Madlen Schaffhauser

Little Pearl


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wahrscheinlich am Hintern vorbeigeht, dass ich mich freue.

      Doch als ich in den Raum trete, ist er leer. Keine Spur von Sawyer, wie auch vom alten Holzschrank nicht.

      Ich hatte so sehr damit gerechnet, ihn nochmals zu sehen, ehe er das B&B verlässt. Umso enttäuschter bin ich jetzt, dass er es nicht für nötig gehalten hat, mir tschüss zu sagen. Und weil ich weitere sieben Tage warten muss, bis ich ihn wiedersehen werde.

      Und danach? Dann hat er die Arbeit gemacht und wird wieder aus meinem Leben verschwinden. Ich werde ihn nicht mehr sehen oder hören, so wie vor meinem Auftrag. Als hätten wir nie miteinander gesprochen. Dieser Gedanke stimmt mich traurig.

      Mit etwas weniger Enthusiasmus räume ich noch den Rest des Durcheinanders weg, das Dylan und ich angerichtet haben. Anschließend hole ich die Wäsche rein, lege sie zusammen und verstaue sie. Ich mache einen Rundgang und sehe nach, ob alle Türen verschlossen sind, bevor ich nach Hause gehe.

      Gerade als ich das Blue House Inn verlassen will, kommen meine derzeit ältesten Gäste über die Auffahrt. Mr. und Mrs. Franklin.

      »Hatten Sie einen schönen Ausflug?«, frage ich die beiden und halte ihnen die Tür auf.

      Mrs. Franklin lächelt mich herzlich an. »Einen schönen Ort haben Sie hier. Wir sind so viel herumgelaufen, haben Gebäude und Geschäfte angesehen, dass mir jetzt die Füße wehtun.«

      »Oh, das tut mir leid.«

      »Ach Kindchen.« Die Frau über sechzig legt eine Hand auf meinen Arm. »Das braucht Ihnen bestimmt nicht leidtun. Ich bedauere nur, dass wir nicht schon früher hergefunden haben.« Sie lächelt mir zwinkernd zu. »Und dass Sie nicht kochen, denn dann könnten wir unsere müden Knochen etwas ausruhen. Nicht wahr, Harris?«

      Der Mann nickt und gibt ein zustimmendes Brummen von sich.

      »Glauben Sie mir, meine Kochkünste wollen Sie gar nicht probieren«, sage ich lachend. »Waren Sie schon im Sea Fish, gleich am Meer?«

      Beide schütteln zeitgleich den Kopf.

      »Ich persönlich finde das Essen da ganz fein. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen einen Tisch reservieren und ein Taxi kommen lassen.«

      »Nicht nötig, Liebes, wir schaffen das schon. Sie haben schon genug für uns getan.«

      »Wie Sie meinen. Wenn Sie etwas brauchen, wissen Sie ja, wie Sie mich erreichen können. Jederzeit.«

      »Machen wir. Aber Sie sind noch jung, also genießen Sie endlich Ihren Feierabend.« Mrs. Franklin lächelt mich abermals an, dann geht sie hinein, gefolgt von ihrem Mann.

      Ich habe noch eine gute halbe Stunde, dann erwartet mich Emily im Hometown Diner. Also laufe ich schnell nach Hause und stelle mich rasch unter die Dusche. Mein Haus liegt gleich neben dem Bed and Breakfast. Nur einen kleinen Weg über den Rasen und schon bin ich da.

      Ich hätte mir ein Zimmer im B&B einrichten können, aber auch wenn ich meine Gäste mag – jedenfalls die meisten – so brauche ich doch ein Stück Privatsphäre.

      Mein Haus ist nichts Weltbewegendes, ein Bungalow mit zwei Zimmer und Küche. Für mich genügt es, da ich die meiste Zeit sowieso drüben bin. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich eine Familie habe. Denn davon träume ich. Ich wünsche mir eine Familie mit mindestens vier Kindern. Allerdings müsste ich dazu erst einmal den Richtigen finden.

      Kapitel 3

      Mit noch feuchten Haaren schlüpfe ich in ein paar Jeans und ein bequemes rosa Langarmshirt. Gerade als ich die Knöpfe an der Hose schließe, läutet es an der Tür. Etwas genervt, weil ich schon spät dran bin, sehe ich durch den Spion. Das hat mir Mom beigebracht, als ich noch klein war. Niemals die Tür öffnen, wenn man nicht weiß, wer draußen steht. Obwohl mir das Ganze etwas absurd erscheint, wenn man bedenkt, welchen Job ich habe, mache ich es doch ganz vorbildlich.

      Als ich die dunkelbraunen, kinnlangen Haare mit Pony meiner besten Freundin erkenne und sie mich durchs Guckloch mit einer Grimasse begrüßt, entferne ich die Sicherheitskette.

      »Was machst du denn hier? Ich dachte, wir würden uns im Diner treffen.« Wir umarmen uns, ehe ich ins Bad zurückgehe, um mich fertig zu machen.

      »Da ich mir fast sicher war, dass du nicht rechtzeitig da sein würdest, dachte ich mir, ich könnte auch bei dir warten, statt alleine in einem Restaurant und dabei von allen angegafft zu werden, weil man ohne Begleitung dasitzt. Und siehe da, ich hatte recht.« Sie zupft an meinem Haar. »Die sind ja noch ganz feucht.«

      »Wie war dein Tag?«, frage ich, ohne auf ihre Neckereien einzugehen.

      Emily lehnt sich mit dem Hintern an den Waschtisch und stützt die Hände darauf. »Ganz in Ordnung.«

      Ich höre auf meine Haare zu kämmen und blicke zu meiner Freundin. Etwas in ihrer Stimme lässt mich aufhorchen. »Das klingt nicht gerade begeistert. Lässt dich Matthew immer noch nicht in Ruhe?«

      Emily winkt lässig ab, doch ihre grünen Augen sagen etwas anderes.

      »Das ist der eigentliche Grund, warum du jetzt hier bist, stimmt’s?«

      Ihre Mundwinkel wölben sich ein klein wenig. »Schon unglaublich, wie gut wir uns kennen, nicht?«

      Emily und ich sind seit der Grundschule engste Freundinnen. Ich war etwas die Lautere, sie die Scheue. Doch wir verstanden uns auf Anhieb. Haben uns alles erzählt, nie etwas voreinander verheimlicht. Manchmal brauchte es nur einen Blick oder eine Stimmlage und wir wussten, wie es dem anderen geht. So auch jetzt.

      »Was hat er getan?«

      »Eigentlich nichts«, seufzt sie. »Er hat nur einen großen Blumenstrauß mit meinen Lieblingsblumen vor die Tür gestellt.«

      Ihre Mimik gefällt mir nicht. Sie liebt Matthew immer noch. Kein Wunder schließlich waren sie acht Jahre ein Paar. Das Traumpaar von Little Pearl. Sie hatten schon genaue Zukunftspläne. Doch dann, während eines Streits, schlug er ihr mehrmals mitten ins Gesicht.

      Mich schüttelt es, wenn ich bloß daran denke. Wie kann man einem Menschen, den man angeblich über alles liebt, nur so etwas antun? Diese Frage stelle ich mir immer wieder, ohne auf eine Antwort zu kommen.

      Ich habe Emilys geschwollene Wange und das blaue Auge gesehen, was vollkommen ausreicht, um sie vor ihrem Ex beschützen zu wollen. Und leider auch vor sich selbst, wie sich in diesem Moment wieder zeigt.

      Sie sieht mich nicht an und ihre Stimme ist ziemlich leise. »Es ist doch nur einmal passiert.«

      »Einmal zu viel.« Es macht mich traurig, dass sie immer noch versucht, Matthews Handgreiflichkeiten schönzureden.

      Ohne ein weiteres Wort gehe ich in die Küche, nehme mein Handy vom Tisch, scrolle durch die Galerie und kehre ins Bad zurück, wo Emily immer noch ans Waschbecken gelehnt dasteht.

      Sie weiß ganz genau, was jetzt kommt. Ich erkenne es an ihren glänzenden Augen. Meine Methode, ihr ins Gedächtnis zu rufen, was Matthew mit ihr gemacht hat, ist vielleicht etwas brutal, aber sehr erfolgreich.

      Ich drehe mein Smartphone um, das ich an meine Brust gedrückt hatte und zeige ihr das Foto, das ich damals aus einem Impuls heraus, geschossen habe. »Siehst du dich?«

      Emily nickt, mittlerweile rollen ihr Tränen über die Wangen.

      Ich ziehe sie in eine feste Umarmung, muss mich beherrschen, nicht ebenfalls zu weinen. »Du wirst einen Besseren finden. Einen der sich nicht an dir vergreift. Der dich schätz und liebt, wie du es verdient hast«, flüstere ich ihr ins Ohr und fahre ihr sanft über die Haare.

      »Du bist die tollste Freundin, die man sich wünschen kann, weißt du das?«, murmelt sie irgendwann in mein Shirt, ehe sie sich aus meinen Armen löst.

      Ich lächle sie an, ziehe ein Taschentuch aus der Kleenex-Box, die auf dem Waschbecken steht und reiche es ihr. »Das ist gar