des relevanten Marktes herangezogen wurde.174 Der Test basiert darauf, dass zwei Maßzahlen definiert werden, die eine Aussage darüber erlauben, wie „offen“ ein bestimmtes Gebiet für Importe und Exporte ist. Wenn die Handelsströme derart sind, dass ein großer Teil des inländischen Konsums an bestimmten Gütern durch Importe gedeckt wird, dann sind Unternehmen von außerhalb in der Lage, diese Güter in das betrachtete Gebiet zu exportieren und können somit die Marktmacht der dort ansässigen Unternehmen beschränken. Wenn andererseits nur wenig importiert wird, aber ein großer Teil der Produktion in den Export geht, dann deutet dies darauf hin, dass auch in diesem Fall der relevante Markt größer ist als das betrachtete Gebiet, denn offensichtlich sind die Transportkosten nicht hoch genug, um einen Export zu verhindern. Bei den beiden Maßzahlen handelt es sich um Kenngrößen für diese beiden Effekte. Die eine wird als LIFO (little in from outside) bezeichnet und ist definiert als der Anteil des Konsums im betrachteten Gebiet, der aus heimischer Produktion gedeckt wird, am gesamten Konsum. Ist dieser Faktor hoch (nahe 1), dann wird nur wenig importiert. Die andere Maßzahl ist LOFI (little out from inside) und ist definiert als das Verhältnis zwischen der Produktion, die im Gebiet verbleibt, und der gesamten Produktion des Gebietes. Ist diese Zahl hoch, dann wird wenig aus der Region exportiert. Man geht davon aus, dass ein separater räumlich relevanter Markt vorliegt, wenn beide Maßzahlen über 0.7 liegen oder ihr Durchschnitt über 0.9. Die Ergebnisse des Elzinga-Hogarty-Tests sind Indizien für die richtige Abgrenzung des relevanten räumlichen Marktes. Es ist jedoch zu beachten, dass er die zentrale Frage nach der Marktmacht nicht beantwortet, nämlich ob ein hypothetischer Monopolist den Preis in der betrachteten Region signifikant erhöhen könnte. Der Test könnte daher zu einer Über- oder Unterschätzung der Größe des relevanten räumlichen Marktes führen.175 Der erste Fall könnte z.B. dann vorliegen, wenn die Güter in verschiedenen Regionen keine vollkommenen Substitute darstellen. Aus der Tatsache, dass einige Güter importiert werden, könnten fälschlicherweise der Schluss gezogen werden, dass alle Güter profitabel importiert werden könnten. Der zweite Fall läge z.B. dann vor, wenn Konsumenten bei herrschenden Preisen innerhalb des räumlichen Kandidatenmarktes kaufen, bei einer Preiserhöhung jedoch auf andere Gebiete ausweichen. Dieser Test sollte daher tendenziell eher als Negativtest interpretiert werden: Wenn es viele Importe in die betrachtete Region gibt, also der LIFO-Wert niedrig ist, dann ist davon auszugehen, dass diese Region keinen räumlich relevanten Markt darstellt.
Daten über Transportkosten erlauben es in einigen Fällen, den hypothetischen Monopolistentest zur räumlichen Marktabgrenzung durchzuführen. Hier kann man die Frage stellen, ob durch eine kleine aber signifikante Erhöhung des Preises in einem Gebiet Hersteller des Produktes in anderen Gebieten einen Anreiz bekommen, das Produkt nun auch in die Region mit dem höheren Preis zu liefern. In einem solchen Fall würde durch diese Hersteller die Marktmacht beschränkt werden. Beim bisher vorliegenden Preis hat es sich möglicherweise für die Hersteller in anderen Gebieten aufgrund der Transportkosten nicht gelohnt, die betrachtete Region zu beliefern. Dies kann sich jedoch nach einer Preiserhöhung als profitabel erweisen. Um dies festzustellen, ist es erforderlich, Informationen über die Transportkosten zu ermitteln. Zur Abgrenzung relevanter räumlicher Märkte sind in den letzten Jahren neben der Handelsstrom- und Transportkostenanalyse auch eine Reihe von ökonometrischen Verfahren entwickelt worden, die vor allem auf die Preisentwicklungen der Produkte in unterschiedlichen Gebieten abstellen.176 Die Verfahren entsprechen dabei im Prinzip denen der Abgrenzung des relevanten sachlichen Marktes, d.h. den Zeitreihenverfahren der Korrelations- und Stationaritätsanalyse; sie müssen jedoch für die spezielle Anwendung der räumlichen Marktabgrenzung modifiziert werden. Selbstverständlich gelten die kritischen Anmerkungen zu Preistests auch für den Fall der räumlichen Marktabgrenzung.
e) Folgerungen
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten über Preise und abgesetzte Mengen, z.B. Scannerdaten und verbesserter ökonometrischer Methoden, eine Reihe empirischer Verfahren vorliegen, mit deren Hilfe in vielen Fällen eine Marktabgrenzung im Rahmen des hypothetischen Monopolistentests entweder durch eine Implementation über die Schätzung des kritischen Absatzrückgangs, kritischer Elastizitäten oder verschiedener Preistests vorgenommen werden kann. Diese Verfahren sind von unterschiedlicher Komplexität und stellen unterschiedliche Anforderungen an die Daten. Einige Methoden, wie die Schätzungen von Elastizitäten der Residualnachfragefunktionen, erfordern komplexere ökonometrische Untersuchungen und haben hohe Anforderungen an die Menge und Qualität der Daten. Andere Methoden, wie z.B. die Schockanalyse, sind einfach anzuwenden und kommen häufig mit wenigen Daten aus. Für die gleiche Fragestellung können dabei unterschiedliche methodische Ansätze herangezogen werden, die zu unterschiedlichen Resultaten führen können. Es ist daher bei einer empirischen Analyse immer die verwendete Methodik, die Annahmen und das verwendete Datenmaterial offenzulegen, damit die Resultate nachvollziehbar sind und eine objektive Diskussion über die geeignete Methode und die sinnvollsten Annahmen erfolgen kann. Auch mit geringem Datenmaterial sollte, wenn immer möglich, eine empirische Analyse durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass eine auf rein theoretischen Überlegungen basierende Marktabgrenzung den empirischen Fakten zumindest nicht offenkundig widerspricht. Allerdings wird es aber auch künftig Fälle geben, in denen keine ausreichenden Daten zur Verfügung stehen oder der Zeitrahmen eine empirische Analyse nicht zulässt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dadurch das Konzept des hypothetischen Monopolistentests in Frage gestellt wird. Um einen Markt ökonomisch sinnvoll abzugrenzen, sind die Schranken festzustellen, die der Marktmacht durch Angebots- und Nachfragesubstitution gesetzt werden und dies wird durch den hypothetischen Monopolistentest gewährleistet. In solchen Fällen sollte vor allem auch qualitative Evidenz berücksichtigt werden. Hierzu gehören z.B. die Art und das Ausmaß der Produktdifferenzierung, die für die Käufer bedeutsam ist, beobachtete Nachfrageänderungen aufgrund von Preisänderungen in der Vergangenheit, Befragungen von Konsumenten und von Branchenkennern wie z.B. Marktforschungsinstituten oder Industrieexperten.177 Allerdings stellt sich die Frage, ob bei einigen spezifischen Märkten, bei denen eine Marktabgrenzung konzeptionell schwierig und problematisch ist, wie z.B. bei Märkten mit differenzierten Gütern, zwei- und mehrseitigen Märkten sowie Märkten, auf denen eine Leistung zu einem monetären Preis von Null angeboten wird, auf eine Marktabgrenzung als ersten Schritt verzichtet werden kann, wie das auch in den US-amerikanischen Leitlinien für Horizontalfusionen der Fall ist.178 Stattdessen könnte man versuchen, mithilfe eines wirkungsbasierten Ansatzes zu ermitteln, ob ein Fusionsvorhaben wettbewerbliche Bedenken rechtfertigt und eine genauere Prüfung erforderlich macht.
147 Ausführliche Darstellungen empirischer und ökonometrischer Verfahren im gesamten Gebiet der Wettbewerbstheorie, einschließlich der Abgrenzung des relevanten Marktes, geben Davis/Garcés (2009) sowie Bishop/Walker, (2010), 493–626. 148 Im Rahmen dieses Artikels werden nur die bekanntesten und gebräuchlichsten Verfahren dargestellt. Auf einige der sehr komplexen ökonometrischen Methoden, wie Kausalitätsanalysen, Kointegration etc. wird nicht eingegangen. Vgl. hierzu Davis/Garcés (2009) sowie Bishop/Walker (2010) und die dort angegebene Literatur. 149 Für die Frage, welche Produkte dem Kandidatenmarkt hinzugefügt werden, können Kreuzpreiselastizitäten und Umlenkungskennziffern (diversion ratios) Hinweise liefern. 150 Vgl. Baker, J./Bresnahan (1988, 1992); Froeb/Werden (1991); Scheffman (1992). Vor allem im Rahmen der quantitativen Analyse der Auswirkungen von Fusionen werden auch Nachfragesysteme geschätzt. Diese werden auf den Seiten 362–366 dargestellt, sie können aber auch für Fragen der Marktabgrenzung herangezogen werden. 151 Eine grundlegende Darstellung der Regressionsanalyse gibt Wooldridge (2008). Eine Einführung im Rahmen der Wettbewerbsanalyse findet sich in Davis/Garcés (2009), 63–89 sowie in Bishop/Walker (2010), 723–758. 152 „Over the last decade, critical elasticity and critical loss analyses have become standard analytical tools; they are now used in the investigation and litigation phase of most merger cases.“ Werden (2002b), 14–15. Der