Sebastian Müller

Die Schatten von Paradell


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was man wieder alles vergessen hat. Hier schau mal. Der Tag am See vor zwei Jahren. Simon wäre fast gestürzt, als er auf den Baum kletterte, um von da ins Wasser zu springen.“

      In dem Moment kam Simon, wie als hätte er es gehört, zur Tür herein. „Hey, Ben mein Kurzer. Alles Gute zum Geburtstag wünsch ich dir. Unser kleiner Ben schon ganze fünfzehn Jahre alt“, spottete er und lachte herzlich über seinen eigenen Humor.

      „Was heißt hier Kleiner? Du wirst erst im Herbst fünfzehn. Nur weil du so ein Riese bist, brauchst du nicht alle anderen runtermachen“, antwortete Ben und setzte ein gespielt beleidigtes Gesicht auf. „Ach jetzt hab dich nicht so. Happy Birthday Ben“, sagte Simon und begrüßte ihn mit einem Handschlag.

      Als Geschenk hat er ihm ein neues Cappi mitgebracht. „Ich weiß, du magst Mickey Maus. Und ich werde dich deswegen nicht mehr aufziehen. Aber wenn du es doch mal leid sein solltest, hättest du damit eine Alternative.“ Er zwinkerte Ben zu und bemerkte dabei erst, dass er das alte Basecap gar nicht aufhatte und allgemein so gut gekleidet war. „Ach, jetzt bemerk ich erst, dass ich offensichtlich zu spät komme. Du bist bereits shoppen gewesen. Gut siehst du aus.“

      „Danke, aber ein neues Cappi fehlt mir tatsächlich noch dazu“, sagte Ben und setzte es auf. „Sieht hübsch aus“, bemerkte Marie.

      „Wer sieht hübsch aus? Unser Ben, na das glaub ich doch nicht“, kam es aus Richtung der Tür von Tamara, die in dem Moment mit Lukas eingetroffen war.

      Alle drehten sich um und erblickten die beiden. „Hey ihr seid ja richtig pünktlich“, rief Simon. Die beiden Neuankömmlinge kamen zum Tisch.

      „Alles Gute mein Bester“, sagte Lukas und klopfte Ben auf die Schulter. „Hier eine Kleinigkeit von uns beiden. Tamara hat sich daran erinnert, dass du die so magst.“

      „Ja wir hoffen, du hast die noch nicht. Alles Gute auch von mir Ben“, schloss sich Tamara an.

      Ben packte das Geschenk aus und seine Augen leuchteten: „Nein, das sind ja die neuen Bücher aus der Gänsehaut Reihe. Die habe ich noch nicht. Die lese ich seit Jahren. Früher habe ich die immer Stevie vorgelesen. Es sind zwar Kinderbücher, aber für die werde ich wohl nie zu alt.“

      Ben freute sich wie ein Schneekönig. „Vielen lieben Dank euch. Auch euch Andern nochmal. Das ist bereits jetzt der schönste Geburtstag, bei den Geschenken. Aber nun lasst uns was essen. Ich verhungere.“

      Sie riefen die Kellnerin heran. Da es ein mexikanisches Restaurant war, wurden viele Burger, Fajitas und Burritos bestellt. Zusätzlich ein paar Platten Fingerfood, die sie für alle in die Mitte stellen wollten.

      Als das Essen kam, konnten es die meisten kaum erwarten anzufangen. Doch Bens Mutter Clara ergriff das Wort. „Ich freue mich, dass ihr alle zu Bens Geburtstag kommen konntet. Freunde sind doch das Wichtigste im Leben und ich bin froh, dass ihr das für meinen Jungen seid.“ Nach einer kurzen Pause ergänzt sie mit etwas unsicherer Stimme: „Nach dem Ganzen mit Stevie bin ich so stolz, wie du dich gemacht hast Ben. Ich liebe dich von ganzem Herzen, mein Junge und wünsche dir nur das Beste im Leben und das eure Freundschaft ewig hält.“

      Mit einer Träne im Augenwinkel sagte Ben: „Danke dir Mum. Das hoffe ich auch, aber jetzt lasst uns essen. Auch von mir, Danke für euer Kommen und jetzt haut rein.“

      Das ließen sich die Gäste nicht zweimal sagen.

      Als der erste Hunger vorüber war, wurde die Stimmung gelassener und alle redeten durcheinander. Ben rief zu Lukas. „Hey Lukas, hast du gesehen, was Marie mir geschenkt hat? Das ist echt cool. Schau dir mal die Bilder an.“ Er reichte das Buch weiter. Lukas und Tamara schauten es durch und lachten bei den witzigen Erinnerungen. „Haha, so sahst du damals aus. Na, ich weiß nicht, ob ich dich da schon gemocht hätte“, sagte Tamara zu Lukas.

      „Pah, das ist fünf Jahre her und damals rannten alle so rum. Die coolen Kids waren wir so zwar nie an der Schule, aber wer braucht das schon“, lachte er als Antwort.

      „Das ist echt super Marie. Hast du einen Onlineshop, in dem ich deine Bücher bestellen kann?“, fragte Simon.

      „Nein, aber wer weiß. Vielleicht lässt sich da was machen, dass du auch eines bekommst. Dann musst du ab jetzt halt lieb zu uns sein“, antwortet Marie selten schlagfertig.

      – 4 –

      Nach dem Essen gingen sie alle zu ihrer reservierten Bowlingbahn. Der ganze Raum war von den Angestellten großartig geschmückt worden. Viele bunte Luftballons mit „Happy Birthday“ Schriftzug schwebten an der Decke verteilt, sowie an jeder Wandlampe hingen weitere. Lange Girlanden und Unmengen Luftschlangen vermehrten die Farbenpracht. Insgesamt war der Raum wirklich sein Geld wert. Abgesehen davon, dass man hier für sich war, gab es eine deutlich bessere Einrichtung als an den normalen Bahnen. Gemütliche Sofas standen verteilt und es gab ein paar zusätzliche Gerätschaften wie Kickertische, um sich die Wartezeit zu vertreiben, wenn man gerade nicht dran war. Ein bescheidener Barbereich am hinteren Ende des Raums war perfekt für die Eltern. Dort konnten sie sich abseits der bowlenden Jugendlichen in Ruhe unterhalten.

      „Viel Spaß euch Kindern, wir lassen euch mal in Ruhe“, sagte Thomas und die Erwachsenen setzten sich an die Tische.

      Simon sprang auf eines der Sofas und legte sich quer darauf, den ganzen Platz für sich beanspruchend. „Das ist mein Sofa. Wo wollt ihr sitzen?“, fragte er. „Nichts da“, antwortete Lukas. „Für die Aktion kannst du gleich mal den Spielcomputer mit unseren Namen befüllen, sodass wir anfangen können.“

      „Du hast heute gar nichts zu sagen“, weigerte sich Simon und lachte. Da sprang Ben ein: „Na gut, wenn du es so willst. In meiner Funktion als Geburtstagskind. Simon, los trag die Namen ein.“

      „Dass du deine Macht so ausnutzt, hätte ich nicht von dir erwartet mein Lieber“, sagte Simon und spielte den Beleidigten. Er stand dennoch auf und bereitet die Anzeige vor. „Gut Franz. Na dann. Du darfst beginnen“, sagte er, als er fertig war.

      Franz warf den ersten Ball und schaffte mit dem zweiten zusammen gleich acht Punkte. „So kann es weitergehen“, sagt er.

      Immer wenn Franz dran oder anderweitig nicht in der Nähe war, kam das Gespräch der fünf Freunde regelmäßig auf das Thema Paradell zurück. Dennoch war das immer kurz und wurde nicht zum allbestimmenden Thema des Abends. Lukas brannte zwar darauf, sich mehr über die Erlebnisse auszutauschen, alle waren aber insgeheim froh, dass sie einen Abend zusammen einfach Spaß haben konnten, ohne das Thema zu vertiefen.

      Franz und Simon lagen weit vorn. Aber das war erwartet worden: Simon, der Sportler, und Franz, der generell einen Faible für jede Art von Barspielen, wie Dart, Billard oder Bowling, hatte.

      Ben jedoch war ihnen dicht auf den Fersen und er glaubte, zwischendurch, die anderen wollten ihn zum Geburtstag gut aussehen lassen. Aber seine Punkte waren wirklich weit ab von dem, was er sonst schaffte. Am Ende des ersten Spiels war es so knapp, dass der letzte Wurf entschied. Ben gelang in der Situation tatsächlich ein Strike und alle sprangen jubelnd auf. Alle wuselten durcheinander und gratulierten Ben zum Sieg.

      Simon warf eine Hand voll Konfetti aus einer herumstehenden Dose über die Feiernden. Er blieb einen Moment stehen und schaute sich die Szenerie an. Er genoss die ausgelassene, sorglose Stimmung, bevor er zu seinen Freunden sprang und Ben anerkennend auf den Rücken klopfte.

      Sie spielten ein paar weitere Runden, die dann wie erwartet verteilt an Simon oder Franz gingen. Die anderen vier teilten sich fair in abwechselnden Reihenfolgen die weiteren Plätze.

      Zwischen den Spielen saßen sie ausgelassen lachend und tratschend beisammen. Sie genossen den schönen, gemeinsamen Tag.

      Sie feierten bis in den Abend, wo sich die Kinder wieder zu den Eltern in den Barbereich gesellten und gemeinsam noch einen Snack bestellten.

      Dann musste aber irgendwann auch ein solch schöner Tag mal zu Ende gehen. Marie sagte: „Ben, vielen Dank. Der Abend war großartig. Ich wünsche dir noch einen schönen restlichen Geburtstagsabend.“ Lukas ergänzte artig: „Ach ja, Herr und Frau Lindner. Auch Ihnen