Jörg-Martin Schultze

Compliance-Handbuch Kartellrecht


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gemäß Art. 81 Abs. 1 des Vertrages nicht spürbar beschränkt (de minimis), ABl. EU 2014 C 291/01 (De-minimis-Bekanntmachung). 120 De-minimis-Bekanntmachung, Rn. 8ff. 121 Bekanntmachung Nr. 18/2007 des Bundeskartellamtes v. 13.3.2007 über die Nichtverfolgung von Kooperationsabreden mit geringer wettbewerbsbeschränkender Bedeutung (Bagatellbekanntmachung). 122 De-minimis-Bekanntmachung, Rn. 11; Bagatellbekanntmachung, Rn. 13. 123 In den Art. 81 Abs. 3-Leitlinien bezeichnet die Kommission diese zur Durchführung der Hauptvereinbarung notwendigen und mit dieser verbundenen Beschränkungen – in Anlehnung an Beschränkungen im Zusammenhang mit einem Zusammenschlussvorhaben – als „Nebenabreden“, Rn. 29–30. 124 Art. 81 Abs. 3-Leitlinien, Rn. 29. 125 Siehe dazu Rn. B 172. 126 Siehe dazu unter Rn. B 317ff.

       VI. Verbotene Vereinbarungen und Kontakte mit Wettbewerbern

      „Vollkommen zu Recht sind Kartellabsprachen weltweit verboten und scharfen Sanktionen ausgesetzt. Das deutsche Kartellrecht sieht hohe Bußgelder gegen die beteiligten Unternehmen und verantwortlich handelnde Personen vor. Bußgelder sind zwar nicht das primäre Ziel der Kartellverfolgung, aber sie sind mitunter notwendig, um Unternehmen davon abzuschrecken, sich überhaupt erst auf illegale Absprachen einzulassen.

      Andreas Mundt, Präsident Bundeskartellamt 2017 in der Broschüre „Erfolgreiche Kartellverfolgung – Nutzen für Wirtschaft und Verbraucher“.

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      Die größten kartellrechtlichen Risiken für ein Unternehmen entstehen aus Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Wettbewerbern. Dabei geht es nicht nur um Kartelle, sondern auch um indirektere Formen der Koordination, allem voran um den Austausch sog. strategischer Informationen.

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      Anders als aus der wirtschaftlichen Sicht eines Unternehmensmitarbeiters ist unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich jeder Kontakt zwischen Wettbewerbern relevant. Dies bedeutet nicht, dass jeder Kontakt mit einem Wettbewerber gegen das Kartellrecht verstößt. Es bedeutet aber, dass am Anfang jeder Compliance-Bemühung die Aufgabe steht, zu identifizieren, zu welchen Gelegenheiten welche Unternehmensmitarbeiter Kontakt zu Wettbewerbern haben.

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      Neben der Geschäftsführung und der Rechtsabteilung sollte diese Mitarbeitergruppe vorrangige Beachtung bei Schulungen oder internen Audits erhalten, um möglichst schnell eingrenzen zu können, ob und wenn ja, in welcher Form von diesen Wettbewerberkontakten ein Risiko für das Unternehmen ausgeht. Dies schließt auch Unternehmensvertreter ein, bei denen von vornherein klar ist, dass sie in besonderen Risikobereichen tätig sind, etwa weil sie in Verbandsaktivitäten eingebunden oder für Ausschreibungen zuständig sind (siehe dazu unten).

       1. Kartellabsprachen

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      Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, fasst die gegenwärtige Entwicklung bei der Kartellverfolgung in einem Interview der Funke Mediengruppe vom 18.1.2020 wie folgt zusammen:

      „Am wichtigsten ist für uns die Kronzeugenregelung. Jedes zweite Kartell wird durch Unternehmen aufgedeckt, die selbst daran beteiligt waren und aufgrund ihrer Hinweise dann straffrei aus dem Verfahren hervorgehen können. Hinzu kommen sonstige Tippgeber aus der Branche und nicht zuletzt auch anonyme Hinweise. Hinweisgeber sind besonders wichtig, weil sich Kartelle im Verborgenen abspielen. Die Tat ist nicht sichtbar – wie beispielsweise bei Diebstählen oder Sachbeschädigung. Wir prüfen zudem IT-gestützt Ausschreibungen und Bieterverfahren auf mögliche Verstöße.

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