David Poppen

Animalische Sinnlichkeit


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      Beide erreichten gleichzeitig ihren Höhepunkt.

      Es kam als rasch wachsender Strom aus seinen Lenden, hart, heiß und gewaltig. Es schoss aus seinem Glied zwischen ihre Beine, während er fest auf sie gepresst dalag. Mal um Mal von einem zuckenden Beben erschüttert, das er mit langen Stößen begleitete. Verebbend noch drängte er seinen Phallus bis zur Wurzel in sie hinein, als gäbe es noch einen Tropfen in ihm, der ihr gehörte und den sie haben musste.

      Aus. Oh Gott, leer und aus.

      „Ich liebe dich, mein Schatz.“

      „Ich liebe dich auch, mein Lius“, antwortete sie mit zärtlicher Stimme.

      Aber sie wurden unterbrochen!

      Das Telefon klingelte.

      Es war seine Mutter, die den Liebenden mitteilte, dass deren Tochter Clara hohes Fieber hatte. Aurelius versprach, unverzüglich das kranke Kind abzuholen zu kommen.

      Dann geschah es!

      Nur wenige Fahrminuten, nachdem sie das Haus seiner Eltern mit der kranken Clara verlassen hatten, verlor Aurelius die Kontrolle über den Wagen!

      Eine schrille Stimme schrie vor Schmerz laut auf!

      Er lag im Auto und blickte sich um. Ein Unfall!

      Aurelius richtete sich auf und versuchte die Autotür zu öffnen.

      Überall Scherben. Die Tür klemmte.

      „Selina, bekommst du deine Tür auf?“, fragte er seine Frau.

      Keine Reaktion!

      „Selina!“, diesmal rief er etwas lauter.

      Endlich reagierte sie, aber nur durch ein gequältes Stöhnen.

      „Alles wird gut“, flüsterte er gequält und versuchte die Fensterscheibe herunter zu kurbeln, bis er bemerkte, dass gar keine Scheibe mehr vorhanden war. Er quetschte sich durch die Öffnung.

      Von außen versuchte er die Beifahrertür zu öffnen um seine Frau zu befreien.

      Die Tür war verklemmt.

      Seine Tochter auf dem Rücksitz konnte er durch das Fenster aus dem Auto holen. Sie war völlig unverletzt.

      Ganz entfernt hörte er gedämpfte Geräusche. Immer mehr Leute standen in der Nähe der Unfallstelle und starrten den Mercedes an, der frontal an einem Baum klebte.

      Wie im Film, dachte Aurelius, lauter Gaffer. Er wartete darauf, dass ihn jemand in den Arm kneifen würde, damit er wieder aufwachte.

      Panik kroch seinen Rücken hinauf.

      Wo blieb die Feuerwehr? Wo der Krankenwagen?

      Dann ertönte das Signal der kommenden Rettung.

      Aurelius nahm seine Tochter in den Arm und lehnte sich gegen einen Baum.

      Ungefähr zwanzig Feuerwehrleute hantierten herum. Lautes Gekreische von einer Rettungsschere war zu hören, mit der versucht wurde, seine Frau Selina aus dem Auto freizubekommen.

      Das ausgelaufene Öl auf der Straße war schon mit Pulver abgedeckt.

      Aurelius drängelte sich an den Feuerwehrleuten vorbei und wollte helfen.

      Da zog ihn ein Mann in Uniform weg, um ihn mit überflüssigen Fragen zu belästigen.

      Eine Frau, die sich zwischenzeitlich um seine Tochter Clara gekümmert hatte, zog Aurelius am Arm. Sie drückte ihm ein Mobiltelefon in die Hand und sagte ihm, dass er irgendwo anrufen sollte.

      Er schaute sie verständnislos an.

      Dann entstand Bewegung an seinem Mercedes. Das Dach war abgesägt und wurde angehoben.

      Die Ärzte wurden hektisch und rannten zu seiner Frau.

      Eine Weile später waren die Hubschrauberrotoren zu hören.

      Es wurde wieder hektisch.

      Aurelius lag mittlerweile in einem Krankenwagen. Einem der Ärzte war es mittlerweile gelungen, ihn auf die Pritsche zu zwingen.

      Das Martinshorn jaulte laut. Dann wurde er wieder ausgeladen. Viele Ärzte wuselten um ihn herum. Alle taten nur ihre Pflicht.

      Dies war der letzte gemeinsame Tag gewesen.

      Die letzte Liebeserklärung, der letzte Orgasmus in ihrem Leben.

      Selina von Bartenstein verstarb noch an der Unfallstelle.

      Gestorben durch einen Autounfall den Aurelius von Bartenstein verursacht hatte.

      Er hatte eindeutig zu viel Whisky getrunken!

      Er gab sich die Schuld an ihrem Tod und hatte damit Recht!

      2

       25 Jahre später

      Aurelius von Bartenstein inspizierte die Baustellen, für die er als Architekt verantwortlich war, am liebsten nach Feierabend. Tagsüber verbrachte er lieber seine Zeit im Büro vor dem Computer. Außerdem konnte er auf diese Weise den oft langwierigen und sinnlosen Erklärungen der mit dem Bau Beschäftigten entgehen. In aller Ruhe konnte er die Baumängel selbst herausfinden.

      Auch der Büroneubau in der Landsberger Straße, zwischen den Münchner Stadtteilen Pasing und Laim gelegen, gehörte zu seinen Projekten.

      Der Architekt parkte seinen Wagen am Straßenrand und näherte sich dem Rohbau. Kein Mensch war mehr auf der Baustelle zu sehen. Leer und bizarr ragte das Gerüst in den abendlichen Himmel.

      Das Licht über München reichte noch aus, um auch in den oberen Stockwerken Details erkennen zu lassen. Der Architekt runzelte die Stirn, als er den Schaft eines Werkzeugs über die Laufplanke in Höhe des dritten Stockwerks herausragen sah.

      Eine bodenlose Schlamperei, für die er am nächsten Tag den Bauleiter zur Rechenschaft ziehen würde!

      Vorsichtshalber wollte Aurelius, der letzten Monat achtundvierzig Jahre alt geworden war, einen Bogen um die Gefahrenstelle machen, doch da geschah plötzlich etwas Seltsames mit ihm!

      So sehr er sich auch bemühte, von dem noch nicht fertigen Bürgersteig hinunter auf die Straße zu gelangen, er schaffte es nicht! Unaufhaltsam näherte er sich dem Gerüst. Schon erreichte er die ersten senkrechten Pfosten.

      Nur mehr wenige Schritte trennten ihn von der Stelle, über welcher der Werkzeugstiel wie eine stumme Drohung in die Luft ragte. Aurelius biss die Lippen zusammen und stemmte sich gegen den rauen Untergrund, der aus festgestampfter Erde bestand. Er strebte zur Straßenmitte, aber eine unsichtbare Kraft drängte ihn vorwärts, der tödlichen Gefahr entgegen.

      Es ging so rasend schnell, dass der Architekt verstandesgemäß nicht mehr erfassen konnte, was mit ihm geschah!

      Anstatt dem Gefahrenpunkt ausweichen zu können, drängte ihn etwas, dass er weder sehen noch fühlen konnte, immer weiter vorwärts.

      Er riss den Kopf in den Nacken und starrte entsetzt zu dem dicken Holzstiel hinauf, der in Höhe des dritten Stockwerks wie ein Bleistift aussah. Für einen Sekundenbruchteil schoss es Aurelius durch den Kopf, welches Werkzeug wohl an diesem Stiel hängen mochte, dann geschah es auch schon!

      Niemand stand da oben im dritten Stock. Die Laufplanken waren so schmal, dass der Architekt jeden Menschen hätte sehen müssen, der darauf ging oder lag.

      Dennoch kippte der Werkzeugstiel, wie von unsichtbarer Hand gestoßen und sauste in die Tiefe. In den wenigen Zehntelsekunden, die bis zum Aufprall blieben, erkannte Aurelius mit Grauen, dass es ein mächtiger Vorschlaghammer war, dessen massiver Metallkopf vor allem aus dieser Höhe durchaus in der Lage war, einen menschlichen Schädel zu Brei zu schlagen.

      Seinen Schädel!

      Denn Aurelius stand genau unterhalb des abstürzenden Hammers. Dieses unerklärliche