ich zwei meiner Mädchen mit ihr, auf daß sie ihr alle Gemächer im Palaste zeigten, samt ihrem Gerät und Schmuck; und so erkannte sie deine und meine Stellung. Nun tat ich all das nur um deinetwillen, denn du hießest mich der Alten Mitleid erweisen, und ich freute mich, als ich sie gesund und wohlbehalten und in bester Laune gehen sah. Außer ihr hat nie ein menschliches Wesen von diesem Schloß das geringste zu erfahren oder gar es zu betreten vermocht.‹ Als nun Prinz Ahmad diese Worte hörte, dankte er ihr, pries sie und sprach: ›O schönes Sonnenantlitz, ich möchte dich um eine Gnade bitten, die mein Vater von mir verlangt hat, um ein Zelt, so groß, daß es ihn und seine Leute, sein Lager und sein Saumvieh schirmen und doch in der hohlen Hand getragen werden kann. Ob es ein solches Wunder gibt, das weiß ich nicht, doch möchte ich alles tun, um es zu beschaffen, und es ihm getreulich bringen.‹ Sprach sie: ›Weshalb dir um eine solche Kleinigkeit Sorge machen? Ich will sofort danach schicken und es dir geben.‹ Und sie berief eine ihrer Sklavinnen, die ihre Schatzmeisterin war, und sprach: ›O Nur Dschehan, geh du sofort und bringe mir einen Pavillon von der und der Art.‹ Und unverzüglich ging sie davon und kehrte ebenso schnell mit dem Pavillon zurück, den sie auf ihrer Herrin Geheiß dem Prinzen Ahmad in die Fläche seiner Hand gab. Prinz Ahmad aber dachte, als er ihn so hielt, bei sich selber: ›Was ist dies, was mir Peri-Banu da gibt? Wahrlich, sie macht sich einen Scherz mit mir!‹ Sein Weib jedoch, das ihm die Gedanken vom Gesicht ablas, lachte laut heraus und sprach: ›Was ist, mein geliebter Prinz? Meinst du, ich scherze und spotte deiner?‹ Und sie fuhr fort, indem sie die Schatzmeisterin ansprach: ›Nimm jetzt das Zelt vom Prinzen Ahmad entgegen und stelle es in der Ebene auf, damit er die ungeheure Größe erkenne und sehe, ob es von der Art ist, wie es der Sultan, sein Vater, verlangt.‹ Und die Sklavin nahm das Zelt und richtete es fern von dem Schlosse auf; und doch reichte das eine Ende von der äußeren Grenze der Ebene bis zu ihm heran; und so ungeheuer war seine Ausdehnung, daß (wie Prinz Ahmad sah) für den ganzen Hof des Königs Raum war; und hätten sich zwei Heere darunter gereiht mit allem Lagergefolge und Saumvieh, so hätte doch das eine das andere in keiner Weise behindert oder bedrängt. Da bat er Peri-Banu um Verzeihung und sprach: ›Ich wußte nicht, daß das Zelt ein solches Wunder an Größe und von so erstaunlicher Art sei; deshalb mißtraute ich dir, als ich es zuerst erblickte.‹ Und die Schatzmeisterin schlug das Zelt wieder ab und legte es ihm nochmals in die Hand. Er aber saß unverzüglich auf und ritt, geleitet von seinem Gefolge, zurück zum König, dem er nach der Huldigung, Begrüßung und Aufwartung das Zelt überreichte. Und auch der Sultan hielt es beim ersten Anblick für eine geringe Gabe, doch er staunte in höchstem Staunen, als er es aufgeschlagen in seiner Größe sah, denn es hätte seine Hauptstadt mit allen Vororten überschattet. Er war jedoch nicht ganz zufrieden, denn der Pavillon erschien ihm jetzt allzu groß; aber sein Sohn versicherte ihm, es würde sich immer seinem Inhalt anpassen. Er dankte dem Prinzen, daß er ihm ein so seltenes Geschenk gebracht hatte, und sprach: ›O mein Sohn, vermelde deiner Gemahlin, wie sehr ich ihr verpflichtet bin, und bringe ihr meinen erkenntlichen Dank für ihre gütige Gabe. Jetzt weiß ich wahrlich, daß sie dich von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt, und all meine Zweifel und Befürchtungen sind nahezu beseitigt.‹ Dann befahl der König, man solle das Zelt zusammenpacken und sorgfältig im königlichen Schatz verwahren.
So seltsam es nun auch sein mag, es ist doch wahr; als der König von dem Prinzen dieses seltene Geschenk erhalten hatte, wuchsen Furcht und Zweifel, Neid und Eifersucht auf seinen Sohn nur noch mehr, und was die Hexe und der tückische Minister und seine argen Ratgeber in ihm gesät hatten, keimte nur um so lebhafter empor; denn jetzt war er gewiß, daß die Dschinniyah ihren Gatten wirklich maßlos liebte, und daß sie ihn, all der großen Macht und des Reichtums eines Herrschers zum Trotz, wenn sie ihrem Gatten helfen wollte, an mächtigen Taten übertreffen könnte. Daher fürchtete er in höchster Furcht, sie würde nach einer Gelegenheit suchen, ihn zugunsten des Prinzen zu erschlagen, damit sie ihn an seiner Stelle auf den Thron erheben könnte. Und er befahl, ihm die Hexe zu bringen, die ihm schon einmal geraten hatte, und auf deren List und Tücke er sich jetzt am meisten verließ. Als er ihr nun berichtete, wie es mit ihrem Ratschlag abgelaufen war, besann sie sich eine Weile, hob dann die Stirn und sprach: ›O König der Könige, du machst dir Sorge um ein Nichts; du brauchst dem Prinzen Ahmad nur zu befehlen, daß er dir Wasser vom Löwenquell bringe. Er muß um seiner Ehre willen deinen Wunsch erfüllen, und wenn er es nicht kann, so wird er aus Scham nicht wagen, je wieder sein Antlitz bei Hofe zu zeigen. Einen besseren Plan als diesen kannst du nicht finden; also sorge dafür und zögere nicht auf deinem Wege.‹ Am nächsten Tage nun, als der König im vollen Darbar auf seinem Throne saß, umgeben von seinen Ministern und Vezieren, trat der Prinz Ahmad herbei, und indem er seine Huldigung leistete, setzte er sich ihm zur Seite, doch tiefer als er. Und der König sprach ihn wie immer unter allen Zeichen seiner Huld mit diesen Worten an: ›Es freut mich gewaltig, daß du mir das Zelt gebracht hast, um das ich dich bat; denn wahrlich, in meinem Schatze ist sonst nichts, was so selten und seltsam wäre. Aber eines fehlt mir noch, und könntest du mir auch das noch bringen, so würde ich mich in höchster Freude freuen. Ich habe gehört, deine Gattin, die Dschinniyah, mache beständig Gebrauch von einem Wasser, das dem Löwenquell entflösse; wenn man davon trinke, so würde man vom Fieber und von allen anderen tödlichen Krankheiten geheilt. Ich weiß, du bist um meine Gesundheit besorgt, und du wirst mich erfreuen, wenn du mir ein wenig von dem Wasser bringst, damit ich davon trinken kann, wenn es nötig ist, und wohl weiß ich, da du meine Liebe und Neigung zu dir hoch anschlägst, so wirst du dich nicht weigern, mir meine Bitte zu erfüllen.‹ Als Prinz Ahmad dies Verlangen hörte, erstaunte er, daß sein Vater so bald eine zweite Bitte tat. Daher schwieg er eine Weile, indem er bei sich dachte: ›Ich habe es irgendwie erreicht, daß mir die Herrin Peri-Banu das Zelt verschaffte, aber Allah allein weiß, wie sie jetzt handeln wird und ob diese neue Bitte ihren Zorn erregen wird oder nicht. Doch ich weiß, sie wird mir keine Gnade versagen, um die ich sie bitte.‹ Nach langem Zögern also erwiderte Prinz Ahmad: ›O mein Herr und König, ich habe nicht die Macht, in dieser Sache etwas zu tun, denn sie steht einzig bei meiner Gattin, der Prinzessin; doch will ich sie bitten, das Wasser zu geben; und wenn sie einzuwilligen geruht, so will ich es dir sofort überbringen. Freilich kann ich dir eine solche Gabe nicht mit Sicherheit versprechen; ich täte gern, was ich vermag, in allem und jedem, was dir von Nutzen sein kann; doch wenn ich sie um dieses Wasser bitte, so bedeutet das mehr als meine Bitte um das Zelt.‹ Und am nächsten Tage nahm der Prinz Abschied und kehrte zurück zu Peri-Banu; und nach liebevollen Umarmungen und Begrüßungen sprach er: ›O meine Herrin und Licht meiner Augen, mein Vater, der Sultan, schickt dir seinen erkenntlichen Dank für die Gewährung seines Wunsches, nämlich für das Zelt; und jetzt wagt er es noch einmal, und, deiner Güte und deines Wohlwollens gewiß, erbittet er von deiner Hand, daß du ihm ein wenig vom Wasser des Löwenquells gewährst. Doch ich möchte dich bitten: wenn es dir nicht gefällt, dies Wasser zu geben, so laß die Sache vergessen sein; denn alles zu tun, was du willst, ist mein einziger Wunsch.‹ Versetzte Peri-Banu: ›Mir scheint, dein Vater, der Sultan, will sowohl dich wie mich auf die Probe stellen, indem er solche Dinge verlangt, die ihm die Zauberin eingibt. Doch trotzdem will ich auch dies Geschenk gewähren, da der Sultan sein Herz daran gehängt hat; und weder mir noch dir soll Unheil daraus erwachsen, obgleich es mit Fährnis und Gefahr verbunden ist, und obgleich das Verlangen aus nicht geringer Bosheit und Tücke entspringt. Aber gib genau auf meine Worte acht und vergiß von ihnen nichts, sonst ist dein Verderben gewiß. Ich will dir jetzt sagen, was du zu tun hast. In der Halle des Schlosses, das sich auf jenem Berge erhebt, steht ein Brunnen, den vier wilde und reißende Löwen bewachen; und sie verteidigen den Pfad, der dorthin führt, denn stets steht ein Paar auf Wache, während das andere sich ausruht; und so hat kein lebendes Wesen jemals die Macht, an ihnen vorbei zu kommen. Doch ich will dich mit einem Mittel bekannt machen, wie du ans Ziel gelangen kannst, ohne daß dir Unheil oder Schaden von den wütenden Tieren widerfährt.‹ Mit diesen Worten zog sie aus einer Elfenbeindose einen Knäuel Garn hervor, und mit einer Nadel (einer von denen, mit denen sie ihre Arbeit verrichtet hatte) machte sie einen Ball daraus. Den gab sie ihrem Gatten in die Hand und sprach: ›Zunächst gib acht, daß du diesen Ball bei dir behältst, ich will dir gleich seinen Zweck erklären. Und zweitens wähle dir zwei sehr schnelle Rosse aus, das eine, um selber darauf zu reiten, das andere, um es mit der Leiche eines frisch geschlachteten Schafes zu beladen, das in vier Teile zerlegt ist. Und drittens nimm eine Phiole mit, die ich dir geben werde, in die tu das Wasser, das du, Inschallah – so Gott will – mitnehmen