denn eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Käufern und Verkäufern oder unvollständige Information über wichtige Eigenschaften kann dazu führen, dass der Wettbewerb auf einem Markt nicht zu einem aus gesellschaftlicher Sicht wünschenswerten Ergebnis führt.24 Ist z.B. die Qualität eines Gutes von den Käufern nicht beobachtbar, dann wird aufgrund dieser Qualitätsunsicherheit häufig nur eine geringere Menge nachgefragt als dies bei vollkommener Information über die Qualität der Fall wäre. Die Existenz unvollständiger oder asymmetrisch verteilter Informationen führt darüber hinaus häufig dazu, dass Transaktionen nicht mehr kostenlos durchgeführt werden können, wie in der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts implizit unterstellt wird. Den Wirtschaftssubjekten entstehen bei der Abwicklung, Durchführung und gegebenenfalls bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche Transaktionskosten, die zu allokativen Ineffizienzen führen können.
Auch kann bei Vorliegen von öffentlichen Gütern, d.h. solchen Gütern, die durch Nichtrivalität im Konsum und Nichtausschließbarkeit gekennzeichnet sind, wie z.B. die Landesverteidigung oder das Rechtssystem, die Funktionsweise eines Marktsystems gestört sein. Da aufgrund der Nichtausschließbarkeit jedes Wirtschaftssubjekt in den Genuss eines öffentlichen Gutes kommen würde, auch ohne hierfür eine Zahlung zu leisten, wird im Allgemeinen eine zu geringe Menge des öffentlichen Gutes angeboten. Verwandt mit den öffentlichen Gütern sind so genannte externe Effekte, die vorliegen, wenn die Konsum- oder Produktionsaktivitäten eines Wirtschaftssubjektes einen direkten, d.h. nicht über einen Markt vermittelten Einfluss (der positiv oder negativ sein kann) auf andere Wirtschaftssubjekte haben, wie es z.B. bei Schadstoffemissionen der Fall ist. Auch hier liegt ein Problem der Nichtausschließbarkeit vor und es wird im Vergleich zum Optimum zuviel von dem entsprechenden Gut produziert, da in dem unternehmerische Kalkül die negativen Auswirkungen der Schadstoffemissionen nicht berücksichtigt werden.
Weiterhin dürfen Unternehmen keine Größenvorteile, so genannte zunehmende Skalenerträge (economies of scale), aufweisen, denn in diesem Fall würden die Stück- und Grenzkosten mit zunehmender Produktionsmenge fallen. Je mehr ein solches Unternehmen produziert, desto kostengünstiger wird die Herstellung. Seine Gewinne würden mit steigender Produktionsmenge zunehmen. Langfristig würde ein solches Unternehmen seine Konkurrenten vom Markt verdrängen und wäre dann nicht mehr „klein“ im Verhältnis zum gesamten Markt. In diesem Fall wird es sich nicht mehr als Preisnehmer verhalten.25 Dies gilt analog für Verbundvorteile (economies of scope), bei denen es günstiger ist, mehrere Produkte in einem Unternehmen herzustellen, als die Produktion auf mehrere spezialisierte Unternehmen zu verteilen.
Alle diese Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein allgemeines Gleichgewicht mit den genannten Eigenschaften existiert. Ist nur eine davon verletzt, dann ist entweder die Existenz eines allgemeinen Gleichgewichtes nicht gewährleistet oder das Gleichgewicht besitzt nicht die gewünschte Eigenschaft der Pareto-Optimalität. In einem solchen Fall spricht man von einem Marktversagen. Die Wirtschaftstheorie hat sich seit längerer Zeit mit den verschiedenen Ursachen möglichen Marktversagens befasst und untersucht, mit welchen Ergebnissen auf Märkten zu rechnen ist, wenn z.B. Transaktionen nicht kostenlos durchgeführt werden, Informationsprobleme vorliegen oder Unternehmen über Größenvorteile verfügen. Im Zuge der Untersuchung der verschiedenen Ursachen von Marktversagen ist eine Reihe von Teildisziplinen der Wirtschaftstheorie entstanden. So untersucht die Transaktionskostenökonomik vor allem die Frage, welchen Einfluss Transaktionskosten auf Marktergebnisse haben und welche Institutionen von den Akteuren geschaffen und verwendet werden, um die resultierenden Ineffizienzen möglichst gering zu halten. Ein weiterer Untersuchungsgegenstand der Transaktionskostenökonomik ist die interne Organisationsstruktur von Unternehmen.26 In engem Zusammenhang mit der Transaktionsökonomik steht die Informationsökonomik, die untersucht, welchen Einfluss asymmetrische Informationsverteilungen zwischen den Wirtschaftssubjekten auf die Gestaltung von Transaktionen haben und wie Verträge (im ökonomischen Sinne) ausgestaltet sein sollten, um möglichst effiziente Ergebnisse zu erzielen. Transaktionskostenökonomik und Informationsökonomik mit dem Teilgebiet der Vertragstheorie werden häufig unter dem Begriff der Neuen Institutionenökonomik zusammengefasst.27 Das Gebiet der Industrieökonomik untersucht die Struktur von Märkten mit unvollständigem Wettbewerb, d.h. in Situationen, in denen Akteure durch ihr Verhalten das Marktergebnis, also z.B. Preise oder Produktqualität beeinflussen können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn auf einem Markt nur wenige oder, im Extremfall, nur ein einziges Unternehmen aktiv ist, d.h. auf oligopolistischen und monopolistischen Märkten. Zu den Themen der Industrieökonomik gehören daher die Preis- und Angebotsentscheidungen von Unternehmen in verschiedenen Marktstrukturen, Werbung, das Investitionsverhalten, Markteintritts- und -austrittsbarrieren, die Bildung von Kartellen, Unternehmenszusammenschlüsse, die Beziehungen zwischen Märkten auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette sowie Strategien der Unternehmen, um aktuelle oder potentielle Wettbewerber zu behindern. Aber auch Märkte mit spezifischen Besonderheiten, wie z.B. Märkte mit Netzwerkeffekten, zwei- oder mehrseitige Märkte oder auch natürliche Monopole werden von der Industrieökonomik analysiert.
Diese Teilgebiete sind nicht strikt voneinander zu trennen, sondern es gibt vielfältige Überschneidungen. Zahlreiche Ergebnisse aus den Bereichen der Neuen Institutionenökonomik, z.B. über bestimmte Vertragsgestaltungen, über die Auswirkungen asymmetrischer Information oder über die interne Organisation von Unternehmen sind in die Industrieökonomik eingeflossen und Resultate z.B. über oligopolistische Märkte finden Verwendung in der Informations- und Transaktionskostenökonomik. Im Vergleich zur Theorie des allgemeinen Gleichgewichts sind diese Ansätze deutlich realistischer, allerdings unterliegen sie der Einschränkung, dass in der Regel nur ein einzelner Markt betrachtet wird. Es handelt sich also um so genannte partialanalytische Modelle. Das komplexe System einer Volkswirtschaft mit allen Wechselwirkungen und Rückkoppelungseffekten zwischen den Märkten bleibt unbeachtet. Für viele Fragen, die im Bereich der Wettbewerbstheorie im Zentrum des Interesses stehen, sind diese Effekte in aller Regel nur von untergeordneter Bedeutung.
Die letzte wichtige Einschränkung im Zusammenhang mit der Theorie des allgemeinen Gleichgewichtes ist der statische Charakter des Modells. Es werden keinerlei Veränderungen z.B. bezüglich der Zahl der Unternehmen und Konsumenten, der verwendeten Technologien oder der Anzahl der verschiedenen Güter betrachtet. Das Verhalten von Konsumenten und Unternehmen wird bei gegebenen Rahmenbedingungen untersucht, mit ausschließlicher Konzentration auf Gleichgewichtszustände. Anpassungsprozesse an ein Gleichgewicht und die dabei ablaufende Zeit spielen keine Rolle – es handelt sich um ein statisches, atemporales Modell. Veränderungen der Rahmenbedingungen, d.h. dynamische Aspekte, wie z.B. Marktein- und -austritte, Innovationen, technischer Fortschritt oder die Entwicklung und Vermarktung neuartiger Produkte werden im Modell des allgemeinen Gleichgewichts systematisch ausgeblendet. Dies ist jedoch, insbesondere für Fragen der dynamischen Effizienz, deren zentraler Aspekt ja gerade derartige Änderungen in den Rahmenbedingungen ist, eine erhebliche Einschränkung.28 Für die Teilgebiete der Neuen Institutionenökonomik und der Industrieökonomik gilt diese Einschränkung in deutlich geringerem Maße. Im Rahmen dieser Forschungsbereiche werden Modelle zu Innovationen, Forschung und Entwicklung, Marktein- und Marktaustritten oder zeitlich sequentiellen Entscheidungen entwickelt. Allerdings ist auch bei den Versuchen, intertemporale oder dynamische Aspekte zu erfassen, eine starke Betonung des Gleichgewichtsgedankens unverkennbar.
Vollkommene Konkurrenz und Allokationseffizienz. Trotz dieser zahlreichen und restriktiven Annahmen stellt die Wirtschaftstheorie weiterhin auf das Modell der vollkommenen Konkurrenz als zentralen Bezugspunkt ab, weil ein Wettbewerbsgleichgewicht eine Reihe von wünschenswerten Eigenschaften besitzt, die in den beiden Hauptsätzen der Wohlfahrtstheorie zusammengefasst werden. Der erste Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie besagt, dass die Allokation im allgemeinen Gleichgewicht pareto-effizient ist. Alle Tauschgewinne sind ausgeschöpft und es gibt keine Möglichkeit, ein Wirtschaftssubjekt besser zu stellen, ohne gleichzeitig ein anderes schlechter zu stellen. Allerdings könnte die im Gleichgewicht realisierte Allokation jedoch sehr ungleich und aus verteilungspolitischen Erwägungen nicht akzeptabel sein. Der zweite Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie besagt nun, dass unter bestimmten Voraussetzungen durch geeignete Eingriffe, wie z.B. Umverteilungsmaßnahmen, jeder gewünschte pareto-effiziente Zustand als ein Wettbewerbsgleichgewicht erreicht werden kann.29