C.K. Zille

Mondlichtmagie


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Vielleicht hast du nach dem Termin Zeit.« Trotz seiner Entschlossenheit verstärkte sich die Unsicherheit.

      »Das geht nicht. Ich habe Samstag sehr spät ein wichtiges Treffen, das sich nicht verschieben lässt. Es tut mir leid. Vielleicht nächstes Wochenende?«

      Laute Musik drang dröhnend hinter die Bühne.

      »Ich muss jetzt raus. Sehen wir uns nach der Show?«

      Riley nickte und sah zu, wie Luna auf die Bühne verschwand. Er wartete noch eine Weile, stand unbeweglich dort und dachte nach. Er hatte es vermasselt.

      Wütend über sich selbst, fiel sein Blick auf die Requisiten.

      Die Tricks. Auch wenn es mit dem Wochenende nicht klappte, konnte er vielleicht herausfinden, wie ihre Tricks funktionierten, indem er ihre Materialien durchsuchte. Sein Vater erwartete mit Sicherheit mehr Eigeninitiative. Ihm schien es ziemlich wichtig zu sein, hinter Lunas Geheimnis zu kommen.

      Wahllos öffnete Riley Kisten und Taschen, doch außer einer Menge Kugeln und anderen Dingen, die allenfalls als Dekorationsmaterial dienen konnten, entdeckte er rein gar nichts, das wie das übliche Handwerkszeug eines Berufszauberers aussah.

      Frustriert gab er auf. Enttäuscht suchte er die Herrentoilette auf, um ungestört telefonieren zu können.

      »Ich habe nichts gefunden«, erklärte er wenig später seinem Vater.

      »Gefunden? Wo bist du? Du sollst sie doch für das Wochenende einladen«, entgegnete dieser erstaunt.

      »Ich war hinter der Bühne und dachte, ich finde vielleicht etwas. Aber Fehlanzeige. Und ja, ich habe sie eingeladen, aber sie hat Samstagabend einen Termin und kann deshalb nicht.«

      »Und da gibst du sofort auf?« Vorwurfsvoll drang die laute, sonore Stimme aus dem Telefon.

      Riley musste es weghalten, um keinen Tinnitus zu bekommen.

      »Was soll ich denn machen? Sie sagt, sie könne den Termin nicht verschieben. Nächstes Wochenende würde ihr vielleicht passen.«

      »Nur vielleicht? Junge, was hast du getan? Ich dachte, sie mag dich.«

      Die Worte seines Vaters hefteten sich schmerzhaft an die Erinnerung des Gefühls, das er bei der Zurückweisung empfunden hatte. Aber sie hatte den Kuss erwidert. Oder hatte er sich das bloß eingebildet?

      »Nächstes Wochenende geht nicht, die Zeit habe ich nicht! Die Bewerbungsfrist ist Mittwoch.«

      Jäh wurde Riley durch das Geschrei seines Vaters aus den Gedanken gerissen. Er hatte ganz vergessen, dass sein Vater sich als Eröffnungsakt bei dem berühmten Illusionisten Chris Crazy bewerben wollte. Eine Show in Las Vegas würde sein Ansehen in ungeahnte Gefilde katapultieren.

      »Zieh es gefälligst dieses Wochenende durch! Du findest schon eine Lösung.«

      Es klackte.

      Als Riley den Saal mit einem Bier in der Hand betrat, war die Show fast vorbei.

      Im Scheinwerferlicht stand Luna auf der Bühne, ein hellviolettes Kleid umspielte ihren schlanken Körper und ergoss sich in feinem Tüll wie ein Wasserfall über den Boden. Bei diesem Anblick musste Riley schlucken, sie sah wirklich umwerfend aus. Doch er war nicht hier, um die Show und diese Frau zu genießen. Er blinzelte mehrmals, um seinen verklärten Blick zu schärfen. Seine Aufgabe war es zu beobachten.

      Hinter Luna erhob sich eine große Kugel, die aufgrund der dunkleren Flecken wie der Mond aussah. Mit fließenden Handbewegungen ließ sie den kleinen Erdtrabanten durch den Saal schweben, bis er in der Mitte knapp unter der Decke hängen blieb.

      »Die unerschöpfliche Kraft des Mondes ist auch hier auf der Erde zu spüren. Jedes Kind lernt, dass er für die Gezeiten zuständig ist. Ebbe …« Sie bewegte ihre Hand seitlich und ein Raunen ging durch das Publikum.

      Riley sah sich neugierig um und beobachtete, wie die Leute ihre Gläser anhoben und von allen Seiten betrachteten. Er sah hinab auf sein Bier. Sein Glas war leer. Er drehte es um, es schien kein Spiegeltrick zu sein.

      »… und Flut.«

      Wie durch Zauberei füllte sich sein Glas wieder, dieses Mal bis zum Rand, obwohl er schon einige Schlucke getrunken hatte. Er stutzte. Verdammt, ihre Tricks waren gut.

      Das Publikum gab überraschte Laute von sich und brach dann in tosenden Applaus aus.

      Lady Moonlight lächelte ihr zauberhaftes Bühnenlächeln und wartete, bis sich die Zuschauer wieder beruhigt hatten.

      »Dem Mond werden noch andere Kräfte zugesprochen. Angeblich sollen bei Vollmond mehr Kinder geboren werden und häufiger Herzinfarkte auftreten. Auch das Sehen von Farben ändert sich mit den Mondphasen. Nicht zuletzt soll der Mond die Menschen rasend machen. Viele schlafen bei Vollmond schlecht oder schlafwandeln gar. Also passen Sie auf sich auf, denn Samstag steht der Trabant der Erde wieder in seiner vollen Pracht am Himmel.«

      Lady Moonlight ließ den Mond zurück auf die Bühne schweben und verabschiedete sich von ihren Zuschauern.

      Die After-Show-Party schien dieses Mal nicht in einem extra Raum stattzufinden, denn Luna mischte sich sofort unter das Publikum, verteilte Autogramme und unterhielt sich mit ihren Gästen.

      Riley beobachtete sie und nutzte die Zeit, um fieberhaft über eine Lösung seines Problems nachzudenken.

      Fast zwei Stunden vergingen, bis Luna endlich fertig war und sich zu ihm an den kleinen Tisch setzte.

      »Hey.« Mit geröteten Wangen sah sie ihn an.

      Trotz der Erschöpfung, die in ihrem Blick lag, strahlte sie geradezu. Ob das an den vielen bewundernden Fans lag, die Schlange gestanden hatten, um ein Autogramm und ein paar freundliche Worte zu ergattern?

      Es erleichterte Riley, dass sie zu ihm gekommen war. So schlimm konnte seine Aktion also nicht gewesen sein. »Du siehst zauberhaft aus, was für ein schönes Kleid!« Was für ein dummer Spruch.

      Doch Luna blickte errötend an sich hinab. »Ach, das Kleid sieht zwar schön aus, ist aber vollkommen unpraktisch. Wer macht eine Schnürung an den Rücken? Keine Frau kann sich so allein anziehen.«

      »Das stammt aus einer Zeit, in der eine Frau von Stand sich nicht allein anziehen musste. Außerdem hatten die meisten Kleider vorne einen richtigen Verschluss. Die Schnürung diente nur zur Regulierung der Weite«, erklärte Riley lachend. »Dein Kleid hat anscheinend ein Modedesigner entworfen, der schlecht recherchiert hat.«

      »Wirklich?« Überrascht starrte Luna ihn an, was wiederum Riley in Verlegenheit brachte.

      Schnell winkte er ab, er musste unbedingt das Thema wechseln, bevor er noch mehr von sich erzählte. Zum Beispiel, woher er das wusste. Mit der Information, dass seine Mutter regelmäßig auf historischen Events arbeitete und dort Pferde und Kutschen zur Verfügung stellte, gab er zu viel über sein Privatleben preis. Sein Vater hatte ihn davor gewarnt, persönliche Dinge zu erzählen, die könnten irgendwann gegen ihn verwendet werden. Er kam sich beinahe paranoid vor und musste sich zwingen, seine Fassade aufrechtzuerhalten.

      »Ich habe zwar nicht die ganze Show gesehen, aber dein Trick mit den Gläsern war ziemlich genial«, lobte er sie breit grinsend. Er hob sein Bierglas an, das er während des Wartens ausgetrunken hatte. »Kannst du das wiederholen und mein Glas vollmachen?«

      Doch anstatt, dass sich sein Bier auffüllte, erklang nur ihr glockenhelles Lachen. Sogar das war wunderschön. Hatte diese Frau irgendeine negative Eigenschaft an sich?

      »Ich bin froh, dass du noch nicht gegangen bist.«

      Sein Herzschlag stolperte aufgeregt. Das hatte er nicht erwartet. Er musste den Moment für sich nutzen. »Das ist doch selbstverständlich. Ich weiß ja, wie viel es dir bedeutet, dich mit deinen Gästen nach der Show zu unterhalten. Außerdem werde ich nicht so einfach aufgeben. Kann ich dich zu einem Ausflug morgen Mittag überreden?« Sein gesamter Körper war angespannt, während er versuchte, so lässig wie möglich zu wirken.

      »Du