I. Tame

Malik Mantikor … trifft Fynn Lichtermeer


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Hier und da liegen einige Kleidungsstücke herum. Die ersten Strahlen einer freundlichen Morgensonne stehlen sich durch die halb aufgedrehten Jalousien. Cool – sein Kater – blinzelt ihn verschlafen an. Mal wieder hat er es sich in einem Korb mit Bügelwäsche bequem gemacht. Nicht nur, dass Fynn es hasst, seine Klamotten bügeln zu müssen. Nein, auch sein ewiges Hinausschieben dieser Tätigkeit wird prompt vom Schicksal bestraft, da die obersten Shirts mit Cools schwarzen Haaren bedeckt sind. Jetzt – wo der Kater Fynns Erwachen bemerkt – reißt er sein Mäulchen zu einem allumfassenden Gähnen auf. Die weißen Zähne blitzen wie Zwergendolche. Mit einem geschmeidigen Hopser verlässt Cool den Korb und stolziert aus dem Raum. Das Signal ist eindeutig: Alter, schwing deinen Hintern aus dem Bett, schließlich hab' ich Hunger!!

      Alles scheint tatsächlich wie immer. Still und friedlich … um halb Sechs morgens. Doch Fynn fühlt sich aufgewühlt wie selten.

      Oh Gott, was hab' ich nur geträumt, dass ich so panisch aufgewacht bin?! Ein letztes Mal atmet er laut aus und löst seine verkrampften Finger aus dem Bettlaken. Langsam werd' ich echt zum Psycho. Erst bilde ich mir ein, einen überirdisch attraktiven Typen „Bei Resi“ zu treffen und dann schüttelt mich irgendein absurder Traum, an den ich mich nicht erinnern kann. Ich weiß doch sonst immer, was ich geträumt hab'.

      Stöhnend schiebt er die ekelhaft feuchte Bettdecke beiseite und setzt sich auf die Bettkante. Er stützt die Ellbogen auf die Knie und vergräbt sein Gesicht in den Handflächen. So viel hab' ich doch gar nicht gesoffen. Nur das übliche Pensum, wenn Yassin und ich Dart spielen. Verdammt, ich werd' alt.

      Fynn beschließt, dass ihm eine kalte Dusche gut tun wird. Mit bleischweren Knochen erhebt er sich und schiebt auf dem Weg ins Bad seine Boxershorts über den Hintern. Schließlich kickt er das Stück Stoff in die nächste Ecke. Nackt wie Gott ihn schuf schiebt er sich in die alles andere als geräumige Duschkabine und dreht das Wasser auf. Mhmm. Wunderbar. Vielleicht doch nicht ganz so kalt. Aaah, ja!! Mit geschlossenen Augen greift er nach seinem Duschgel und seift sich ein. Der sanfte Duft von Sandelholz schwebt durch das kleine Bad. Fynn entspannt immer mehr. Bis … WAS?!

      Er fasst es einfach nicht. Seine eingeseiften Finger reiben vorsichtig über seine Spalte. Was ihm in seinem schlaftrunkenen Zustand nicht aufgefallen war, tritt nun überdeutlich zutage. Das Duschgel brennt da hinten. Sein After ist wund und gereizt. Ganz klar! Er wurde gefickt.

      In seinem Kopf stolpern die Gedanken übereinander. Aber das KANN doch nicht sein. Ich war mit Yassin unterwegs und dann bin ich nach Hause. Bin ich vergewaltigt worden? Quatsch! Hab' ich es mir mit dem Dildo selbst gemacht? Nein! Das wüsste ich doch! Ich bin doch nicht verrückt! Oder werd' ich es langsam? Das gibt’s doch gar nicht!

      Überstürzt beendet er seine Dusche und trocknet sich hektisch ab. Schließlich wickelt er sich das Tuch locker um die Hüften. Der Badezimmerspiegel zeigt die schonungslose Wahrheit. Ein Mann im besten Alter mit Dreitagebart und dunklen Ringen unter den Augen. In Gedanken versunken kämmt er sich die feuchten Haare aus der Stirn. Sein Körper kann sich wirklich sehen lassen. Er treibt nur ein wenig Sport, doch die Laufrunden und das Schwimmen zeigen ihre Wirkung. Vom Typ her könnte er glatt den nächsten James Bond geben. Vermutlich wäre er ein geeigneter Kandidat, um eine Menge Muskeln aufzubauen, doch Fynn hat keine Lust auf eintöniges Hanteltraining. Seine hellblauen Augen starren ihn an. Was ist nur los mit mir? Ich fühl' mich echt eigenartig. Verunsichert und dennoch zufrieden. Als hätte mir jemand versprochen: Keine Angst! Deine Geburtstagsfeier wird super. Werd' ich verrückt? Verrückt wie meine Mutter? Schnell schiebt er den Gedanken beiseite. So ein Quatsch! Nur weil er mal ein Bier zu viel getrunken hat, muss er sich doch nicht gleich für Dr. Jekyll halten, der ab und zu Mr. Hyde von der Leine lässt.

      Ein Ruck geht durch seinen Körper. Er strafft die Brust und wendet sich um. Erstmal einen Kaffee. Das hat ihn noch immer beruhigt. So langsam kehrt seine Gleichmütigkeit zurück. So ein Schwachsinn. Er schüttelt lächelnd den Kopf. Wahrscheinlich hat er im Schlaf an sich selbst herumgespielt.

      Noch während er Richtung Küche schlendert, blitzt ein Bild durch seine Gedanken: Der junge Marlon Brando im nassen Shirt.

      Der hatte ganz schön viele Muskeln, sinniert er. Wie hieß nochmal der Film, aus dem die Szene stammt? Ach ja, 'Endstation Sehnsucht'.

      „Stella“, äfft Fynn den Schauspieler mit einem halblaut gehauchten Schrei nach. Tjaja, Oldies but Goldies. Die alten Schinken hatten schon was. Dass er diesen Film eigentlich bisher noch gar nicht kannte, fällt ihm dabei nicht auf.

      „Cool, verpiss dich von der Küchentheke!“, befiehlt er halbherzig. Der Kater ignoriert ihn sowieso, also was soll's?! Stattdessen schmiegt sich das pechschwarze Tier gegen seinen Arm, als er die Dose öffnet und Futter in eine kleine Schale löffelt.

      „Hier, du elender Schmarotzer!“ Er bückt sich und stellt das Futter auf den Boden.

      Doch statt sich – wie üblich – sofort darüber herzumachen, gibt Cool ein Fauchen von sich, dass Fynn von seinem Kater noch nie gehört hat. Das Tier steht immer noch auf der Arbeitsplatte, doch es scheint innerhalb von Sekunden die doppelte Körpergröße angenommen zu haben. Er zeigt seine Zähne, legt die Ohren an und macht den typischen Katzenbuckel.

      „Cool“, flüstert er verzagt. „Was ist denn?“

      „Vielleicht hat er Angst vor mir“, ertönt eine belustigte Stimme hinter ihm.

      Wie von der Tarantel gestochen fährt Fynn herum. Die beschmutzte Gabel fällt zu Boden und verteilt dabei einige Reste Katzenfutter. Er reißt seine Augen auf, dass ihm die Lider wehtun. Das ist der Typ aus der Kneipe. Es gibt ihn also doch! Wie kommt der hier rein? Wie hat der mich überhaupt gefunden? Mein Zuhause?!

      „Wie bist du hier reingekommen?“, krächzt er, während er sich unbewusst an der Arbeitsplatte festkrallt. Währenddessen faucht und spuckt sein Kater neben ihm wie eine kleine Kampfmaschine. Die grünen Augen glühen, als hätte jemand ein inneres Feuer entzündet. Immer wieder macht er kleine Hopser, als wolle er den Fremden im nächsten Moment angreifen.

      „Nette Katze!“, bemerkt der Typ, der sich gelassen gegen den Türrahmen zur Küche lehnt. Doch die Ironie in seiner Stimme ist nicht zu überhören. Und plötzlich – so schnell wie es begann – beruhigt sich Cool wieder. Er hört auf zu fauchen, das Fell legt sich und der buschige Schwanz verschwindet. Der Kater ist wie versteinert und starrt den Besucher an. Kein Laut entweicht seiner Kehle; er scheint hypnotisiert.

      „Ich will wissen, wie du hier reingekommen bist! Du kannst doch nicht einfach bei fremden Leuten einbrechen.“ Fynn merkt selbst, wie lahm er seinen Protest vorträgt. Doch das ist wirklich alles, was er vorzubringen vermag. Die Situation ist so abstrus und unwirklich. Er weiß nicht, wie er sich verhalten soll.

      Der freche Kerl verschränkt gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. „Also 'fremd' würde ich jetzt wirklich nicht sagen. Schließlich haben wir uns gestern ein bisschen näher kennengelernt, oder?“

      Er zwinkert zweideutig und Fynn geht ein Licht auf.

      „Du? Und ich? Wir beide?“ Er fasst es nicht. Was ist da nur passiert? Er kann sich an nichts erinnern. Vielleicht stand er unter Drogen. Soll ja vorkommen. Genau! Ihm hatte bestimmt jemand ein paar K.o.-Tropfen ins Bier geschüttet. Vielleicht war Yassin schon weg und er selbst war abgelenkt gewesen!

      Sein Gesichtsausdruck muss wohl Bände sprechen, denn der Typ kommt nun langsam auf ihn zu.

      „Ach, du meine Güte!“, spricht er in sanftem Tonfall, als würde es sich bei Fynn um ein verletztes Tier handeln. Fynn erstarrt. Die plötzliche Nähe des Mannes lähmt ihn. Er spürt wie sein Schwanz hart wird. Das darf doch wohl nicht wahr sein.

      Schwarze Augen fressen sich geradezu an ihm fest. Als würde er die Witterung aufnehmen, rückt der Fremde noch näher und atmet tief durch die Nase. Seine linke Hand legt sich behutsam auf Fynns Wange. Irgendwie kommt ihm diese Geste seltsam vertraut vor. Der Daumen streichelt zärtlich über die Wangenknochen.

      „Das tut mir aber Leid“, spricht der Typ leise weiter. „Wie konnte ich dich nur so schändlich behandeln? Du erinnerst