Felicitas Dakota

Der Sultan von Karisi


Скачать книгу

      Eva hielt den Kopf meistens gesenkt. Sie hatte ihn sich, als sie eintrat kurz angesehen. Ihr Herz fing an zu rasen. Und sie musste sich zusammennehmen, um nicht aufzufallen. Beim Essen blickte sie auch immer wieder verstohlen zu ihm. Und so als wüsste er es, sah er immer genau dann auch zu ihr. Da sie schnell lernte, konnte sie während des Fluges und auch schon vorher etwas arabisch lernen. Deshalb verstand sie zwar einige Brocken von dem, was gesprochen wurde, doch der Sultan hatte, wie auch Omar, einen Dialekt, den sie schwer verstehen konnte.

      Das Essen war vorbei und der Sultan lud sie noch auf einen Drink und Kaffee ein. Sie gingen ins Nebenzimmer, während die Diener abräumten. Er bot ihnen auch eine Zigarre an. Alle verneinten, da sie keine Raucher waren. Doch einen Drink nahmen sie. Arak, einen spezifischen Schnaps, der nach Anis roch.

      „Der wird ‚dem jungen Mann‘ die Stimme wiedergeben“, meinte Omar.

      Sie prosteten sich zu und dann wurde er ex getrunken. Da sie keinen so starken Schnaps gewohnt waren, fingen alle an zu Husten. Der Sultan lachte. Auch Omar lächelte verschmitzt.

      Doch der Sultan war auf etwas anderes aus. Ein Diener sollte, während sie speisten, die Sachen der Ärzte durchsuchen. Denn ihm war etwas zu Ohren gekommen und der Diener kam auch gerade und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Sultan war schon vorher nicht sehr freundlich. Und das Lachen von vorhin erstarb. Danach sah er noch wilder drein.

      ***

      Der Sultan wollte nur den besten Arzt für sich und hatte schon von diesem Dr. Evans gehört. Dass nur ‚er‘ der Beste sein sollte. Er wollte ‚ihn‘ auch. Doch ihm kam doch zu Ohren, dass es kein männlicher Arzt sein sollte. Er wartete ab, was sie taten. Ihm gab es einen Stich ins Herz, als er ‚den jungen Arzt‘ sah. Seine Augen sprachen Bände und sein Herz hüpfte vor Freude. Er würde doch nicht einen Mann lieben? Diese Augen hatten es ihm sofort angetan. Darum sah er auch ständig während des Essens zu ‚ihm‘. Er vermutete es schon, dass hier etwas nicht stimmte.

      Er war etwas böse auf die drei Ärzte, dass sie es vor ihm verheimlichten. Aber was hätten sie tun sollen? Er wusste es selber. Denn offiziell hätte er es nie erlauben dürfen, dass eine Frau kommt und ihn operiert. Sein ‚Bestes Stück‘ in die Hände einer Frau zu geben. Das behagte ihm gar nicht. Jetzt auch nicht. Und er musste sein Gesicht wahren. Als es der Diener dann auch noch bestätigte, stand er auf, ging zu Dr. Evans, zog ‚ihm‘ die Kopfbedeckung herunter und die langen Haare fielen ihr ins Gesicht. Er drückte sie an die Wand. Die anderen Ärzte sahen schon ihre Felle davon schwimmen.

      „Wer bist du?“, fragte er.

      Er konnte ihre Sprache und verstand sie wahrscheinlich auch. Omar war auch überrascht über diese Aktion. Er vermutete es zwar, hatte aber noch keinen Beweis gehabt.

      „Ich bin Dr. Evans - Dr. Eva Evans, der Urologe, der Sie operieren kann. Und wenn sie mich umbringen, dann werden sie weiter leiden.“

      Ihr Herz pochte stark in ihrer Brust. Auf so eine schnelle Entlarvung war sie nicht gefasst gewesen. Sie spürte auch seinen Puls schneller schlagen.

      „Schweig Frau!“, drohte er ihr.

      Sie war sofort still und sah weiter in seine dunklen Augen und er in ihre. Dr. Meier wollte die Situation retten.

      „Herr Sultan. Bitte verzeihen Sie uns diese Scharade, aber wir hatten sonst keine Wahl. Wenn Sie es vorher gewusst hätten, hätte sie nie kommen dürfen. Und sie ist die Beste, keiner kann es so gut wie sie.“

      „Schweig!“, sagte er auch zu ihm.

      Er schwieg sofort, denn er wollte ihn nicht weiter aufregen. Der Sultan sah ihr immer noch in diese fast schwarzen Augen. Sie sah nicht weg, wie die anderen Frauen es sofort taten, weil sie es so gelernt hatten. Sie bot ihm Paroli. Das gefiel ihm irgendwie. Die Frauen hier waren viel zu sanft. Er stellte es sich schon vor, was er alles mit ihr anstellen würde. Da meldete sich unsanft sein ‚Bestes Stück‘, wegen dem sie hier waren. Offiziell lässt er sich ein Muttermal operieren, das schlimm aussieht und stört. Er ließ sie abrupt wieder los.

      „Bringt sie in ihr Quartier!“

      Er drehte sich um und ging schwer zu seinem Sessel. Eva lächelte in sich hinein. Sie wusste, was passiert war und nicht nur das. Sie hatte ihn sogar gespürt. Und da er sie nicht sofort umbrachte, war das ein gutes Zeichen. In ihrem Quartier, das ab sofort bewacht wurde, fing Dr. Weck sogleich an zu jammern.

      „Das hätten wir nicht machen sollen! Jetzt werden wir gefoltert und dann umgebracht. Wir sehen unsere Heimat nie wieder! Wir hätten gleich die Wahrheit sagen sollen, bevor wir hier hergeflogen sind.“

      „Dann hätten wir gar nicht erst die Chance gehabt zu kommen“, sagte Eva ruhig.

      „Aber dann wären wir nicht in dieser Zwickmühle und liefen nicht Gefahr, nie wieder nach Hause zu kommen! Wer weiß, was sie mit uns anstellen!“, jammerte er weiter und fing an zu heulen.

      „Halt das Maul und hör auf wie eine Memme zu wimmern. Sie tun uns nichts!“, sagte Eva.

      Sie war immer noch ruhig. Dr. Meier ging zu ihr.

      „Was macht Sie so sicher?“, fragte er.

      „Er braucht uns! Und wenn, dann werde ich alles ausbaden, ihr kommt nur mit dem Schrecken davon. Er braucht mich und wie! Denn sonst kann er gleich einpacken.“

      Sie war sich sehr sicher damit.

      „Wie kommen Sie darauf Eva?“

      „Weil ich es weiß. Das reicht für euch“, erwiderte sie und verzog sich in ihr Zimmer.

      ***

      Eva setzte sich auf ihr Bett und dachte an den Abend, als sie mit 18 mit ihren Freunden auf einen Jahrmarkt ging. Dort gab es eine Wahrsagerin. Sie nannte sich Akilah3. Man sagte, sie wäre die Beste. Alle wollten sich vorhersagen lassen. Jeder ging alleine hinein. Kein anderer sollte mitbekommen, was sie voraussagte. Jeder kam lachend heraus und deutete einen Vogel. Wahrscheinlich wollte es keiner zugeben. Zum Schluss war sie dran. Sie sah erschrocken auf die Frau, denn bevor Eva sich setzen konnte, sagte diese nämlich: „Sie sind mutig und werden eine gute Fachärztin für Männerprobleme. Doch das wird ihnen fast zum Verhängnis werden, aber dadurch treffen Sie ihren Mann, in einem fernen Land mit viel Sand und bunten Sternen. Sie müssen ihm helfen … doppelt. Und Sie werden sich ineinander verlieben und bekommen den ersehnten Erben, aber von dem wird er in der größten Not erst erfahren. Dann erst werden Sie mit ihm glücklich werden. Erst später - viel später. Und jetzt geh und lerne. Du musst deine Prüfungen schaffen.“

      Eva zahlte und ging. Da in zwei Tagen für sie eine wichtige Prüfung anstand, ging sie danach sofort nach Hause und ließ sich auch nicht von ihren Freunden überreden noch dazubleiben. Die Prüfung bestand sie mit Auszeichnung. Lange Zeit dachte Eva nicht mehr an diese Prophezeiung, doch als es von den Kollegen hieß:

      ‚In ein Land mit viel Sand und nichts als Hitze, Sternen und kein Meer‘,

      war sie sofort dabei. Eva musste sehr darum kämpfen, dass sie mitdurfte. Und es würde ihnen nichts geschehen. Sie musste nur sehen, dass sie bis hierherkam, um das mit dem Sultan selber zu regeln und auszukämpfen. Dass sie sich sofort in ihn verliebte, hätte sie nie gedacht …

      ***

      Eva wurde durch einen Lärm gestört. Ein Diener kam und brachte ihr die hier angebrachte Kleidung. Sie solle sie anziehen und dann werde sie zum Sultan geführt. Eva tat, was man ihr sagte. Die beiden Männer wollten sie aufhalten.

      „Lasst mich gehen, denn es ist meine Bestimmung!“, entgegnete sie ihnen, schob sie zur Seite und ging mit dem Diener zum Sultan.

      Man führte Dr. Evans in andere Gemächer als vorhin. Er hatte sich auch lockerer gekleidet. Sie waren alleine.

      „Komm her und setz dich zu mir“, sagte er schon etwas ruhiger.

      Eva ging zu ihm und setzte sich auf einen Hocker. Sie war nervös.

      „Und