Kitty Stone

Secret Lover


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Schuhen durch den am Rand aufgehäuften Schnee, durch den man an einigen Stellen einen Durchgang geschaffen hatte. Ich spürte jetzt schon, wie die Nässe sich auch zu meinen Füßen vorarbeitete.

      Mittlerweile vor Kälte zitternd, betrat ich den kleinen Laden und wohlige Wärme empfing mich. Die Ladenglocke ließ den Verkäufer, aber auch meinen Retter zu mir schauen. Doch der warf mir nur einen kurzen Blick zu und wandte sich dann mit größerem Interesse dem Gewehr zu, welches er in den Händen hielt.

      Ganz anders der Verkäufer, der sofort auf mich zugeeilt kam. „Lady, kommen Sie näher an den Ofen“, und er zog mich tatsächlich zu einem alten Holzofen, von dem eine wundervolle Hitze ausging.

      „Sie sollten bei so einem Wetter nicht in dieser Kleidung herumlaufen.“

      Eigentlich hätte es mich sofort auf Abwehr bringen müssen, aber der Ladenbesitzer war einfach nur herzlich und schien es wirklich ernst zu meinen.

      „Ich weiß, deshalb brauche ich auch ganz viele Sachen. Ich hoffe, Sie können mir weiterhelfen.“

      „Natürlich, Lady. Ich führe fast alles im Laden, und wenn nicht, kann ich es Ihnen bis übermorgen besorgen.“

      „Hm, heute wäre schon nicht schlecht, ich muss noch weiter.“

      „Wo geht’s denn hin?“, fragte er neugierig, aber nicht so, dass man das Gefühl hatte, er würde einen ausfragen. Währenddessen schritt er zur Kaffeemaschine und schenkte mir eine große Tasse davon ein. „Milch, Zucker?“

      „Milch, danke. Meine Kollegin Annie Willice hat mir die Hütte von ihrem Grandpa angeboten.“

      „Die Hütte vom alten Paul?“ Er schien kurz zu überlegen, schaut dann kritisch aus dem Schaufenster. „Ist das Ihr Wagen, da draußen?“

      Er zeigte auf meinen kleinen Flitzer, der hinter den Schneemassen kaum noch zu sehen war.

      „Ja“, seufzte ich.

      „Lady, vergessen Sie´s. Mit dem Teil kommen sie da nicht hoch. Die Straßen sind zugeschneit. Allrad und Schneeketten brauchen Sie schon.“

      So viel zu „Die Straßen sind freigeräumt.“

      „Mist“, fluchte ich.

      „Entschuldigung. Ich habe das Gespräch mitbekommen“, mischte sich mein Retter ein und hielt dem Verkäufer die Waffe entgegen. „Die nehm ich, Sam.“ Dann wandte er sich wieder an mich. „Ich könnte Sie fahren. Mein Jeep kommt da ohne Probleme hoch und die Sachen, die Sie sicher noch benötigen werden, passen alle in meinen Wagen.“

      „Ich weiß nicht, Ben, ob das so ne gute Idee ist. Da oben und in der Hütte so alleine“, gab Sam, der Inhaber des Ladens zu bedenken.

      „Oh. Allein ist genau das, was ich möchte. Machen Sie sich mal keine Gedanken. Ich wusste ja, was auf mich zukommt“, wiegelte ich sofort ab. Gut, so ganz hatte ich es nicht gewusst, aber das musste ich denen nicht auf die Nase binden.

      Allerdings musterte mich dieser Ben doch skeptisch, zuckte dann aber mit den Schultern. „Du hast die Lady gehört, Sam. Was brauchen Sie alles?“

      „Alles?“, brachte ich vorsichtig hervor.

      „Ok, ich räume meinen Wagen nur schnell leer, das wird doch mehr, als gedacht. Haben Sie noch Sachen in Ihrem Auto?“

      „Im Kofferraum einen Koffer, den bräuchte ich.“

      „Wie lange wollten Sie bleiben?“

      „Vier Wochen.“

      Ben, der schon auf dem Weg zur Türe war, hielt inne und drehte sich langsam zu mir herum. „Vier Wochen?“ Dann schüttelte er den Kopf und marschierte hinaus.

      „Lady, Sie wollen wirklich so lange hierbleiben und haben nichts dabei?“ Sam schaute mich nicht minder irritiert an.

      „Hören Sie, Sam. Sagen Sie doch bitte Hope. Ich weiß, dass ich sehr seltsam und unvorbereitet auf Sie wirken muss … na ja, letztendlich bin ich es auch.“

      „Lady, äh Hope, machen Sie sich mal keine Gedanken. Ich packe Ihnen alles zusammen, was sie brauchen. Welche Schuhgröße haben Sie?“

      Eine Stunde später war der Pick-up von Ben bis oben hin vollgeladen und meine Kreditkarte um 400 Dollar ärmer. Meine Füße wurden in den trockenen Socken und Stiefeln auch endlich wieder warm und ich verabschiedete mich herzlich von Sam, der versprach, in einigen Tagen Nachschub direkt zur Hütte zu liefern. Aber erst einmal hatte ich alles, um die ersten Tage ohne Probleme zu überstehen.

      Ben half mir beim Einsteigen und fädelte sich geschickt in den doch regen Verkehr des kleinen Örtchens ein. Der Schnee fiel weiterhin ungehindert, das Räumfahrzeug, was ich vorhin schon hatte vorbeifahren sehen, war unermüdlich im Einsatz. Zu dem Schneefall setzte die Dämmerung ein und Ben hatte mir schon prophezeit, dass wir im Dunklen an der Hütte ankommen würden.

      Bei guten Wetterverhältnissen war man eine knappe halbe Stunde unterwegs, heute dagegen würden wir bestimmt eine Stunde unterwegs sein. Die Heizung lief auf Hochtouren und im Wagen war es angenehm warm.

      „Wie kommt es, dass Sie meinen, vier Wochen alleine in der Wildnis verbringen zu müssen?“, begann Ben ein Gespräch.

      „Sag doch bitte Hope und Du zu mir. Und um auf deine Frage zurückzukommen: Lange Geschichte. Die Kurzform: Sitzengelassene Braut … nein, nicht dieses Jahr“, winkte ich schnell ab, als ich seinen geschockten Gesichtsausdruck sah, „aber vor den Weihnachtsfeiertagen war es. Auf jeden Fall ertrage ich es nicht mehr, jedes Jahr daran erinnert zu werden, somit verbringe ich dieses lieber einsam in der Hütte.“

      „Das muss ein Hohlkopf gewesen sein“, ungläubig schüttelte Ben den Kopf.

      „Nach den Geräuschen zu urteilen, war meine beste Freundin gerade dabei … ihm das Hirn raus zu saugen.“

      „Du machst Witze.“

      „Nein. Als er am Altar nicht auf mich wartete, fand ich ihn mit heruntergelassener Hose im Pfarrzimmer und meine Freundin war lautstark dabei, ihm sein Ding zu blasen. Aber lassen wir das Thema. Ich bin hier, um endlich diese Bilder loszuwerden.“

      Den Rest der Fahrt schwiegen wir. Wahrscheinlich war Ben geschockt über das, was ich ihm erzählte. Aber ja, so war es gewesen. Die schmatzenden Geräusche, die meine Freundin von sich gegeben hatte, hallten noch heute in meinen Ohren nach.

      Die Dunkelheit war hereingebrochen, dafür hatte der Schneefall nachgelassen. Fast exakt eine Stunde nach unserem Aufbruch kamen wir an der Hütte von Annies Grandpa an.

      Viel konnte man nicht erkennen und bevor ich ausstieg, kramte ich nach dem Schlüssel, den ich achtlos in die Handtasche geworfen hatte.

      Nach endlosem Wühlen hielt ich ihn triumphierend in der Hand. Ben hatte in der Zwischenzeit eine der Gaslaternen angemacht und drückte mir zusätzlich eine Taschenlampe in die Hand.

      Der Weg zur Tür gestaltete sich schwierig, denn der Schnee lag hier kniehoch. Zum Glück hielten die Stiefel meine Füße trocken und ich kämpfte mich hinter Ben durch die Massen hindurch.

      Ich reichte ihm den Schlüssel weiter und er ließ uns beide hinein. Auch wenn es hier drinnen geschützter war, so war die Temperatur in der Hütte genauso kalt wie draußen.

      „Ich hole deine Sachen, bleib du hier.“

      Er nahm mir die Taschenlampe ab und stellte stattdessen die Laterne auf den Tisch. Viel konnte ich noch nicht erkennen. Ein Tisch, Stühle, dort hinten war wohl ein Kamin.

      Mit der Laterne in der Hand ging ich einmal durch den Raum, der tatsächlich an der hinteren Seite einen riesigen Steinkamin besaß. An der linken Seite standen ein paar Küchenmöbel sowie ein alter Holzofen zum Kochen. Rechter Hand gingen zwei Türen ab, wo ein kurzer Blick bestätigte, dass es einmal das Schlafzimmer und einmal das winzige Bad waren.

      Polternd