Eine Einführung in die Grundprobleme der Rechtswissenschaft, S. 221. 128 Raisch, Juristische Methoden, S. 140. 129 Als weiteres Beispiel lässt sich der Bienenstich anführen. 130 Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre. Eine Einführung in die Grundprobleme der Rechtswissenschaft, S. 221. 131 Auch die Herstellereigenschaft nach den Fallgruppen 3 und 4 ist jeweils eine Fiktion, vgl. dazu Teil F II. 3. b) sowie die Fallgruppe 5, vgl. dazu Teil F II. 4. a). 132 Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung im Privatrecht und nationale Auslegungsmethodik, S. 215; BGHZ 63, 261, 264 f.; EuGH, Urteil vom 10.04.1984 – Rs 14/83 (von Colson und Kamann), S. 1891. 133 Siehe dazu instruktiv Teil B I Nr. 2. 134 Schucht, EUZW 2014, 848, 848. 135 Beispielsweise sind die festgelegten Produktkennzeichnungspflichten in den deutschen ProdSVen stellenweise strenger als in den zugrunde liegenden EU-Richtlinien. 136 Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre. Eine Einführung in die Grundprobleme der Rechtswissenschaft, S. 183 f.; Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung im Privatrecht und nationale Auslegungsmethodik, S. 216. 137 diFabio, NJW 1990, 947, 947 ff. 138 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 317; Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung im Privatrecht und nationale Auslegungsmethodik, S. 216. 139 Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung im Privatrecht und nationale Auslegungsmethodik, S. 220; EuGH, Urteil vom 10.04.1984 – 14/1983 (von Colson und Kamann) = Slg. 1984, 1891. 140 Busse, Die Methoden der Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht als richterliches Instrument der Interpretation von nationalem Recht, S. 590. 141 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 699. 142 Anweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S. 195 f. 143 Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, S. 275 ff. 144 Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung im Privatrecht und nationale Auslegungsmethodik, S. 214; anders nach der objektiv-strengen Theorie, wonach die Absicht des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie bloßes Motiv und damit nicht auslegungsfähig ist. 145 Jestadt: Erichsen/Ehlers/Burgi, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 24. 146 BVerfGE 103, 142, 156. 147 Fischer, Rechtsvergleich zur Umsetzung von Artikel 4a der Richtlinie 89/655/EWG ins nationale Rechtssystem repräsentativ ausgewählter EU-Mitgliedstaaten, S. 12; Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, S. 106. 148 Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 136 f.; Fischer, Rechtsvergleich zur Umsetzung von Artikel 4a der Richtlinie 89/655/EWG ins nationale Rechtssystem repräsentativ ausgewählter EU-Mitgliedstaaten, S. 12. 149 Hager, Rechtsmethoden in Europa, S. 250 f.
II. Rechtserkenntnisquellen
Für die Auslegung des Herstellerbegriffs werden Angaben in den EU-Richtlinien, Verordnungen, Gesetzen und Leitfäden sowie in sonstigen flankierenden Dokumenten und in Entscheidungen des EuGH und BGH als Auslegungshilfe herangezogen. Dabei ist für die Auslegung anhand von Leitfäden und europäischen Richtlinien und Verordnungen bedeutend, welche Bindungswirkung den Leitfäden und den Erwägungsgründen innerhalb europäischer Richtlinien und Verordnungen zukommt.
1. Rechtsnatur und Bindungswirkung von Leitfäden
a) Allgemeines
Um den Herstellerbegriff zu präzisieren, wird eine Reihe von Leitfäden herangezogen, die entweder von der Europäischen Kommission, einer nationalen Behörde oder von einer privaten Organisation herausgegeben wurden.150 Für die Auslegung des Herstellerbegriffs ist es bedeutend, welche Bindungswirkung die Leitfäden für die betroffenen Wirtschaftsakteure und Marktüberwachungsbehörden entfalten. Sofern ihnen keine Gesetzeskraft zukommt, sind sie bei der Auslegung im Verhältnis zum Wortlaut der Norm nicht als gleichwertige Auslegungshilfe anzusehen.
Um zu beurteilen, welche Bindungskraft den Leitfäden für die Auslegung des Herstellerbegriffs zukommt, ist zwischen den Leitfäden von öffentlichen, nationalen Stellen und Behörden, Leitfäden der Europäischen Kommission und Leitfäden von privaten Organisationen zu unterscheiden.
b) Leitfäden von öffentlichen, nationalen Stellen
Leitfäden von öffentlichen, nationalen Stellen sind entweder als normkonkretisierende oder norminterpretierende beziehungsweise gesetzesauslegende Verwaltungsvorschriften einzustufen. Diese Einstufung wirkt sich darauf aus, ob den Leitfäden eine Außenwirkung beziehungsweise eine Bindungswirkung zukommen kann.
Mithilfe von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften können Verwaltungen Rechtsbegriffe auslegen und ermöglichen somit der öffentlichen Verwaltung die Ausschöpfung des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums. Sie geben unter anderen den Behörden Interpretationshilfen und gewährleisten eine einheitliche Anwendung der Gesetze.151 Eine Bindungswirkung für Behörden und Wirtschaftsakteure besteht allerdings nicht.152 Eine direkte Bindungswirkung für die Wirtschaftsteilnehmer würde gegen das Wesentlichkeitsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen, wonach Wesentliches – also beispielsweise alle repressiven Regelungen – durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung aufgrund eines Gesetzes zu regeln ist.153 Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wonach sich die Verwaltung (die Exekutive) grundsätzlich keine eigenen Regeln geben darf.154 Die Regelsetzung ist die Aufgabe der Legislative. Falls die Verwaltung durch den Erlass einer rechtswidrigen Interpretation des Gesetzes die Regelung des Gesetzes abändern könnte, könnte sie damit ihre Bindung an das Gesetz umgehen. Eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift hat nicht den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen und wurde auch nicht aufgrund eines Gesetzes gemäß Art. 80 GG von der Verwaltung als (nationale) Verordnung erlassen.
Durch normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften kann die Exekutive aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich nur begrenzt überprüft werden können (Beurteilungsspielraum), in rechtssatzmäßiger Weise ausfüllen, womit die normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften eine Außenwirkung erlangen können.155 Bei den hier vorliegend verwendeten Leitfäden von öffentlichen nationalen Stellen fehlt allerdings jeglicher normative Anknüpfungspunkt, sodass sie nicht als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift charakterisiert werden können. Mittels der vorliegend herangezogenen Leitfäden sollen keine Regulierungsinteressen des Staats mittels Zwang durchgesetzt werden, sondern die Leitfäden sollen eine Hilfestellung für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer im Stil eines Handbuchs sein. Die Leitfäden dienen nicht dazu, komplexe, sich schnell verändernde technische Sachverhalte anzupassen, sondern sollen lediglich dazu dienen, die betroffenen Normen auszulegen. Damit handelt es sich bei den vorliegenden Leitfäden um gesetzesauslegende beziehungsweise norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, denen grundsätzlich keine rechtliche Bindungswirkung zukommt.