Anonym

Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band


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gesunden Rat gegeben hast.‹ Mit diesen Worten entließ er sie unter den höchsten Ehren; kaum aber hatte sie den Palast verlassen, so berief er in arger Verstörung seinen zweiten Vezier, den boshaften Minister, der ihn zuerst wider den Prinzen Ahmad aufgereizt hatte, und als er mit seinen Freunden vor der Majestät erschien, legte der König ihnen die ganze Sache vor und fragte sie und sprach: ›Welches ist euer Rat, und was soll ich tun, um mich und mein Reich vor den Listen dieser Fee zu schützen?‹ Versetzte einer der Berater: ›Es ist eine Kleinigkeit, und das Mittel ist einfach und nah zur Hand. Befiehl, daß der Prinz Ahmad, der jetzt in der Stadt, wenn nicht im Palaste ist, als Gefangener festgehalten werde. Laß ihn nicht hinrichten, damit die Tat nicht etwa Rebellion erzeuge, aber auf jeden Fall nimm ihn fest, und wenn er sich gewaltsam wehrt, so lege ihn in Eisen.‹ Dieser verworfene Rat gefiel dem tückischen Minister, und all seine Gönner und Schmeichler billigten den Rat. Der Sultan aber schwieg und gab keine Antwort; doch am folgenden Tage schickte er aus, ließ die Zauberin holen und besprach sich mit ihr, ob er den Prinzen Ahmad in den Kerker werfen sollte oder nicht. Sprach sie: ›O König der Könige, dieser Rat läuft dem gesunden Verstand und der rechten Vernunft geradenwegs zuwider. Wenn du den Prinzen Ahmad ins Gefängnis wirfst, so müßtest du das gleiche mit all seinen Rittern und ihren Knappen tun; und da sie Dschann und Marids sind, so kann man nicht wissen, wie sie sich rächen würden. Keine Kerkerzellen noch stählerne Tore würden sie bannen; sie würden gleich entschlüpfen und der Fee von deiner Gewalttat melden, die, ergrimmt in äußerstem Grimm, da sie ihren Gatten wie einen gemeinen Missetäter niedriger Haft unterworfen sähe, und zwar nicht wegen eines Verbrechens oder einer Schuld, sondern einfach durch verräterische Verhaftung, gewißlich die ärgste Rache wider dein Haupt schleudern und uns so arges Unheil senden würde, daß wir es nie würden abwehren können. Willst du aber mir Vertrauen schenken, so will ich dir raten, wie du handeln mußt, so daß du dein Ziel erreichst und dir wie deinem Reiche keinerlei Übel nahen kann. Du weißt gar wohl, daß den Dschann und den Feen Macht verliehen wurde, in kurzer Zeit wunderbare und erstaunliche Dinge zu tun, wie sie Sterbliche nicht nach Jahren der Mühe und Arbeit zu verrichten vermögen. Wenn du nun auf die Jagd ausziehst oder zu einem Streifzug, so brauchst du für dich einen Pavillon und viele Zelte für dein Gefolge, für deine Diener und Krieger; und mit der Herrichtung und dem Transport solchen Gepäcks geht viele Zeit und vieles Geld unnütz verloren. Ich möchte dir also raten, o König der Könige, daß du den Prinzen Ahmad auf folgende Probe stellst: Befiehl ihm, dir einen Zeltpavillon zu bringen, groß und weit genug, deinen ganzen Hof, deine Krieger und den Lagertroß samt allen Saumtieren zu bedecken; und doch soll er so leicht sein, daß ein einziger Mensch ihn in der hohlen Hand halten und tragen kann, wohin er will.‹ Und nachdem sie eine Weile verstummt war, fuhr sie fort und sprach zu dem Sultan: ›Und sowie Prinz Ahmad sich dieser Aufgabe entledigt hat, so verlange von ihm etwas noch Größeres und Wunderbareres, was ich dir noch sagen werde und was ihn auszuführen schwere Mühe kosten soll. Auf diese Weise wirst du deinen Schatz mit seltenen und seltsamen Erfindungen füllen, mit Werken der Dschann, und so soll es fortgehn, bis schließlich dein Sohn nicht mehr weiß, wie er deine Befehle ausführen soll. Gedemütigt und beschämt wird er dann nie mehr wagen, in deine Hauptstadt oder gar vor dich selber zu treten; du aber bist sicher vor jeder Furcht, daß er dir Arges antun könnte, und du brauchst ihn nicht in den Kerker zu werfen oder gar hinrichten zu lassen.‹ Als er diese Worte der Weisheit vernahm, gab der Sultan den Rat der Hexe seinen Beratern bekannt und fragte sie, was sie davon hielten. Sie schwiegen und gaben kein Wort zur Antwort, kein gutes und auch kein arges; er selber aber billigte den Plan und sprach nichts weiter. Am nächsten Tage kam Prinz Ahmad, um den König zu besuchen, der ihn mit überströmender Liebe empfing, ihn an die Brust drückte und ihn küßte auf Augen und Stirn. Lange saßen sie beisammen und sprachen über allerlei Dinge, bis schließlich der Sultan eine Gelegenheit fand und also anhub: ›O mein teurer Sohn, o Ahmad, seit manchen Tagen war ich traurig in meinem Herzen und bekümmert ob der Trennung von dir, und als du kamst, da wurde ich froh in großer Freude ob deines Anblicks, und obwohl du mir die Kenntnis deines Lebens vorenthieltest und noch vorenthältst, so wollte ich dich doch nicht fragen noch versuchen, dein Geheimnis zu ergründen, dieweil es nicht nach deinem Sinne war, mir von deinem Aufenthalt zu sagen. Jetzt aber habe ich vernommen, du seiest einer mächtigen Dschinniyah von unvergleichlicher Schönheit vermählt; und diese Nachricht hat mir die höchste Freude bereitet. Ich wünsche nicht, von dir irgend etwas über dein Feenweib zu erfahren, wenn du es mir nicht aus freiem Willen anvertrauen willst; aber sage mir, sollte ich dich irgendwann einmal um etwas bitten, kannst du es von ihr erlangen? Blickt sie mit solcher Liebe auf dich, daß sie dir nichts versagt, um was du sie bittest?‹ Sprach der Prinz: ›O mein Herr, was verlangst du von mir? Mein Weib ist ihrem Gatten in Herz und Seele ergeben, also bitte, laß mich wissen, was du von mir und von ihr begehrst?‹ Versetzte der Sultan: ›Du weißt, ich ziehe oft auf die Jagd oder auf einen Streifzug, und dann brauche ich viele Zelte und Pavillons und große Zeltschuppen, und Herden und ganze Scharen von Kamelen und Maultieren und anderen Lasttieren müssen das Lager von einem Ort zum anderen schaffen. Ich möchte also, daß du mir ein Zelt brächtest, leicht genug, damit ein einziger Mensch es in der hohlen Hand tragen kann, und doch auch groß genug, damit es meinen Hof und mein ganzes Heer und den Lagertroß und alle Tiere zu bergen vermag. Wenn du die Herrin um diese Gabe bitten wolltest (ich weiß recht wohl, daß sie sie dir geben kann), so würdest du mir viel Mühe ersparen, denn ich brauche dann nicht mehr für Träger zu sorgen und auch nicht mehr Tiere wie Leute zu verschwenden.‹ Versetzte der Prinz: ›O mein Vater und Sultan, mache dir keine Sorge. Ich will sofort deinen Wunsch meinem Weibe vermelden, der Herrin Peri-Banu; und obgleich ich nicht weiß, ob Feen die Macht besitzen, einen Pavillon herzustellen, wie du ihn schilderst, noch auch, ob sie (wenn sie die Macht besäße) mir ihre Hilfe geben oder nicht geben wird; und obgleich ich dir also ein solches Geschenk nicht versprechen kann, so will ich doch, was immer im Bereich meiner Kräfte liegt, mit Freuden für dich tun.‹ Sprach der König zum Prinzen Ahmad: ›Sollte es dir aber etwa nicht gelingen, und solltest du mir die verlangte Gabe nicht verschaffen können, o mein Sohn, so will ich dein Antlitz nimmermehr sehen. Du wärest wahrlich ein jammervoller Gatte, wenn dir dein Weib eine solche Kleinigkeit abschlagen wollte und nicht vielmehr eilends alles täte, was du ihr befiehlst; denn damit gäbe sie dir zu verstehen, daß du in ihren Augen von geringem Wert und keinerlei Bedeutung bist, und ihre Liebe wäre nicht mehr als ein Nichts. Aber geh, o mein Kind, und bitte sie sofort um das Zelt. Wenn sie es dir gibt, so wisse, begehrt sie nach dir, und du bist ihr das teuerste aller Dinge. Und man hat mir berichtet, sie liebe dich von ganzem Herzen und von ganzer Seele, und sie werde dir nichts verweigern, um was du sie bittest, und wären es die Äpfel ihrer Augen.‹ Nun war es von je des Prinzen Ahmad Sitte gewesen, jeden Monat drei Tage bei seinem Vater, dem Sultan, zu bleiben; aber diesmal blieb er nur zwei Tage, und am dritten sagte er seinem Vater lebewohl. Und als er in den Palast einzog, da konnte Peri-Banu nicht anders, sondern sie bemerkte, daß er traurigen Herzens und niedergeschlagenen Sinnes war; sprach sie zu ihm: ›Steht alles gut mit dir? Weshalb bist du heute gekommen und nicht morgen, und weshalb bringst du von dem Besuch bei deinem Vater, dem König, eine so traurige Miene heim?‹ Prinz Ahmad küßte ihr die Stirn, umarmte sie zärtlich und erzählte ihr von Anfang bis zu Ende die ganze Geschichte, bis sie erwiderte: ›Ich will dich schleunigst beruhigen, denn ich möchte dich nicht einen Augenblick traurig sehen. Aber, o mein Geliebter, an dieser Bitte des Sultans erkenne ich, daß sein Ende nahe ist, und bald wird er aus dieser Welt in die Gnade Allahs eingehen. Irgend ein Feind hat diese Tat getan und dir schweres Ungemach bereitet; und das Ergebnis ist, daß dein Vater, nichts ahnend von seinem nahenden Geschick, mit Absicht seinen eignen Untergang betreibt.‹ Entsetzt und besorgt gab der Prinz seinem Weibe diese Antwort: ›Allah, dem Allmächtigen, sei Lob! Der König, mein höchster Herr, ist bei bester Gesundheit, und er zeigt nicht das geringste Zeichen von Schwäche oder Verfall; erst heute morgen verließ ich ihn wohl und munter, und wahrlich, niemals sah ich ihn bei besserem Befinden. Seltsam, wahrlich, daß du wissen solltest, was ihm bevorsteht, ehe ich dir noch etwas über ihn sagte, und besonders dieses eine, daß er von unserer Heirat und von unserer Stätte erfahren hat.‹ Sprach Peri-Banu: ›O mein Prinz, du weißt, was ich dir sagte, als ich die Alte sah, die du hierher geleitetest als krank an Fieber und Hitze. Dieses Weib ist eine Hexe aus Satans Brut, und sie hat dem Sultan alles über diesen unseren Aufenthalt offenbart, was er zu wissen wünschte. Und obgleich ich deutlich sah, daß sie weder krank noch leidend war und nur ein Fieber vorgab, reichte ich ihr dennoch