viel über eure Begegnung erzählt, wobei du da einiges richtig stellen möchtest. Erzähl uns doch einmal deine Version.<<
Ich erzählte ihm alles vom Einsteigen in den Flieger, bis zu dem Zeitpunkt, wo wir aufschlugen. Zwischendurch stockte ich immer wieder, weil die Erinnerungen noch zu frisch waren und ich die Bilder noch nicht verarbeitet hatte.
>> Also hast du dich überhaupt nicht mit ihm unterhalten?<<
>> Nein. Nur zwei Sätze kurz bevor wir aufschlugen.<<
>> Und auf Toilette warst du auch nicht?<<
>> Nein. Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen. Ich habe wirklich nur geschlafen. Ich habe nicht mit ihm geredet, weder über die Insassen noch über den Flug, oder Australien. Auch über meine Beziehung habe ich nicht mit ihm geredet. Wie man sieht, haben wir uns nicht getrennt, sondern sogar geheiratet. Wir haben keinen Disput und er ist auch nicht geizig. Er vernachlässigt mich nicht, stattdessen stehe ich bei ihm an erster Stelle. Das ist alles erstunken und erlogen, was Mr Bold da erzählt hat, wobei ich wirklich nicht weiß, warum er dies macht. Ich bin nicht auf Toilette gegangen, habe keine Nähe zu ihm gesucht, sondern eher das Gegenteil. Ich habe mich nicht an seine Hand gekuschelt oder ihn darum gebeten mir die Rettungsweste anzuziehen. Das habe ich allein geschafft. Einzig und allein seine Hand habe ich gedrückt, als wir aufschlugen, da es ziemlich beängstigend ist, wenn man abstürzt und dem eigenen Tod ins Auge blickt.<<
>> In Ordnung. Wir waren an der Stelle, wo du ohnmächtig warst. Wie bist du dann aus dem Flugzeug herausgekommen?<<
>> Eine wunderbare Stewardess, namens Heather Doyle hat mir das Leben gerettet. Ich werde sie nie vergessen, sie ist meine Heldin.<<
>> Was hat sie gemacht?<<
>> Sie hat mich geweckt und mir den Ausweg aus dem Flugzeug gezeigt. Ich möchte den Angehörigen und Freunden, einfach allen die Heather Doyle gekannt haben, meinen größten Respekt für ihre Heather aussprechen. Sie war die Einzige, die mir geholfen hat, während alle anderen nur an sich gedacht haben. Ich weiß zwar nicht, wieso sie unbedingt wieder ins Hintere des Flugzeugs musste, weil ich niemanden mehr gesehen habe und warum sie meine Hilfe nicht brauchte und wollte, aber sie werde ich niemals vergessen. Ich hatte so gehofft, dass sie es auch schaffen würde.<<
>> Heather Doyle ist eine der Flugbegleiterinnen gewesen, die es nicht geschafft haben?<<
>> Richtig. Falls die Familie das hier sieht, soll sie sich melden, da ich ihnen noch etwas mitteilen und geben soll.<<
>> Die Angehörigen können sich gern an den Sender wenden, wir stellen dann den Kontakt zu dir her.<<
>> Das wäre nett.<<
>> Gut. Mick hat berichtet, dass du aus dem Meer aufgetaucht warst, als das Flugzeug schon fast vollständig untergegangen war. Musstest du also aus dem Flugzeug heraustauchen, um dich befreien zu können?<<
>> Ja und das hat mehrere Anläufe gebraucht. Es war ziemlich schwierig, sodass ich fast aufgegeben hätte.<<
>> Du wolltest aufgeben?<< fragte Stan sichtlich schockiert, während ich so langsam mit meinen Gefühlen kämpfen musste. Es wurden einfach zu viele offene Wunden aufgerissen.
>> Wenn du immer wieder heruntertauchst und den Ausgang suchst, ihn aber nicht findest, an Leichen stößt und deine Kraft schwindet, der Sauerstoff immer knapper wird, die Lungen ihren Dienst versagen und du immer verzweifelter wirst, dann denkst du dir irgendwann, dass es einfacher wäre zu sterben, dass du es eh nicht mehr schaffen wirst. Aber mehr möchte ich dazu nicht sagen, auch nicht zu dem, was draußen passiert ist. Es war einfach zu heftig. Einige schaffen es vielleicht sofort wieder alles zu vergessen, aber ich leider nicht. Die Szenen verfolgen mich jede verdammte Nacht.<<
Bei dem Gedanken daran, wie zur Zeit meine Nächte aussahen, musste ich kurz die Tränen hinunterschlucken und versuchte normal weiterzuatmen. Doch dadurch, dass ich alles bis zum Absturz erzählt hatte, das Bild von dem Jungen am Boden im Kopf hatte, ebenso wie das von Heather Doyle und die Gedanken darüber, wie ich aus dem Flugzeug entkommen war, zusammen mit den Albträumen, war zu viel für mich. Ich schloss für einen Moment die Augen, als ich plötzlich Ethans starke Arme um mich spürte und merkte, wie er sich neben mich setzte.
>> Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, darf ich ihnen Mr Thatcher vorstellen. Hallo Mr Thatcher.<<
>> Hallo.<<
Eilig wischte ich mir die Tränen weg und atmete tief durch. Ethan strich mir immer wieder beruhigend über meinen Oberarm, sodass ich mich schnell wieder im Griff hatte, weil er mir so viel Kraft gab und ich wusste, dass mir in seinen Armen nichts passieren konnte.
>> Auch Ihnen noch einmal herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit.<<
>> Danke.<<
>> Darf ich fragen, wie es für Sie war, als Sie von dem Unglück erfahren haben und wussten, dass Sarah in dem Flugzeug war?<<
>> Ich denke es war, wie für alle anderen auch, die Hölle, da bin ich keine Ausnahme. Nicht zu wissen, was passiert war, wer überlebt hatte, keine Informationen zu bekommen und immer wieder vertröstet zu werden. Am schlimmsten war der Moment, in dem man mir sagte, dass ich akzeptieren solle, dass Sarah Tod sei.<<
Er blickte mich kurz liebevoll an, als er mich noch enger an sich drückte, mir einen Kuss auf den Kopf gab und tief durchatmete.
>> Doch im Gegensatz zu manch anderen, habe ich meine geliebte Frau wieder. Ich kann nur erahnen wie es denen gehen muss, die ihre Angehörigen, ihre Lebenspartner, oder auch Freunde dort verloren haben und möchte ihnen gerne mein Beileid aussprechen. Vor allem möchte ich auch den Angehörigen von Heather Doyle mein Beileid, meine Bewunderung, aber auch meinen Dank aussprechen.<<
>> Was empfinden Sie bei den Worten von Mr Bold?<<
>> Nur Mitleid und Spott.<<
>> Wieso?<<
>> Weil ich weiß, wie es wirklich war. Ich glaube meiner Frau und er hat sich dadurch verraten, dass er mir Geiz unterstellt hat. Wie Sarah schon sagte, hatte ich sie darum gebeten meinen Flieger zu nehmen, doch sie wollte nicht auf meine Kosten fliegen, dadurch hat er mir gezeigt, dass er nur Lügen verbreitet. Ich kann mir nur in etwa vorstellen, wie armselig sein Leben sein muss, wenn er sich durch so ein tragisches Unglück, wo Menschen ums Leben gekommen sind, mit Lügen in den Mittelpunkt stellen muss. Das ist einfach nur geschmacklos und ein Hohn an alle anderen Passagiere.<<
>> Eine letzte Frage habe ich noch. Stimmt es, dass Sie gegen die Fluggesellschaft Klage erhoben haben?<<
>> Ja, das stimmt, weil ich der Fluggesellschaft die Schuld dafür gebe, dass die Maschine abgestürzt ist. Es hätte nicht passieren müssen, wenn die Sicherheit an erster Stelle gestanden hätte. Mein Anwalt hat bereits alle Insassen des Fluges angeschrieben, sodass es zu einer Sammelklage kommen kann. Ausgeschlossen Mr Bold, der hat das anscheinend nicht nötig.<<
>> Mr und Mrs Thatcher ich danke Ihnen, dass sie heute gekommen sind und uns aufgeklärt haben. Wir wünschen Ihnen noch einmal