Holger Dahl

Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3


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      Mitbestimmung in

       sozialen Angelegenheiten

      Band 3 – Vergütung

      Herausgegeben von

      Holger Dahl

      Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

       Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      ISBN 978-3-8005-1692-6

      © 2019 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main

      www.ruw.de

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      Druckvorstufe: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach

      Druck und Verarbeitung: Beltz Bad Langensalza GmbH, 99974 Bad Langensalza

      Printed in Germany

      Vorwort

      Durch den Mitgliederschwund bei steigender Beschäftigung sinkt der Organisationsgrad der Gewerkschaften. Gleichzeitig unterwerfen sich immer weniger Arbeitgeber Flächen- oder Haustarifverträgen. Damit verliert die Sperrwirkung zugunsten von Tarifverträgen in § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG an Bedeutung und die Zahl der Betriebsräte, die ihre Mitbestimmungsrechte aus §§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG geltend machen, steigt. In Folge dieser Entwicklung stellen sich für viele Arbeitgeber und Betriebsräte Fragen, welche die Rechtsprechung bisher kaum oder nicht beantwortet hat. Bestimmt sich z.B. das Mitbestimmungsrecht bei Entgelten im Rahmen von Zielvereinbarungen aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 und/oder 11 BetrVG? Welche Bestandteile von Zielvereinbarungen sind damit mitbestimmungspflichtig? Eine andere Frage ist die Mitbestimmung von Betriebsräten bei der Entwicklung der Gehälter in Bandbreitenregelungen einer Vergütungsordnung.

      Nach der Einführung in die Grundlagen von Entgeltsystemen beschäftigen sich erfahrene betriebliche Interessenvertreter mit den aktuellen Themen der betrieblichen Entgeltgestaltung. Wie bereits in den ersten beiden Bänden der Reihe erfährt der Leser nicht nur, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, sondern auch welche Regelungen das Mitbestimmungsrecht ausfüllen und aus der jeweiligen Perspektive von Arbeitgeberin und Betriebsrat Sinn machen.

Königstein, November 2019Holger Dahl

      Einführung: Ausgestaltung zeitgemäßer Vergütungssysteme

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      Die Gestaltung von Vergütungssystemen spielt sich heutzutage in einem komplexen Spannungsfeld aus Unternehmensstrategie, konkreten betriebswirtschaftlichen Anforderungen und den Interessen der Betriebsparteien ab. Agile Arbeitsformen, VUCA-Welt und Digitalisierung erhöhen die Dynamik unserer Umwelt und haben zusätzlichen Einfluss auf die Ausgestaltung solcher Modelle. Aber was genau sind die Merkmale eines adäquat ausgestalteten Vergütungssystems? An was sollten Unternehmen und Arbeitnehmervertretungen denken, wenn es an die Neu- oder Umgestaltung des eigenen Modells geht? Und welche Elemente machen eine zeitgemäße Vergütungsgestaltung aus? Die Eckpfeiler, die im Rahmen der Etablierung eines Vergütungssystems relevant sind, lassen sich als Prozess beschreiben und werden im Folgenden vorgestellt.

       I. Zielsetzungen festlegen

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      Der erste Schritt bei der Ausgestaltung eines Vergütungsmodells sollte darin bestehen, sich genau über die jeweiligen Zielsetzungen im Klaren zu werden. Die Verständigung auf Ziele ist unverzichtbar, weil diese einerseits bei der konkreten Ausarbeitung handlungsleitend sind und andererseits ein Kernelement im Kommunikationsprozess mit Mitarbeitern und Führungskräften darstellen. Was diese Zielsetzungen anbelangt, so können sie bei den unterschiedlichen Interessengruppen in einer Organisation (Geschäftsleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter, Betriebsräte) durchaus voneinander abweichen: Gerade deshalb ist es umso wichtiger, sich von Beginn an ein klares Bild der Ziele aller Beteiligten zu erarbeiten. Interviews oder Workshops sind dafür geeignete Formate. Insbesondere bei Beteiligung von Mitbestimmungsgremien sollte auf diesen Schritt ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. Nur wenn der Arbeitgeberseite die Ziele und Motive der Betriebsräte klar sind, kann es gelingen, in den mitbestimmten Tatbeständen zeitnah zu einer Verständigung und Einigung zu kommen. Ziele, die bei der Gestaltung von Vergütungssystemen häufig ganz oben auf der Agenda stehen und realisiert werden sollen, sind beispielsweise: Fairness, Transparenz und Nachvollziehbarkeit, Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten, Attraktivität und Bindung von Mitarbeitern, Honorierung von Leistungsträgern, aber auch Kostensteuerung und Kostenflexibilität.

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      Der Prozess zur konkreten Entwicklung eines Vergütungssystems umfasst fünf Elemente, wobei jedes auf unterschiedliche Art und Weise ausgestaltet werden kann (vgl. Abb. 1). Welche der Ausgestaltungvarianten für ein Unternehmen jeweils die passende ist, hängt einerseits von den schon erwähnten Zielsetzungen ab, wird aber auch noch von anderen Faktoren beeinflusst. So prägen beispielsweise Erfahrungen aus der Vergangenheit und Unternehmenshistorie die Wahleiner Variante genauso wie der Reifegrad und die Kultur einer Organisation. Bei der konkreten Ausgestaltung von Instrumenten tut man gut daran, diesen Umständen Rechnung zu tragen. Und nur weil irgendwelche Ideen gerade Trend sind und es andere tun, müssen sie noch lange nicht für das eigene Unternehmen passen.

      Abb. 1: Elemente zur Ausgestaltung eines Vergütungssystems. Quelle: Lurse AG

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      Eine Reihe von Leitfragen, die nachfolgend aufgeführt werden, kann bei der Wahl des passenden Systems unterstützen.

       II. Die Funktions- und Stellenstruktur

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      Die Funktions- und Stellenstruktur ist eines der zentralen Elemente eines Vergütungssystems und häufig der Ausgangspunkt für die Gestaltung weiterer Systeme. In der Regel verknüpfen Unternehmen mit der Funktions- und Stellenstruktur die Vergütungsstruktur. Die Anforderungen an Stellen definieren den Maßstab für die Bewertung von Personen im Rahmen des Performance Managements und zusätzlich differenziert nicht selten das variable Vergütungsmodell nach unterschiedlichen Funktionen oder auch Job Leveln.

      Abb. 2: Die Funktions- und Stellenstruktur ist ein zentraler Anker für zahlreiche personalwirtschaftliche Instrumente. Quelle: Lurse AG

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      Bei der Ausgestaltung der Stellenstruktur geht es um die Frage, nach welchem Verfahren Funktionswertigkeiten ermittelt werden. Grundsätzlich kennt die betriebliche Praxis zwei unterschiedliche Verfahren für diese Ermittlung, die Analytik und die Summarik. Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass sie auf Basis definierter Kriterien zu einer Aussage über die Wertigkeit einer Stelle gelangen. Typische Kriterien, die zur Bewertung einer Stelle herangezogen werden, sind beispielsweise die Anforderungen an das zur Ausübung der Stelle notwendige Fachwissen, die Fähigkeit, Probleme zu lösen und Komplexitäten zu beherrschen oder auch das Ausmaß des Einflusses und die Freiheitsgrade, die mit der Ausübung der Stelle verbunden sind. Bei analytischen Verfahren ist jedes Kriterium explizit definiert, es wird jeweils die Ausprägung der einzelnen