Felicitas Dakota

Der Sultan von Karisi


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ihm. Ich werde es ihm heute noch erklären“, antwortete Dr. Evans.

      „Aber wie wollen Sie zu ihm gelangen? Oder glauben Sie, die Wachen lassen Sie so einfach zu ihm durch?“

      „Nein, ich denke er wird mich holen lassen. Und außerdem kann man ihm die Nachricht überbringen lassen.“

      Und schon war Eva auf dem Weg zur Tür und öffnete sie schwungvoll. Die Wachen versperrten ihr sofort den Weg.

      „Omar! Holt Omar, ich will ihn sprechen!“

      Da sie sicher nicht den Sultan holen würden und Omar wohl für sie zuständig war, würden sie ihn sicher holen. Und wirklich, einer der Wachen verschwand und Dr. Evans ging wieder hinein. Die andere Wache war beruhigt. Nach einer Weile erschien Omar tatsächlich.

      „Sie haben nach mir gerufen? Was wollen Sie?“

      Dr. Evans stellte sich zu ihm, da er die Männer angesprochen hatte.

      „Ich bräuchte vor dem Mittagessen noch ein Gespräch mit dem Sultan. Es ist sehr wichtig. Fragen Sie ihn, ob er etwas Zeit erübrigen könne. Es dauert sicher nicht lange. Und sagen Sie ihm, Dr. Evans bittet um das Gespräch.“

      Omar sah sie alle der Reihe nach an, verbeugte sich und verschwand. Die beiden Männer schüttelten nur den Kopf. Das würde sicher nichts werden. Aber siehe da, nach einer Stunde kam ein Diener und holte Dr. Evans ab. Sie setzte sich wieder ihren Turban auf. Darunter versteckte sie immer gut ihre Haare. Hier liefen sie alle in den Kaftanen herum. Dr. Evans und auch die anderen Ärzte. Er sah Eva verwundert an, als sie eintrat. Den Diener schickte er weg, nur Omar blieb.

      „Was wollen Sie Dr. Evans, dass es so dringend ist?“

      „Entschuldigen Sie zuerst die Störung. Aber wir müssten aus Vorsicht den Operationsaal noch reinigen und desinfizieren und alle Geräte kontrollieren, dass sicher nichts passieren kann. Im Krankenhaus machen das unsere Reinigungskräfte und Schwestern, aber hier müssen wir das leider notgedrungen selbst machen. Ich würde Sie darum bitten, dass ich vor dem Essen reingelassen werde und ich alles erledigen kann. Es ist ja auch in Ihrem Interesse.“

      Er sah sie zuerst an und Omar wollte schon etwas sagen, doch wehrte er ihn mit einem Handzeichen sofort ab.

      „Ist er nicht sauber genug? Er wird gut gelüftet und ist nach dem Aufstellen gereinigt worden.“

      „Das reicht leider nicht. Vor jeder OP muss der Operationsaal erneut gereinigt werden. Es braucht nur ein winziges Staubkorn, das in die Wunde kommt und schon kann es zu einer Infektion kommen. Und wir müssen noch einmal operieren.“

      Eva lag schon etwas anderes auf der Zunge, doch sie hielt sich zurück. Das leuchtete ihm ein. Er stand auf, ging zu einer Schatulle und öffnete sie. Nahm etwas heraus und ging zu ihr. Leise, dass Omar es nicht hören konnte, sagte er zu ihr: „Ich lege den Schlüssel vertrauensvoll in deine Hände. Ich werde eine Wache zu dir schicken, die dich hinbringt und auf dich aufpasst.“

      „Mir wäre es lieber, die Wache würde vor der Tür warten. Damit sie den Saal nicht verunreinigt. Und es gäbe noch eine Kleinigkeit zu besprechen wegen der OP. Wann würde es Ihnen passen?“

      „Gut. Aber dann tust du mir auch einen Gefallen!“

      „Und welchen Herr Sultan?“

      Sie wusste jetzt würde nichts, noch nichts passieren.

      „Ich möchte dich dafür gerne heute Abend in einem westlichen Kleid sehen.

      Ich hoffe, du hast so etwas dabei. Nicht in Hosen oder diesem öden Kaftan. Nein, ich möchte deine Weiblichkeit sehen, wie du sie zu Hause trägst. Das sollte doch kein Problem sein, oder?“

      „Ja Herr Sultan, werde ich machen“, sagte sie laut, denn sie hatte bemerkt, wie Omar schon die Ohren spitzte.

      Der Sultan lächelte verständig.

      „Bis später meine Blume“, flüsterte der Sultan, drückte ihr den Schlüssel in die Hand und küsste sie auf die Stirn.

      Dann drehte er sich um.

      „Omar, was gibt es sonst noch zu berichten?“

      Dr. Evans war entlassen. Sie drehte sich um und ging mit der Wache wieder in ihr Quartier.

      „Und was hat er gesprochen? Hat er Sie gleich angeschrien?“, fragte Dr. Meier.

      „Nein wieso sollte er? Ich habe den Schlüssel und werde vor dem Abendessen abgeholt.“

      Sie staunten nicht schlecht.

      „Und wer gibt ihm noch die letzten Ratschläge und die Tablette?“

      „Das mache ich! Was macht Ihr Euch denn so viele Sorgen?“, fragte Dr. Evans belustigt und ging in ihr Zimmer.

      Etwas später holte sie eine Wache ab und brachte sie zum Operationsaal. Sie hatte aber leider vergessen zu sagen, dass sie ja auch Eimer und Wasser benötigte. Die Wache zeigte ihr eine Tür, die sie ebenfalls mit dem Schlüssel aufschließen konnte. Und darin befand sich alles, was sie brauchte. Desinfektionsmittel hatte sie sicherheitshalber dabei. Eva schloss auf und hinter sich wieder zu, damit kein Unbefugter eintreten konnte. Sie machte alles sehr gründlich sauber und war pünktlich zum Abendessen fertig.

      Man erwartete Dr. Evans schon. Zwei Frauen brachten sie in einen Raum, wo sie sich vorher noch baden konnte. Das war sehr weise von dem Sultan. Nur hatte Eva jetzt ihr Kleid nicht dabei. So musste sie noch mal zurück in ihr Zimmer. Das passte Omar zwar nicht, der sie abholte, aber es war eben notwendig. Sie zog sich rasch um und trug jetzt unter dem Kaftan ihr Kleid. Ihre Schuhe und die Tablette für den Sultan musste sie noch mitnehmen. Eva wickelte alles in ein Tuch. Dann durfte Omar sie zum Sultan bringen. Die beiden anderen Ärzte wunderten sich nur darüber. Der Sultan war sehr enttäuscht, als er sie im Kaftan sah. Er schickte Omar weg, der nicht gerne ging. Ihn immer mit dieser Frau alleine zu lassen, gefiel ihm nicht.

      „Habe ich dich nicht um etwas gebeten?“, fragte er sofort böse.

      „Herr Sultan, wie sähe das aus, wenn der Arzt - ihr Arzt - in Frauenkleidern, noch dazu in westlichen, durch ihre Gänge geht?“, fragte Dr. Evans dagegen.

      Da hatte sie auch wieder recht.

      „Bevor wir zum gemütlicheren Teil kommen“, denn sie hatte schon das Essen gesehen, „muss ich Ihnen noch etwas erklären und geben.“

      Eva wartete seine Reaktion ab. Er deutete mit der Hand an, dass sie weitersprechen konnte.

      „Ich habe hier noch eine Tablette, die müssten Sie heute Abend vorm Einschlafen nehmen, damit Sie ruhiger schlafen. Und morgen wird ihnen Dr. Weck noch eine Beruhigungstablette geben, zwei Stunden vor der OP. Wir haben sie für 10 Uhr angesetzt, also um 8 Uhr. Und Sie dürfen natürlich auch nichts frühstücken. Dr. Weck wird Ihnen noch ein OP-Hemd geben und ich würde Sie bitten, das anzuziehen. Sie können dann den Kaftan darüber anziehen und so in den OP gehen. Vor der Tür ihn dann bitte wieder ausziehen. Also heute nach dem Essen bitte nichts mehr speisen und keinen Alkohol trinken. Das wäre vorläufig alles. Sollte noch etwas sein, bitte die Anweisungen von Dr. Weck befolgen. Er macht das dann auf meine Anweisung. Und … er ist so schon nervös genug, bitte machen Sie es nicht noch schlimmer. Ich brauche einen ruhigen Arzt.“

      Sie legte die Tablette, die sich in einer Schachtel befand, auf den Tisch zu ihrer rechten.

      „Ich werde den Anweisungen folgen, die Sie mir gegeben haben. Und sind Sie nicht nervös wegen morgen?“

      „Nein heute noch nicht, erst morgen. Darum komme ich auch nicht selber und hole Sie ab. Ich muss mich vorbereiten und konzentrieren.“

      Das leuchtete ihm ein. Er hatte ihrer Stimme zugehört, was sie sprach war zweitrangig. Er hörte gerne ihre Stimme. Er wird sie vermissen, das wusste er jetzt schon.

      „Sind wir dann mit dem offiziellen Teil fertig?“, fragte er.

      „Ich schon, außer Sie wollen noch etwas wissen.“

      „Ich würde gerne etwas wissen,