findet man so einen Hund? Eigentlich überall. Es gab so viele Hunde in Tierheimen und Tierschutzorganisationen und einer war süßer als der andere, was die Entscheidung wirklich nicht leicht machte. Während meiner Recherche fand ich raus, dass man auch nicht jedem und jeder, der oder die einen Hund anbietet, trauen kann oder sollte, weil es dann doch einige schwarze Schafe gibt.
Als Kara eines Abends von Lene abgeholt wurde, haben wir uns ein wenig unterhalten und ich habe ihr von meinem „Problem“ erzählt. Sie fragte mich, ob es ein Welpe sein müsse oder ob der Hund auch schon ausgewachsen sein dürfe. Wenn ihr euch an meine Kriterien erinnert, habe ich ihr gesagt, dass der Hund ausgewachsen, aber jetzt auch kein Senior sein sollte und so leitete sie mir die Kontaktdaten von Karlene weiter, die im Tierschutz unterwegs war.
Ich nahm Kontakt mit Karlene auf und wir stellten schnell fest, dass sie eine unglaublich tolle Frau war, die sich mit jeder Menge Herz in den Tierschutz einbrachte. Sie arbeitet u. a. mit einer Frau und einem Mann aus der Ukraine zusammen, die die Hunde dort etwa auf der Straße aufsammeln, aufpäppeln und sie dann vermitteln.
Karlene war eine ihrer Anlaufstellen. Wenn die Hunde gesund waren und alle ärztlichen Untersuchungen gemeistert hatten, kamen sie nach Hamburg, um von hier aus vermittelt zu werden.
Da Karlene selbst Hunde hatte, nahm sie nicht nur die Hunde aus der Ukraine und anderen Orten bei sich auf, sondern organisierte auch andere Pflegestellen, damit so viele Hunde wie möglich gerettet werden konnten. Traumhaft, oder? Ab da bekam sie von uns den liebevoll gemeinten Kosenamen „Pflegestellentante“. Dies hauptsächlich, weil Julian sich schlecht Namen merken kann. Bis jetzt weiß Karlene nicht, dass wir sie so nennen und sie wird es nur rausfinden, falls sie mein Buch liest. Überraschung, liebe Karlene!
Karlene und ich hatten einen Telefontermin für den 15.02.2020 vereinbart, um uns besser kennenzulernen. Sie schilderte mir viel von ihrer Arbeit und ich war begeistert. Danach erzählte ich ihr ein bisschen was über uns und wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Als sie mich fragte, wie unser Hund sein solle, erzählte ich ihr von unseren Kriterien. Und wie es der Zufall wollte berichtete sie mir, dass sie Ende Februar 2020 einen Schwung neuer Hunde erwarte und sich darunter ein kleiner Rüde befinde, der genau unseren Kriterien entspreche: Matti.
Sie erzählte mir, dass Matti mit einem gebrochenen Bein auf der Straße gefunden worden sei und der Bruch, vermutlich durch das Anfahren eines Autos, so schlimm gewesen sei, dass er operiert werden musste. Er habe die OP erfolgreich überstanden und sei nun bereit, adoptiert zu werden.
Bei der OP wurde seine Knochendichte gemessen, weswegen mit großer Sicherheit gesagt werden konnte, dass er mittlerweile zwei Jahre alt war. Da die Operation stattfand, als er noch im Wachstum war, war das linke Bein nicht mehr mitgewachsen und ein paar Zentimeter kürzer als das rechte, was ein Humpeln zur Folge hatte. Doch er störte sich nicht weiter daran. Das konnte doch kein Zufall sein. Als Kind hatte ich mir auch das linke Bein gebrochen. Gut, ich hatte keine OP und ich humple nicht, aber es war auch das linke Bein. Wir hatten schon so viel gemeinsam.
Nach einem wirklich sehr langen, ausführlichen und tollen Gespräch hat Karlene mir eine Selbstauskunft geschickt, welche wir ausgefüllt und an sie zurückgeschickt haben. Der erste Schritt war getan.
Nach gründlicher Überprüfung, denn Karlene war es sehr wichtig, dass die Hunde nur in gute Hände kamen, bekamen wir die Information, dass wir gute Kandidaten für Matti seien und einem Kennenlernen nichts im Wege stehe. Karlene behält sich vor, den Hund doch nicht an die jeweiligen Personen zu vermitteln, wenn sie nach dem Eintreffen des Hundes merkt, dass dieser nicht in diese Familie passt und selbstverständlich lässt sie auch den Interessenten die Möglichkeit, sich um zu entscheiden. Schließlich hat niemand was davon, wenn Hund und Halter nicht zusammenpassen.
5. Kapitel
Jetzt gab es für mich kein Halten mehr. Ende Februar 2020 sollte Matti kommen und auch wenn Karlene sagte, dass ich entspannt bleiben und nicht sofort die Wohnung umdekorieren sollte (hahaha, guter Witz), gab es so viel zu organisieren und zu lernen. Vor allem die Suche nach einem neuen Namen.
Der Name sagte uns nicht so richtig zu, denn Matti wird nicht englisch ausgesprochen, sondern richtig schön deutsch. Karlene erzählte uns, dass der Name Matti aus dem Finnischen komme und „Gottes Geschenk“ bedeute.
Da wir beide nicht gläubig sind, zog dieses Argument bei uns null. Also wurde die nächste Liste erstellt, die Namensliste. Leute, ich kann euch sagen, das war ein Spaß. Unser Favorit war Helmut. Jedes Mal, wenn wir den Namen sagten, kamen wir aus dem Kichern nicht mehr raus. Irgendwann wurde ich dann wieder ernst und sagte, dass er einfach nicht aussehe wie ein Helmut, es aber saulustig wäre, auf St. Pauli zu rufen: „Helmut, bei Fuß!“
Die Suche ging weiter. Ich spannte hierbei, und bei jedem anderen Schritt auch, meine liebe Kollegin Charlotte und natürlich auch Tobias mit ein. Ich glaube ja, dass ich den beiden ziemlich auf die Nerven gegangen bin und in der ganzen Zeit arbeitstechnisch nicht die größte Hilfe war. Aber ich glaube auch, dass sie es mir mittlerweile verziehen haben.
Hier mal ein paar Namen, die auf unserer Liste standen:
Theo, Kurt, Sam, Paul, Max, Rudi, Hank, Ben und viele, viele mehr. Aber keiner dieser Namen haute mich so richtig um. Ich begann schon Witze darüber zu machen, dass wir es am Ende garantiert bei Matti lassen würden und, was soll ich sagen, der Name des Buches spricht für sich.
Da wir mit dem Namen nicht richtig weiterkamen, legten wir das erst mal auf Eis, mit dem Argument, wenn wir ihn sähen, wüssten wir schon den richtigen Namen.
Nun musste die Wohnung umdekoriert werden. D. h. ich machte mich auf die Suche nach geeigneten Körbchen, Decken, Wassernäpfen und Spielzeug. Die Wohnung sah nach kurzer Zeit so aus, als würde hier schon ein Hund leben. Julian war etwas ratlos und vielleicht auch etwas verängstigt von meinem Wahn, weshalb er mir diesbezüglich voll und ganz das Feld überließ.
Am 28.02.2020 kam Matti in Hamburg an. Unser erster Besuch war für den 29.02.2020 geplant, damit er noch etwas Zeit zum Ankommen hatte. Vernünftig wie wir waren, na gut, eigentlich nur Julian, hatten wir vereinbart, dass wir uns Matti erst mal angucken und dann für ca. eine Woche regelmäßig zu Karlene fahren würden, um ihn besser kennenzulernen.
Als der Tag gekommen war, machten wir uns auf den Weg zu Karlene. Julian fuhr und ich drehte vor lauter Vorfreude durch. So weit, so gut.
Angekommen bei Karlene blickte uns neben den anderen geretteten Fellnasen ein kleiner, etwas unsicherer Matti mit seinen großen braunen Knopfaugen und seinem bräunlich-weißen Fell, sodass er fast aussah wie ein kleiner Fuchs, an, und ich war durch. Von mir aus hätten wir ihn einpacken und direkt wieder fahren können. Da Karlene da aber auch ein Wörtchen mitzureden hatte, machten wir erst mal alle zusammen einen Spaziergang. Karlene erzählte uns ein paar Dinge und sagte immer wieder: „Wenn wir ihn denn nehmen würden.“ Ich verstand das Wort „wenn“ überhaupt nicht. Nach einem langen Spaziergang im Wald fuhren wir alle zusammen in ein Tiergeschäft und kauften Leinen, noch mehr Körbchen und Decken, Futter, Zeckenzange und ich weiß nicht mehr, was alles. Unser Vorhaben, Matti noch eine Woche lang zu besuchen und uns langsam an unsere neue Rolle anzutasten, erledigte sich, als ich fragte, ob er denn jetzt mitdürfe. Da Karlene ihre Aufgabe sehr ernst nahm, wurden wir ohne Matti mit dem Satz nach Hause geschickt, dass wir noch eine Nacht drüber schlafen sollten. Als wir zu Hause ankamen, schrieb ich ihr direkt eine Nachricht und fragte, wann wir ihn denn morgen abholen könnten.
6. Kapitel
01.03.2020, es war so weit. Da unser Vorhaben, noch eine Woche zu warten, komplett scheiterte – ich weiß gar nicht mehr, an wem das lag – und ich spontan zwei Wochen Urlaub bekam (ein Hoch auf Tobias) holten wir Matti endlich ab. Es waren immerhin schon über 24 Stunden, die ich warten musste.
Bevor wir bei Karlene ankamen, machten wir noch einen Abstecher zu einer netten Dame, die Halsbänder auf Wunsch bestickte.
Wir hatten ein Halsband in einem schönen Hellgrün mit seinem Namen und meiner Handynummer in Auftrag gegeben. Spätestens jetzt war klar, dass er seinen Namen behalten