Daniel Zimmer

Kartellrecht und Ökonomie


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die Preiserhöhung beispielsweise 5 % und die Gewinnmarge 45 %, dann würde der kritische Verlust 10 % betragen, d.h. das Unternehmen müsste 10 % seiner Nachfrage verlieren, wenn der Preis um 5 % steigen würde, um eine Preiserhöhung unprofitabel zu machen. Der kritische Absatzrückgang ist dabei unabhängig von der spezifischen Form der Nachfragefunktion und hängt nur von der Preiserhöhung und der Gewinnmarge ab. Es ist zu beachten, dass diese Form des kritischen Absatzrückgangs lediglich untersucht, ob eine Preiserhöhung für einen hypothetischen Monopolisten profitabel wäre, nicht aber, ob ein gewinnmaximierender hypothetischer Monopolist eine solche Preiserhöhung auch durchführen würde.154 Man kann daher auch einen „gewinnmaximierenden“ kritischen Absatzrückgang definieren, der, wie man zeigen kann, immer kleiner ist als der „gewinnneutrale“ Absatzrückgang. Implementiert man den hypothetischen Monopolistentest also mit dem gewinnneutralen CL, so kann dies zu engeren relevanten Märkten führen, da der Monopolist mehr an Absatz verlieren kann, bevor der kritische Wert erreicht wird.

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      wobei das Subskript l für „linear“ steht. Im Falle einer isoelastischen Nachfragefunktion beträgt er

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      wobei das Subskript i für isoelastisch steht.

      Ein wichtiger Aspekt beim Konzept des kritischen Absatzrückgangs ist darin zu sehen, dass eine höhere Gewinnmarge einen geringeren Absatzrückgang impliziert, da bei einer höheren Marge schon ein vergleichsweise kleiner Absatzrückgang eine Preiserhöhung unprofitabel machen kann. Daher wird von Seiten der fusionierenden Unternehmen oft argumentiert, dass eine Preiserhöhung von 5 % zu einem Absatzrückgang führen wird, der deutlich größer ist als der kritische Wert. Eine solche Preiserhöhung wäre daher nicht profitabel und der Kandidatenmarkt müsste um zusätzliche Produkte erweitert werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine bereits beim herrschenden Preis große Gewinnmarge darauf hindeutet, dass die Preiselastizität der Nachfrage bei diesem Preis gering ist, d.h. die Verbraucher reagieren nicht sonderlich preisempfindlich. Daher ist es nicht überraschend, dass eine geringe Preiserhöhung mit einem geringen Absatzrückgang einhergeht. Die große Gewinnmarge bei herrschenden Preisen und die durch eine Preiserhöhung verursachten Einbußen deuten vielmehr darauf hin, dass der Preis bereits über das Wettbewerbsniveau angehoben wurde. Wenn dies der Fall wäre, würde das Unternehmen bereits über Marktmacht verfügen und der relevante Markt sollte nicht erweitert werden.

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      Diese Bedingung ist umso eher erfüllt, je höher die Gewinnmarge ist und/oder wenn die aggregierte Umlenkungskennziffer groß ist, d.h. wenn der hypothetische Monopolist in der Lage ist, einen großen Teil der durch eine Preiserhöhung bei einem seiner Produkte eingebüßten Nachfrage bei seinen anderen Produkten zurückzugewinnen.

      

      Wird statt des „gewinnneutralen“ kritischen Absatzrückgang der „gewinnmaximierende“ kritische Absatzrückgang verwendet, dann lautet, bei linearer Nachfrage, die entsprechende Bedingung

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      Aber auch wenn die Bedingungen für die Anwendung des kritischen Absatzrückgangs und des tatsächlichen Absatzrückgangs erfüllt sind, ergeben sich in vielen Fällen Probleme die vor allem mit den zur Verfügung stehenden Daten zusammenhängen. So erfordert die Anwendung der CL-Analyse detaillierte Informationen über das Substitutionsverhalten der Konsumenten, d.h. eine Schätzung der Umlenkungskennziffern und der Gewinnmargen der Unternehmen. Insbesondere die Abschätzung des tatsächlichen Umsatzrückgangs ist für die Qualität einer Analyse des