Martin R. Schulz

Compliance Management im Unternehmen


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Verhängung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen durch die zuständigen Aufsichtsbehörden sein. Unangenehme persönliche Nebenfolgen einer strafrechtlichen Verurteilung sind nicht nur etwa die Entziehung der Fahrerlaubnis, des Waffenscheins oder der Wegfall einer Fluglizenz, sondern insbesondere der Entfall der erforderlichen beruflichen Zuverlässigkeit als Geschäftsleiter eines Unternehmens.

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      Von besonderer Relevanz sind insoweit etwa die Maßnahmen, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Gefahrenabwehr durchführen kann. Erweist sich etwa der Geschäftsleiter eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleisters oder einer Versicherung aufgrund einer strafrechtlichen Ahndung als nicht hinreichend persönlich zuverlässig, so kann die BaFin gegenüber dem Aufsichtsorgan verlangen, dass dieser Geschäftsleiter abberufen und ersetzt wird. Die BaFin kann auch Mitglieder von Aufsichtsorganen, die nicht über die notwendige Zuverlässigkeit verfügen, abberufen und Befugnisse eines Aufsichtsorgans auf einen Sonderbeauftragten übertragen. Eine solche Beeinträchtigung der erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit ergibt sich häufig aus strafgerichtlichen Verurteilungen aufgrund betriebsbedingter Straftaten und kann im Einzelfall sogar bereits im Falle einer Einstellung eines Strafverfahrens gem. § 153a StPO angenommen werden.

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      In einer Vielzahl von Fällen sind es jedoch auch die Unternehmen selbst, die im Falle ihrer Zertifizierung nach unterschiedlichen Vorschriften Vorteile im Geschäftsverkehr in Anspruch nehmen. So existieren etwa im Außenwirtschaftsrecht Vereinfachungen, sog. allgemeine Genehmigungen, für zertifizierte Empfänger, die insbesondere die Zuverlässigkeit des Empfängerunternehmens voraussetzen. Der Vorteil des Unternehmens liegt somit in dem erleichterten Erhalt von Gütern. Vergleichbare Regelungen gibt es in zahlreichen anderen Bereichen auch, so etwa dem Arzneimittelrecht oder auch dem Luftsicherheitsrecht. Darüber hinaus haben die Aufsichtsbehörden im Wirtschaftsverwaltungsrecht im Zusammenhang mit strafrechtlichen Verurteilungen ein weitgehendes Instrumentarium, das im Einzelfall sogar eine Betriebsschließung ermöglicht (§§ 20 BImSchG, § 35 GewO, §§ 35ff. KWG, §§ 61f. GmbHG, § 396 AktG).

       VII. Strafrechtliche Risiken innerhalb des Compliance- Prozesses („failed compliance“)

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      Auch der Compliance-Prozess als solcher enthält nicht unerhebliche Compliance-Risiken für das Unternehmen und seine Verantwortlichen. Da sich der Geschäftsherr bei der Aufklärung mutmaßlicher Compliance-Verstöße durch interne Ermittlungen regelmäßig auf der Seite des Rechts wähnt, wird das Risiko, auch im Rahmen des Aufklärungsprozesses strafrechtlich relevante Fehler zu begehen, entweder ausgeblendet oder jedenfalls gering geschätzt. Die im Rahmen der Durchführung interner Ermittlungen begangenen Verstöße, die sog. „failed compliance“, sind jedoch aufgrund des verfolgten „guten Zwecks“ keinesfalls pauschal gerechtfertigt und werden auch von den Ermittlungsbehörden regelmäßig verfolgt. Tatsächlich besteht hier sogar ein relativ großes Entdeckungsrisiko, da die „Opfer“ derartiger Compliance-Verstöße, etwa der gekündigte Mitarbeiter oder auch der übergangene Betriebsrat aus Gründen der Prävention regelmäßig ein großes Aufklärungsinteresse besitzen und die Verfahren nachhaltig betreiben.

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      Die Problematik besteht dann darin, dass eine Rechtfertigung insoweit lediglich aus dem Normengeflecht des TKG erfolgen kann, so etwa gemäß § 100 Abs. 1 TKG, wenn der Eingriff zur Beseitigung von Störungen erforderlich ist, oder gemäß § 100 Abs. 3 TKG im Falle des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine rechtswidrige Inanspruchnahme eines Telekommunikationsdienstes, etwa im Fall der Leistungserschleichung. Dies ist jedoch im Falle interner Ermittlungen regelmäßig nicht der Fall.

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