Tommy Krappweis

Ghostsitter


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Feuerflieg, ich hab Ihre Nummer abgespeichert und da kann man sich nicht verwählen«, seufzte Tom leicht genervt.

      »Äh … ›Feuerflieg‹ sagten Sie?«, näselte der Anwalt bemüht. »Ach ja, der … der … hat mir sein Handy geschenkt und mich gewarnt! Wenn ein Tom Röschenberg anruft, soll ich sofort auflegen und das Telefon zertreten.«

      »Woher wissen Sie denn, dass ich dieser Tom Röschenberg bin, ich hab Ihnen meinen Namen doch gar nicht genannt?«, fragte Tom listig.

      »Äh«, stotterte Feuerflieg und gab sich nun die allergrößte Mühe ein telefonisches Besetztzeichen zu imitieren. »Tut tut tut tut tut …«

      »Herr Feuerflieg, Sie stecken bitte sofort Ihre Rübe in den Extoplasma-Eimer, den wir für alle Fälle in Ihrer Kanzlei deponiert haben. Die Adresse, die Sie hineinschreien müssen, lautet ›Festgelände Erfenbacher Forst‹.«

      »Aber Wäscherei Otter …«, jammerte Feuerflieg kläglich.

      »Es hat sich ausgeottert, denn es geht um Leben und Tod.«

      »Schon wieder?«

      »Ja.«

      »Okay, bis gleich.«

       Kapitel 6 Ersatz an der Kasse

      Rufus T. Feuerflieg saß im Kassenhäuschen der Schreckensfahrt auf Toms Platz und hatte die Stirn in tiefe Furchen gelegt. Draußen beschien die Sonne den Rummelplatz, auf dem sich trotz der Mittagshitze schon einige Besucher um die vielen Attraktionen tummelten. Der Anwalt legte beide Zeigefinger aneinander, um dann mit ihnen gegen seine Unterlippe zu tippen. »Also, ich wiederhole … Der grüne Knopf startet die alte Schaukel …«

      »Na!«, mahnte Welf unheilvoll knurrend.

      »… die altehrwürdige Geisterbahn …«, verbesserte sich Feuerflieg schnell und der Werwolf nickte zufrieden.

      Der Anwalt deutete vor sich auf das Bedienfeld der Schreckensfahrt. »… und der rote Knopf stoppt sie. Vorher muss ich aber den Hebel entriegeln, damit die albernen Wägelchen losfahren und gleichzeitig schicke ich ein Gebet an alle Götter verschiedenster Religionen, dass die ›älteste Geisterbahn der Welt‹ mir nicht unter dem Hintern explodiert.«

      Welf schnaufte grimmig. »Mein Stiefel explodiert gleich unter Ihrem Hintern, falls Sie nicht aufhören mit diesen Sprüchen.«

      »Ihr habt mich hergeholt, und die Sprüche sind leider Teil des Abos«, erwiderte Feuerflieg ungerührt.

      Tom lachte. »Ja, da müssen wir wohl durch. Ach, noch was: Wie Sie bestimmt gerade bemerken, wird es sehr heiß in dem Kassenhäuschen, wenn die Sonne mittags drauf scheint. Vergessen Sie nicht, sich was zu trinken mit hier rein zu nehmen.«

      Feuerflieg winkte ab: »Ach, wenn’s mir zu warm wird, mach ich den Laden einfach dicht.«

      »Das tun Sie nicht«, grollte Welf drohend.

      »Der Laden bleibt offen und ich bin dicht?«

      Welf verdrehte genervt die Augen und Tom antwortete schnell: »Deswegen haben wir Sie schließlich hergeholt. Also vergessen Sie nicht, was zu trinken und äh … passen Sie auf mit Flaschen in der Nähe der elektrischen Knöpfe.«

      Feuerflieg zog die Augenbrauen nach oben. »Flaschen wie mich ausgenommen, nehme ich an?«

      »Ja«, bestätigten Tom und Welf wie aus einem Mund.

      »Na, vielen Dank.«

      Tom stöhnte und rieb sich mit dem Ärmel seines T-Shirts den Schweiß von der Stirn. »Seien Sie bitte einfach vorsichtig. Ich hab heute erst einen Stromschlag abbekommen.«

      Feuerfliegs Miene blieb ungerührt. »Wie schön. Sonst noch irgendetwas, das ich wissen müsste, oder wäre es vielleicht besser, ich wüsste es nicht, weil ich sonst schreiend davonrenne?«

      »Ähm … naja«, sagte Tom ausweichend. Eigentlich gab es beim Betrieb der Geisterbahn mehr als genug zu bedenken, diverse kleine und große Probleme zu lösen, Schrauben gelegentlich nachzuziehen, Klappen zu ölen, Ketten wieder auf die Zahnräder zu schieben …

      Da kam Welf ihm zu Hilfe. »Also … da gibt es so einiges … Aber … ich würde sagen, nichts, was …«

      »… nichts, was jetzt sofort unbedingt …«, ergänzte Tom lahm und klang auch nicht viel überzeugender.

      »… naja, die Antwort lautet …«, versuchte Welf es noch einmal, verstummte aber dann.

      Tom schluckte und rang sich durch zu einem »Vielleicht.«, verbesserte sich dann aber doch zu einem »Nein.«

      »Ja …«, bestätigte Welf. Beide bemerkten den irritierten Blick des Anwalts und beendeten ihren seltsamen Vortrag gleichzeitig mit einem etwas zu lauten »Nein!«

      Feuerflieg wartete einen Moment, ob da noch was kommen würde. Dann seufzte er. »Das war die schlechteste Comedynummer seit ›Gertrud und ihre drei lustigen vier singenden Bügelbretter‹. Also gut, dann habe ich eben keine Fragen mehr – aber nur, weil ich keine Antworten mehr hören will. Gehabt euch wohl, ich hab das hier im Griff. Ich meine, wie schwer kann das sein? Ist das das Mikrofon? Hallihallo-hallöle … hm. Nichts zu hören da draußen, oder?«

      »Das ist ja auch mein Sandwich von heute Vormittag, das Mikro ist das da.« Tom griff nach dem Schwanenhals des Mikrofons und schwenkte ihn dem Anwalt zum Tausch gegen das Sandwich entgegen.

      »Ah, sieht so ähnlich aus, riecht aber weniger nach Salami.« Der Anwalt ließ seinen rechten Zeigefinger kurz über der Steuerkonsole kreisen, drückte dann einen Knopf und registrierte zufrieden das laute Knacken in den Lautsprechern. Dann rutschte er näher an das Mikrofon und legte los:

      »Hallihallo Hallöle, nun geht es wieder weiter mit deeeer Schreckensfahrt, eine Runde über die Binnenalster und zurück, Hamburg vom Wasser aus, meine Damen und Herren, ein Anblick, bei dem jede Landratte wuschig wird und …«

      Etwas rummste und der Anwalt tat mitsamt dem Stuhl einen kleinen Hopser.

      »Aua ja, richtig erkannt«, sprach Feuerflieg weiter, als sei nichts geschehen. »Das hinter mir ist natürlich kein Ausflugskutter, sondern eine Geisterbahn, wie mir der freundliche Herr mit dem miesepetrigen Gesicht gerade in Form eines liebevollen Fußtritts mitgeteilt hat – vielen Dank auch dafür. Dieeee Schreckensfahrt also, kommserein, fahrnsemit, fahrnseraus, fahrnsenochmal – aber bitte vorher zahlen, denn danach werden Sie dafür keinen Hosenknopf mehr ausgeben, hahaha!«

      »Ich beiß ihm nen Arm ab, den braucht er doch nicht beim Reden …«, grollte der Werwolf leise, doch Tom unterbrach ihn: »Aber schau doch mal. Es funktioniert! Die Leute bleiben stehen und hören ihm zu.«

      »Ja, wie er unsere Schreckensfahrt beleidigt!«

      »Das meint er doch alles gar nicht so«, versuchte Tom den Werwolf zu beruhigen. »Die Hauptsache ist doch, dass es funktioniert. Na, komm schon, Welf.«

      Und mit diesen Worten zog Tom seinen Onkel aus dem Kassenhäuschen ins Freie. Dort öffnete er die telepathische Verbindung zu den anderen: »Wombie, hast du alle Ersatzpuppen installiert?«

      Der Zombie telepathierte sein übliches »GMMMHHH …« zurück und Mimi bestätigte, was Tom schon vermutet hatte:

       »Es ist alles perfekt, Tom! Wir können los!«

      »Das sollten wir auch«, ließ sich die ungeduldige Stimme des Vampirs vernehmen. »Kommt zurück in den Zirkuswagen, das Ektoplasma steht bereit.«