ihr Gesicht schon wieder einen betrübten Ausdruck angenommen hat, sonst steige ich in mein Auto und fahre mit überhöhter Geschwindigkeit zu Dylans Werkstatt, um ihn ein weiteres Mal spüren zu lassen, was ich von seinem Betrug halte.
»Drinnen hat es Kaffee, falls du noch keinen gehabt hast.«
»Oh, ja«, stöhne ich fast.
»Deiner ist wohl ausgegangen, hmmm?«, zieht mich Cee auf.
»Du kennst mich eben«, sage ich bloß und mache mich auf den Weg in die Küche.
»Ein Danke wäre auch nicht schlecht gewesen!«, höre ich sie gerade noch rufen, ehe ich ins Haus trete.
Die Küche des B&Bs ist fast so groß, wie mein Wohnzimmer und Küche zusammen. Es gibt eine riesige Arbeitsfläche, auf der auch die topmoderne Kaffeemaschine steht. Die Tasse ist noch nicht ganz voll, da kommt Cee herein.
»Machst du mir bitte auch einen?« Sie geht an mir vorbei in die rechte Ecke, wo Waschmaschine und Wäschetrockner stehen.
»Warum benutzt du eigentlich nicht den Wäschetrockner? Würde viel schneller gehen, als ständig die Wäsche draußen aufzuhängen.«
»Das ist ja mal wieder eine typische Männerfrage.«
»Eine berechtigte«, verteidige ich mich. Ich verstehe nicht viel vom Waschen, außer vielleicht, dass weiße Kleidungsstücke nicht unbedingt mit farbigen gewaschen werden sollten. Und dass man alles in den Trockner stecken kann.
»Sie duftet viel feiner, wenn sie an der frischen Luft trocknet.«
Ich hebe eine Augenbraue und rolle die Augen. »Wenn du meinst.« Ich jedenfalls mache das, was am einfachsten und schnellsten geht. Bevor ich mir die volle Kaffeetasse nehmen kann, schnappt Cee sie mir vor der Nase weg. »He, was soll das?«
»Das ist für das Danke«, sagt sie. Normalerweise würde sie jetzt schmunzeln, doch heute bleibt ihr Mund ein gerader Strich. Sie setzt sich vor ihren Laptop, der aufgeklappt auf dem Tisch steht. »Noch einmal auf den Knopf drücken, wirst du ja wohl schaffen.« Wenigstens schwingt ein wenig Ironie in ihrer Stimme mit. Andernfalls müsste ich mir ein Aufmunterungsprogramm überlegen.
»Du musst mir einen Gefallen tun«, fange ich an, als ich auch endlich einen Kaffee in den Händen halte und mich Cee gegenüber niederlasse.
Meine kleine Schwester zieht skeptisch die Augenbrauen hoch. »Und das wäre?«
»Mein Kühlschrank ist leer.«
Ich brauche gar nichts mehr anzufügen, Cee zieht bereits die richtige Schlussfolgerung. »Und du willst, dass ich für dich einkaufen gehe?«
»Jepp«, sage ich nickend und puste in meinen Kaffee.
»Nur, wenn ich ein Auto gefunden habe.«
Ich winke lässig ab. »Bei deinen Ansprüchen finden wir schnell eins.«
»He, was soll das denn wieder bedeuten?« Sie boxt mich voll gegen die Schulter, wobei ich mir fast Kaffee über die Hand schütte.
»Pass doch auf, oder soll ich mich verbrennen?«
»Sei kein Weichei. Und ich habe sehr wohl Ansprüche.«
»Allerdings. Es muss vier Räder haben. Türen wären von Vorteil, sowie ein Lenkrad. Wenn es geht um die hundert PS. Vielleicht noch ein Radio und Klimaanlage. Und es muss anspringen. Ja, Gordon hat bestimmt etwas Passendes für dich«, sage ich lachend in den Kaffee.
»Nicht jeder braucht ein solch extravagantes Auto, wie du es hast oder ... Dylan.« Sie verschluckt sich fast, als sie seinen Namen sagt und stiert auf die Tischplatte.
Ich glaube, ich habe sie genug gepiesackt, weshalb ich über den Tisch greife und meine Hand auf ihre lege. »Das wird schon wieder.«
»Ich kann nicht glauben, dass mir Pru ... Ich habe ihr nichts getan. Warum musste sie sich ausgerechnet an meinen Freund ranschmeißen? Sie weiß ganz genau, was ich für ihn fühle.« Eine Träne läuft ihr über die Wange, die sie rasch mit dem Handrücken wegwischt. »Sie ist doch meine Freundin. Wie konnte sie nur?«
»Vergiss sie, sie ist eine falsche Schlange.«
»Das sagst du schon lange. Trotzdem wollte ich es nicht glauben.« Eine weitere Träne läuft ihr übers Gesicht. Dieses Mal lässt sie sie fließen. »Wenn ich es wenigstens verstehen könnte.«
»Was dann? Würdest du den beiden verzeihen?«
Cee schüttelt traurig den Kopf. »Nein. Ich liebe Dylan. Ich weiß nicht, wie ich ihn vergessen soll. Und Pru? Wir haben schon so viel miteinander durchgemacht. Aber das was sie mir angetan haben, ist unverzeihlich. So weh es auch tut, die beiden nicht mehr zu meinem Leben zu zählen ... Ich lasse mich nicht zum Narren halten.«
Ich drücke ihre Hand. »Das ist meine Sis«, sage ich und versuche ihr ein Lächeln abzuringen.
Tatsächlich, ihre Mundwinkel zucken ein kleines bisschen.
»Wollen wir uns auf den Weg machen?«
»Je früher, desto besser. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, wenn ich wieder einen eigenen fahrbaren Untersatz habe.«
»Dann mal los.« Ich trinke meinen Kaffee aus und warte an der Hintertür. Als Cécile endlich ihre tausend Sachen in die Tasche gepackt hat, folgt sie mir zum Chevy.
Ich bin noch nicht mal auf der Straße, da macht Cee irgendein komisches Würgegeräusch. Sobald ich in ihre Richtung schaue, weiß ich auch warum. »Igitt, was ist das?«, fragt sie angeekelt. An ihrem Zeigefinger baumelt ein kleiner Slip.
Es ist mir ein wenig peinlich, dass ausgerechnet meine Schwester einen Beweis von letzter Nacht finden musste. Dennoch tue ich so, als wäre es das Normalste auf der Welt, einen gebrauchten Tanga im Fußraum zu haben. »Den hat wohl jemand vergessen.«
Manchmal ist es erschreckend, wie leichtsinnig Frauen sind. Sie wollen lediglich ihren Spaß, genau wie ich. Nur dass sie eine viel größere Gefahr eingehen als wir Männer, wenn sie mit einem Fremden in ein Auto steigen.
Wenn Cee oder Hannah das tun würden, würde ich ihnen den Hals umdrehen.
Statt mir eine Moralpredig zu halten, wirft Cee den Slip nach hinten auf den Boden. Ich atme erleichtert auf, als sie das Thema wechselt. »Hast du schon gehört, dass eine Journalistin einen Bericht über das Blue House Inn geschrieben hat und ihn im Travel and Leisure veröffentlichen wird?«
»Im Ernst?«
Cee lächelt. Es ist das erste richtige Lächeln seit Tagen.
»Wow, das ist ja fantastisch.«
»Finde ich auch. Wenigstens etwas, das in meinem Leben gut läuft.« Ihre Gesichtszüge verdüstern sich sofort wieder.
Aber ich lasse ihr gar keine Zeit, um über Dylan oder Pru nachzudenken, sondern löchere sie darüber aus, wie es dazu gekommen ist, dass in einem der bekanntesten Reiseführer der USA über das Bed & Breakfast berichtet wird.
Wenig später fahren wir vor Gordons Werkstatt, die er von seinem Vater übernommen hat. Sie liegt im Industriegebiet von Little Pearl. Es ist die einzige Autowerkstatt in dieser Gegend, weswegen schon Hans vor Jahren und jetzt auch noch Gordon anbauen mussten.
Das einst kleine weiße Haus mit einem Garagentor, ist mittlerweile einem Gebäude gewichen, das aus drei Toren und einem geräumigen Büroteil besteht. Rechts und links stehen auf geteertem Boden Gebraucht- sowie Neuwagen.
Kaum sind wir ausgestiegen kommt uns Gordon entgegen. »Hey ihr zwei.« Er gibt Cee einen Kuss auf die Wange, dann wendet er sich an mich und wir schlagen uns die Fäuste aneinander. »Krass, sieht dein Auge Scheiße aus. Siehst du damit eigentlich noch was?«, witzelt er und dreht sich zu meiner Schwester. »Hat er dir schon erzählt, wie er das hingekriegt hat?«, fragt er sie, deutet dabei auf mein geschwollenes Auge. Bevor Cee überhaupt etwas sagen kann, plaudert Gordon schon weiter. »Er ist gegen eine Hantel gelaufen. Kannst du dir das vorstellen?«