Walter Serner

Die Tigerin


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bringen. Mit dem Zeigefinger schichtete er, fast scheu, seine in die Stirn gekämmten pomadisierten Haare. »Weißt du, Bichette ... der Goux, der Laroche, der Cauler et etcetera, war da weiter nichts dabei, wenn warst du allein. Aber jetzt ... das ist anders, sehr anders, bitt ich zu glauben. Dann der Harry. Kennst du ihn doch. Und dann erst der Ralix, dem Hund. Kommt er in drei Tagen heraus, jo.«

      »Er geht die Straße hinunter.« Fec, der alles gehört hatte, setzte sich auf den Tisch, Bichette beobachtend, die unbeweglich zu Boden sah.

      »Oder, Bichette, geh allein weg ... einiger Zeit.« Pimpi ärgerte sich aber sofort über diesen Vorschlag. Deshalb schmißer die Zigarette in den Eimer, daß es aufspritzte, und reichte Fec und Bichette energisch die Hand. »Gefällt mir sehr von dieser Hering. Legt er schwerem Japaner um und meckert keiner Silbe daherüber und nicht über meinem Berührung von dieser gelber Aff.« Er nahm seinen Hut von dem Blechleuchter. An der Tür wandte er sich um. »Wenn braucht ihr was, aber keinem Münze, der kleiner Pimpi immer schläft er noch bei Fécamp. Also good by.« Er warf die Tür hinter sich zu.

      Von der Treppe her erscholl sein Negerlachen.

      »Ich glaube nicht, daß Gaby den Japaner aufhetzte,« sagte Fec nach einer Weile.

      »Wie sie mich reizte, das war gar nicht so guips.«

      »Eine Art weiblicher Pimpi.«

      »Nur nicht so aufrichtig.«

      »Ich sagte ja auch – weiblicher ...«

      Bichette packte Fec an den Schultern, stieß ihn auf einen Stuhl nieder und schmetterte ihm in die Augen: »Was willst du damit sagen, hein?«

      Fec schwieg geringschätzig, die Hände in die Hosentaschen steckend.

      »Du glaubst, daß ich mit Pimpi ...«

      Fec blickte gleichgültig zur Seite.

      »Das ist aus. Längst. Oder glaubst du, daß ich allerhand verheimliche ...?«

      Fecs Lippen spielten mokant. »Hab ich nach etwas gefragt?«

      »Antwort will ich! ... Nein, aber du tatest so, als ob ich ...«

      »Was soll denn das alles!« Fec machte eine unwillige Kopfbewegung.

      Bichette, deren Augen nicht von seinem Gesicht wichen, packte ihn fester. »Oder glaubst du vielleicht, daß ich ...«

      »Ich glaube gar nichts. Das war nie meine Schwäche.«

      Bichette schluckte und ließ seine Schultern los. Sie hakte ihren über und über verknitterten Rock auf, streifte ihn ab undstieg heraus. Dann stellte sie das Lavabo auf den Stuhl und goß in weitem Bogen Wasser ein. »Fec, ich weiß nicht, ob du dich noch erinnerst, was du gestern ... heute morgen bei ›Léon‹ ... Bitte, reich mir das Handtuch! ... Du erinnerst dich?«

      »Ja.«

      »An jedes Wort?«

      Fec, der seine Schuhe putzte, nickte.

      Bichette beendete schweigend ihre Toilette.

      »Warum fragtest du?« Fec betrachtete ihre starken steilen Beine.

      »Couçi couça.« Bichette zog ihre schmutzige Bluse aus, warf sie zu Boden, ließ ihre kurze Seiden-Combinaison fallen und stieg auf die Kommode, um ihren Akt im Spiegel sehen zu können.

      Fec wurde ärgerlich. »Ich war besoffen.«

      »Scheinst dich zu entschuldigen.« Bichette hatte sich ihm schnell zugekehrt. Als sie ihn fast verwirrt dastehen sah, sprang sie höhnisch lachend herunter. »Er entschuldigt sich! Schlingue!«

      Fec lächelte widerwillig. »Muß ich das nicht?«

      Bichette ließ eine Schnur um ihre Hand spielen. Die andere liebkoste ihre Brust. »Nein.«

      Fec erstaunte. »Wirklich nicht?«

      »Nein.« Bichettes Augen umglitten ihn forschend.

      »Wirklich?«

      »Nein.« Ihre Augen blieben mit einem flachen Ausdruck stehen.

      Fec wurde so neugierig, daß er unsicher lachte. »Eh ben, dann ist es also abgemacht?« Eine peinigende Verlegenheit, die ihn ganz unvermittelt überfiel, kaum daß er die Frage getan hatte, zwang ihn jedoch, Bichettes Blick zu meiden.

      Bichette rieb achtlos ihre Nägel. »Ja. Aber ...«

      »Aber ...?«

      »Ich ... ich weiß doch nicht ...«

      »Was.«

      »Nicht ganz ...«

      »Was!«

      »Wie du ...«

      »Was denn, zum Teufel!«

      »Wie du dir das alles denkst ... wie ...«

      »Du bist nicht aufrichtig.«

      »Hein? Nicht aufrichtig?«

      »Ja.«

      »Schlingue!« Bichette hieb mit der Faust auf den Tisch, daß es krachte, und begann, ununterbrochen halbe Worte ausstoßend, wild darauf herumzukramen. Endlich fand sie den Schlüssel, sperrte die Ledertasche auf und warf Ketten, Armbänder, Colliers und Etuis kunterbunt auf den Tisch. »Da, da, da, da ...« Ihre zuckenden Finger rissen die Etuis auf und leerten sie aus wie Tüten. Ohrgehänge und Brillantringe rollten umher. Einiges fiel zu Boden. »Glaubst du, du ... daß ich diesen Létsch da mag? Kein Mensch hat mich noch so was tragen sehen.«

      Fec trat auf sie zu, versetzte ihr, von einer Wut gepackt, die ihn selbst dumpf erstaunte, einen Faustschlag auf die Schulter und schleuderte sie aufs Bett.

      Bichette schnellte mit tierischer Behendigkeit hoch.

      Und schon rauften sie. Bösartig. Verbissen. Keuchend. Aber sie schlugen einander nicht ins Gesicht.

      Ein ganz heller spitzer Schrei, der ihm gefährlich klang, ließ Fec zurückfahren.

      Bichette stand schwer atmend da. Ihre Arme hingen wie in allen Gliedern gebrochen. Ihre schwarzen Seidenstrümpfe waren zerrissen. Ihre rot gewordenen zerkratzten Brüste zitterten. Ihr Gesicht war erdfahl. An einem ihrer Halbschuhe fehlte der Absatz. Sie begann zu taumeln.

      Fec, fast erschrocken, umfaßte sie mit beiden Armen und legte sie vorsichtig aufs Bett. »Was hast du ... Was ist ...«

      Bichette bewegte verneinend ein wenig den Kopf. Dann drückte sie die Hände langsam auf Fecs Wangen, zog ihn zu sich nieder und küßte lange und heiß in seinen Mund hinein.

      Nachher kleideten sie sich schweigend an.

      Nach einigem Zögern hob Fec die Bijous auf, legte sie sorgsam in die Ledertasche, schloß diese ab und wollte eben den Schlüssel daneben auf den Tisch legen, als es ihn zwang, zur Seite zu blicken.

      Bichettes Augen waren lauernd auf ihn gerichtet.

      Fec steckte, die Achseln zuckend, den Schlüssel ein.

      Bichette lachte unbestimmt und umhalste ihn. »Aber sag mir jetzt, warum ich nicht aufrichtig war.«

      »Nicht weil du nicht weißt, wie ich mir das alles denke, sondern ... Crotte, wozu auch ...« Fec machte sich unwillig los.

      »Sondern ...« Bichette stampfte mit dem Fuß. »Ich will es wissen. Also ... sondern ...«

      » ... sondern weil du fürchtest, du könntest es vielleicht nicht durchführen.« Fec wußte nicht, weshalb er das überhaupt sagte.

      Bichette trat von ihm weg. »Vielleicht.« Ihr Körper zog ihre Hand von Fecs Schulter. »Aber ich versichere dir, daß es nicht ganz so war. Auf jeden Fall muß das alles noch genau besprochen werden. Dann werde ich schon wissen, ob ich es kann. Aber glaub nur nicht, daß ich schwach bin oder nicht aufrichtig. Ich hab noch immer alles herausgekotzt.«

      Fec unterließ ein kaum begonnenes Lächeln, als er sah, wie Bichettes Augen flogen.

      »Wir